AstraZeneca-Impfstopp: Inzwischen 13 Vorfälle – Müller und Söder für Impfstoff-Exportstopp
18. März 2021Stand: 18.03.2021 15:09 Uhr
Nach dem vorsorglichen Stopp der Impfungen mit dem Vakzin von AstraZeneca sind weitere Fälle von Blutgerinnseln in Deutschland bekannt geworden. Rund 2300 Schulen waren laut KMK in der vergangenen Woche geschlossen. Alle Entwicklungen im Liveblog.
- AstraZeneca-Impfstopp: Inzwischen 13 Vorfälle
- Rund 2300 Schulen vergangene Woche geschlossen
- Neuinfektionen deutlich gestiegen
- Fast jedes fünfte Unternehmen bangt um Existenz
- Seehofer fordert einfachere Regeln
- Ost-Regierungschefs für Einsatz von Sputnik V
- Ältere haben erhöhtes Risiko einer erneuten Infektion
Hausärzte fordern schnelle Einbeziehung in Impfkampagne
Der Deutsche Hausärzteverband sieht sich durch die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zum AstraZeneca-Impfstoff in seiner Forderung nach rascher Beteiligung der niedergelassenen Mediziner an der Impfkampagne bestätigt. Es liege „auf der Hand, dass die Praxen schnellstmöglich und flächendeckend in die Impfkampagne einbezogen werden müssen“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbands, Ulrich Weigeldt, der „Welt“. Gerade in Zeiten der Unsicherheit seien Hausärzte gefragt, ihren Patientinnen und Patienten Halt, Trost und Vertrauen zu geben – und sie daneben transparent und verlässlich zu informieren.
EMA: Impfung mit AstraZeneca ist sicher und wirksam
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat für die Nutzung des AstraZeneca-Impfstoffes eine Empfehlung ausgesprochen. „Die Impfung ist sicher und wirksam. Wir konnten keinen übermäßigen Anstieg von Blutgerinnseln feststellen“, sagte EMA-Geschäftsführerin Emer Cooke. Die EMA sei weiterhin der Ansicht, dass die Vorteile des Vakzins die Risiken überwögen. Die Nebenwirkungen sollen aber weiter untersucht werden. Und es werde eine extra Warnung vor möglichen seltenen Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen bei den möglichen Nebenwirkungen aufgenommen.
Zuletzt war die Impfung mit AstraZeneca in Deutschland und anderen europäischen Ländern ausgesetzt worden, nachdem es einige Fälle von Hirnvenenthrombose nach der Impfung mit dem Vakzin gab.
Lauterbach: Vertrauen in AstraZeneca nicht langfristig beschädigt
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach erwartet nach eigenen Worten keinen langfristigen Vertrauensverlust in den Impfstoff von AstraZeneca. „Von dem Schaden am Vertrauen in den Astrazeneca-Stoff wird am Ende nicht viel übrig bleiben“, sagte er dem Nachrichtenportal Watson laut redaktioneller Fassung. „Wir werden uns damit abfinden, dass es in seltenen Fällen auch schwere Nebenwirkungen gibt.“ Das eigentliche Problem sei, dass nach wie vor zu wenig Impfstoff vorhanden sei.
Kretschmann will sich mit AstraZeneca impfen lassen
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann lässt sich am Freitag gegen das Coronavirus impfen. Er erhält seine Spritze im Impfzentrum in der Stuttgarter Liederhalle, wie das Staatsministerium am Donnerstag mitteilte. Anschließend will er ein Pressestatement abgeben. Mit seinen 72 Jahren ist Kretschmann impfberechtigt.
Man habe den Termin bereits vergangene Woche vereinbart, sagte ein Sprecher aus dem Staatsministerium. Die Regierung will den Impftermin des Regierungschefs auch als Werbung für den Impfstoff des Herstellers AstraZeneca nutzen, falls dies möglich ist. Wenn AstraZeneca zugelassen sei, werde sich Kretschmann damit auch impfen lassen, sagte sein Sprecher der dpa. Falls nicht, werde Kretschmann den Impfstoff erhalten, der vorrätig sei. Derzeit sind Impfungen mit AstraZeneca wegen ungeklärter Fragen zu Nebenwirkungen ausgesetzt. Die Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) will heute bekannt geben, ob sie weiter an dem Präparat festhält.
Müller und Söder für Impfstoff-Exportstopp
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) haben sich für einen Exportstopp für Impfstoff aus der EU ausgesprochen. „Ich bin sehr dafür, über einen Exportstopp nachzudenken“, sagte Söder nach einer Ministerpräsidentenkonferenz der Länder. Es müsse eine vernünftige Exportstrategie der EU geben. Auch Müller sagte, niemand verstehe, wenn Impfstoff in der EU produziert werde, dass dieser in Länder gehe, die selber produzieren.
14:40 Uhr
Schwesig offen für Einsatz von Sputnik V
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat sich offen gezeigt für Impfungen mit dem russischen Impfstoff Sputnik V. „Entscheidend ist nicht, wo ein Impfstoff herkommt, sondern ob er wirksam und sicher ist. Wenn Sputnik diese Kriterien erfüllt, dann sollten wir diesen Impfstoff einsetzen“ sagte Schwesig der „Rheinischen Post“. Mit Blick auf den „Impfgipfel“ forderte sie: „Ich erwarte von der Bundesregierung klare Aussagen, wie es jetzt beim Impfen weitergeht.“
Zwei Vorfälle nach AstraZeneca-Impfungen in Niederlanden
In den Niederlanden haben die Behörden in zwei Fällen Berichte über Blutgerinnsel und verminderte Thrombozytenzahlen nach Impfungen mit dem AstraZeneca-Mittel erhalten, wie die Nachrichtenagentur ANP meldet. Die Regierung hat am Sonntag die Verabreichung dieses Vakzins ausgesetzt, nachdem die nationale Arzneimittelaufsicht dies empfohlen hatte.
AstraZeneca: Inzwischen 13 Vorfälle in Deutschland
Nach dem vorsorglichen Stopp der Corona-Impfungen mit dem Mittel des Herstellers AstraZeneca sind weitere Vorfälle in Deutschland bekannt geworden. Inzwischen gebe es 13 gemeldete Fälle von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. Drei Patienten seien gestorben.
Insgesamt handele es um zwölf Frauen und einen Mann zwischen 20 und 63 Jahren. Angesichts derartiger Vorfälle sind die Impfungen mit AstraZeneca am Montag vorsorglich ausgesetzt worden – damals gab es sieben Fälle. Trotz der hohen Zahl von mehr als 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca ist dies demnach überdurchschnittlich viel. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) will am Donnerstag voraussichtlich eine Einschätzung zum weiteren Vorgehen abgeben.
AstraZeneca-Stopp: Berliner Polizei bekommt andere Impfstoffe
Nach dem Stopp der Impfungen mit AstraZeneca können sich Berliner Polizisten nun mit anderen Impfstoffen schützen lassen. Inzwischen gebe es „die freie Wahl des Impfstoffes“, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur dpa. Bis zum vergangenen Montag hätten bereits 8592 Dienstkräfte der Polizei das Angebot zum Impfen angenommen und einen entsprechenden Impfcode erhalten. Wie viele davon bis jetzt tatsächlich geimpft wurden, erfasst die Polizei nicht genau.
Der Berliner Senat hatte Ende Februar erste und zweite freiwillige Impfungen für 12.000 Polizisten angeboten. 24.000 Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca waren vorgesehen, geimpft werden sollte im Zentrum Flughafen Tegel. Nach dem vorläufigen Ausfall von AstraZeneca wurde das geändert.
WHO Europa für weiteren Gebrauch von AstraZeneca-Impfstoff
Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO warnt nach dem vorübergehenden Aussetzen des Einsatzes des Corona-Impfstoffes von AstraZeneca in mehreren Ländern vor voreiligen Schlüssen. „In Impfkampagnen ist es Routine, potenzielle unerwünschte Ereignisse zu melden. Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Ereignisse mit der Impfung in Verbindung stehen“, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge auf seiner Online-Pressekonferenz in Kopenhagen.
Dass solche Fälle entdeckt, untersucht und bewertet würden, sei ein Zeugnis für die genauen Überwachungs- und Regulierungsmechanismen. Bislang wisse man nicht, ob einige oder alle der Erkrankungen durch die Impfung oder andere Faktoren verursacht worden seien, sagte Kluge. „Zu diesem Zeitpunkt überwiegen allerdings die Vorteile des AstraZeneca-Impfstoffes klar dessen Risiken. Und sein Gebrauch sollte fortgesetzt werden, um Leben zu retten.“ Der Gebrauch des AstraZeneca-Impfstoffs war in Deutschland und weiteren Ländern nach vereinzelten Thrombosefällen im Anschluss an Impfungen vorsorglich ausgesetzt worden.
Hotelverband lehnt Gratis-Tests für alle Kunden ab
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga lehnt Gratis-Tests für alle Kunden ab. Das sei schwerlich praktikabel und vor allem im Außenbereich auch überzogen, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick in Berlin. Die Unternehmen seien bereit, ihre Mitarbeiter regelmäßig zu testen. Die Regierung sei aber in der Pflicht, eine funktionierende Teststrategie zu entwickeln.
WHO will sich am Freitag zu AstraZeneca äußern
Die Weltgesundheitsorganisation WHO will sich am Freitag zum Impfstoff von AstraZeneca äußern. Das teilte ein Sprecher der WHO mit. Am Dienstag hatte die WHO empfohlen, die Impfungen mit AstraZeneca fortzusetzen, da die Vorteile des Vakzins die Risiken überwögen. Die Prüfungen des Beratergremiums für Impfstoffsicherheit dauerten aber noch an.
EMA will sich zu AstraZeneca-Impfstoff äußern
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) berät heute in einer Sondersitzung über die Sicherheit des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca. Erwartet wird, dass die Behörde im Anschluss eine Empfehlung abgibt, ob das Präparat weiter uneingeschränkt verabreicht werden sollte.
Ostdeutsche Regierungschefs werben für Sputnik V
Angesichts der Unsicherheiten beim Impfstoff von AstraZeneca werben ostdeutsche Regierungschefs jetzt für eine Zulassung des russischen Vakzins Sputnik V. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Russland sei „ein großes Land der Wissenschaft“, das durchaus einen leistungsfähigen Impfstoff herstellen könne.
Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow forderte, das Thema Sputnik mit Nachdruck zu bearbeiten. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, sagte, die Herkunft eines Impfstoffs dürfe keine Rolle spielen.