Hamburger Kardiologe rechnet mit Virologen ab und nennt kapitale Corona-Fehler

4. Juli 2020 Aus Von mvp-web

Der Hamburger Kardiologe Karl-Heinz Kuck benennt in einem Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“ die kapitalen Fehler der Corona-Krise – und lässt kein gutes Haar an Politik, Virologen und Krankenhäusern. In der Virus-Debatte sei vor allem der Schutz des Herzens vernachlässigt worden – mit heftigen Folgen.

Bereits zu Beginn der Pandemie hatte sich der Hamburger Kardiologe Karl-Heinz Kuck, der bereits Größen wie Altkanzler Helmut Schmidt oder Sänger David Bowie operierte, in die umstrittene Corona-Debatte eingeschaltet.

Dabei hatte er sich dafür ausgesprochen, dass auch das Herz der Patienten in der Diskussion berücksichtigt werden müsse – und nicht, wie bisher, vor allem die Lunge. Schließlich würden Atemwegsinfektionen mit einem rasanten Anstieg lebensbedrohlicher Herzerkrankungen auftreten.

Hamburger Kardiologe: „Virologen wissen nicht, wie kranke Menschen behandelt werden müssen“

Doch Kucks Einwand – er verhallte weitestgehend. Denn in der Corona-Debatte wurde vor allem Virologen wie Christian Drosten oder Alexander Kekulé Gehör geschenkt.

In den Augen des Kardiologen war das einer der vielen Fehler während der Corona-Krise: „Virologen sind reine Labormediziner. Ich will das nicht abwerten, aber wer nie Patienten untersucht, der kann doch gar nicht wissen, wie kranke Menschen sind und wie sie behandelt werden müssen“, sagt Kuck im Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“.

Auch Bundeskanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn machten in Corona-Debatte Fehler

Zwar wären die Virologen für den Hype um ihre Expertise nicht verantwortlich. Dennoch prangert Kuck an: „Sie hätten ihre Medienpräsenz längst nutzen müssen, um darauf hinzuweisen, dass niemand an dem Virus stirbt, sondern die Menschen sterben an den Folgen des Virus.“

Neben den Virologen zählt Kuck auch die Politik an. Denn weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hätten auf den Schutz der lebenswichtigen Organe hingewiesen.

Bei der einseitigen Corona-Diskussion sei das Herz der Patienten schlicht vergessen worden, sagt der Herzspezialist dem „Abendblatt“.

Um sich nicht mit Corona anzustecken, mieden viele Herzinfarkt-Patienten das Krankenhaus

Konsequenzen hatte das auf den ersten Blick scheinbar nicht. Denn wie eine Studie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie ergab, hat sich die Zahl der Herzinfarkte in den großen Kliniken in den vergangenen drei Monaten halbiert.

Doch zu glauben, dass es in dieser Zeit tatsächlich weniger Herzinfarkte gegeben hat, sei ein Trugschluss. Denn gleichzeitig sei die Anzahl an häuslichen Wiederbelebungen im gleichen Zeitraum um denselben Prozentsatz gestiegen.

Laut Kuck liegt der Zusammenhang auf der Hand: „Die Leute sind aus Angst nicht mehr in die Klinik gegangen, sie sind zu Hause gestorben. Die haben ihre Erkrankungen ignoriert“, sagt der Kardiologe im Interview mit dem „Abendblatt“.

Hamburger Kardiologe: „Absolutes Versäumnis von Fachkollegen und Politikern“

Dass die Menschen aus Furcht vor einer Virus-Ansteckung in den Krankenhäusern ihre Krankheiten lieber daheim ausgesessen haben, ist für Kuck fatal: „ Die Patienten haben unsere lebensrettende Medizin nicht mehr wahrgenommen. Ich finde das dramatisch, und es dokumentiert ein absolutes Versäumnis von Fachkollegen und Politikern.“

Am Fernbleiben der Patienten sei nach Ansicht des Kardiologen auch die Räumung der Krankenhäuser für Covid-19-Erkrankte schuld. „Es war ein kapitaler Fehler“, sagt Kuck. So seien alle der mehr als 40 Krankenhäuser in Hamburg gegen die Wand gelaufen, was durch eine Konzentration der Kliniken auf bestimmte Patienten hätte verhindert werden können.

„Hätte es Schwerpunkt-Kliniken gegeben, wären andere Krankenhäuser frei von Corona-Patienten gewesen, in die hätten sich die anderen Kranken getraut“, sagt Kuck.

Das hätte das vollkommene Erliegen von klinischer Medizin und Forschung verhindert können. „Anstatt dessen wurde unsere wunderbare Medizin, die Leben rettet, nicht mehr in Anspruch genommen.“

Focus Online: Samstag, 04.07.2020, 12:56