Bewältigung der Corona-Pandemie: Warum andere EU-Länder weiter sind
12. März 2021Stand: 12.03.2021 13:28 Uhr
Gemeinsam wollte die EU die Corona-Krise bewältigen. Ob Teststrategie oder Impfgeschwindigkeit – inzwischen ist die Lage in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich. Deutschland wurde dabei längst von anderen überholt.
Von Helga Schmidt, ARD-Studio Brüssel
Die heftigste Kritik an der Brüsseler Impfstoffpolitik kam aus Deutschland. Zu wenig bestellt, zu sehr auf den Preis geachtet und naiv im Umgang mit den Pharma-Konzernen: Das waren einige der Vorwürfe gegen die EU-Kommission, manche kamen direkt aus der Bundesregierung.
Anfang Februar wurde der Druck so groß, dass Kommissionschefin Ursula von der Leyen zum ersten Mal von hausgemachten Fehlern sprach: „Wir waren spät dran bei der Zulassung. Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns auch zu sicher, dass das Bestellte pünktlich geliefert wird.“
Deutschland beim Impfen nur im Mittelfeld
Alle EU-Mitgliedsländer haben seit Beginn der Impfkampagne mit den gleichen Lieferengpässsen zu kämpfen – aber viele sind erfolgreicher damit umgegangen als Deutschland. Beim Impftempo schafft Deutschland gerade mal einen Platz im Mittelfeld der EU. Davor liegen Länder wie Malta und Finnland, Litauen und Griechenland, Irland, Spanien und Portugal.
Das schnellste Impftempo legte von Beginn an Dänemark vor. Das weitgehend digitalisierte Gesundheitssystem hilft bei der schnellen Terminvergabe, der Impfstoff wird praktisch sofort verteilt, wenn er geliefert wird – und im Unterschied zu Deutschland bedeutet das: Nur äußerst geringe Mengen werden auf Lager gehalten. Fast zehn Prozent der Dänen haben inzwischen die erste Impfung bekommen. In Deutschland sind es mit 6,9 Prozent deutlich weniger.
Seit Anfang März hat aber ein anderes Land alle EU-Partner beim Impftempo überholt: Ungarn. Regierungschef Viktor Orban ist ausgeschert aus dem europäischen Bestellprozess und ordert Impfstoff in China. Trotz anfänglicher Skepsis sind 11,9 Prozent der Ungarn inzwischen geimpft. Beobachter führen das vor allem auf die Angst vor immer höheren Todeszahlen zurück, denn Ungarn hat nach Mexiko und Peru die dritthöchste Todesrate der Welt.
Auch bei Tests nicht vorn mit dabei
Insgesamt gibt es in der EU aber deutlich weniger Corona-Tote, sagt Kommissionschefin von der Leyen. Man sehe auf der einen Seite sinkende Todeszahlen, weil die Impfkampagne bei den Älteren erfolgreich ist. „Wir sehen aber auf der anderen Seite, dass die Infektionszahlen nicht dementsprechend sinken wegen der neuen Mutanten“, so von der Leyen.
Um trotz steigender Infektionszahlen einen neuen Lockdown zu verhindern, setzen mehrere EU-Länder auf Massentests. In Österreich wird zwei- bis dreimal pro Woche allein in den Schulen getestet. Man versucht so, den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten. Auch in Dänemark gehört das Testen zur Anti-Corona-Strategie. Im Moment werden von 1000 Dänen jeden Tag mindestens 22 getestet. Das sind zehn Mal so viele Tests wie in Deutschland.