News zu Corona in Deutschland vom 7. April
7. April 2021
Impfaffäre: Halles Oberbürgermeister suspendiert
18.34 Uhr: Der Stadtrat in Halle hat Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) mit 43:13 Stimmen vom Dienst suspendiert, berichtet die lokale „Mitteldeutsche Zeitung“. Demnach habe sich bei der Sondersitzung am Mittwoch nur eine Person enthalten. Grund für das zeitweise Verbot seiner Dienstgeschäfte ist Wiegands vorzeitige Impfung gegen das Corona-Virus.
Die Impf-Affäre hatte Anfang Februar bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. So hatten Wiegand und einige Mitglieder seines Katastrophenstabes bereits am 17. Januar eine Corona-Impfung erhalten – entgegen der festgelegten Impf-Reihenfolge. Wiegand hatte seine Impfung erst Wochen später öffentlich gemacht. Es hagelte Kritik von allen Seiten.
Er selbst fühlte sich allerdings zu Unrecht angegriffen, wie er mehrmals betonte. „Niemand hat sich rechtlich etwas vorzuwerfen, meiner Auffassung nach auch moralisch nichts, weil das Impfmittel ansonsten hätte vernichtet werden müssen“, sagte er noch vergangene Woche. Es stelle sich vielmehr die Frage was verwerflich sei: „Eine Impfdosis anzunehmen, die ansonsten verfallen würde, oder daraus ein Politikum zu machen, um einen parteilosen OB aus dem Amt zu entfernen“, kritisierte er. Doch das Stadtoberhaupt verstrickte sich selbst in Widersprüchen. In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ sagte er zunächst, er sei von einem Zufallsgenerator ausgewählt worden. Dann sei die Entscheidung doch wieder im Katastrophenstab in einem „Sechs-Augen-Prinzip“ gefallen.
Berliner Gericht kippt Kundenzahl-Begrenzung im Einzelhandel
15.28 Uhr: Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Begrenzung der Kundenzahl im Einzelhandel per Eilentscheidung gekippt. Der Richtwert von einer Person pro 40 Quadratmeter Verkaufsfläche bringe „kein signifikantes Mehr an Infektionsschutz“ und stehe in keinem angemessenen Verhältnis „zu den dadurch erwartbar verursachten weiteren Umsatzeinbußen“, erklärte das Gericht am Mittwoch. Mehrere Inhaber von Geschäften hatten sich per Eilantrag gegen die geltenden Öffnungsbeschränkungen gewandt.
Hinsichtlich der Testpflicht für Kunden und der vorgeschriebenen elektronischen Kontaktnachverfolgung wies das Berliner Verwaltungsgericht die Eilanträge allerdings zurück. Diese Maßnahmen dienten einem „legitimen Zweck“ und seien außerdem geeignet und erforderlich. Da zusätzlich zu diesen Vorschriften im Einzelhandel auch eine FFP2-Maskenpflicht gelte, trage allerdings die Vorschrift zur Begrenzung der Kundenzahl nicht signifikant zum Infektionsschutz bei, befand das Gericht.
Es fehle außerdem eine Begründung des Berliner Senats, weshalb die 40-Quadratmeter-Regel trotz der bestehenden Testpflicht weiter gelten solle. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt werden.
„Da kann man wirklich nur seufzen“: Virologe Kekulé kritisiert Gesundheitsämter
14.44 Uhr: Der Virologe Alexander Kekulé kritisiert, dass viele Gesundheitsämter die Corona-Infektionszahlen wegen Ostern zu spät melden. Kekulé sagte im Podcast von MDR AKTUELL, wenn die Menschen zu Ostern in Deckung gingen, sei das kein Beinbruch. Bei den Gesundheitsämter sehe er das anders. Das Land sei in einer kritischen Phase, in der die Politik nachsteuern müsse. Es sei wichtig, in Echtzeit zu verstehen, was los sei. Das funktioniere ein Jahr nach Beginn der Pandemie immer noch nicht.
„Da kann man wirklich nur seufzen“, so Kekulé. Schon seit der Schweinegrippe 2009 sei klar, dass bei der Technik der Gesundheitsämter nachgerüstet werden müsse. Niemand dürfe denken, die Corona-Pandemie sei mit den Impfungen im Sommer zu Ende. „Wir haben neue Varianten im Raum stehen.“
Merkel fordert kurzen, einheitlichen Lockdown
11.58 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert einen kurzen, einheitlichen Lockdown. Das sagte eine Sprecherin der Kanzlerin am Mittwoch. Zuvor hatte CDU-Chef Armin Laschet einen „Brücken-Lockdown“ ins Spiel gebracht.
Er sei sich bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, der Kanzlerin und Gesundheitsminister Jens Spahn einig, sagte der NRW-Ministerpräsident am Montag. „Da geht es um zwei, drei Wochen“, sagte er dem „ZDF-Morgenmagazin“.
Für die von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet ins Gespräch gebrachten vorgezogenen Beratungen über mögliche weitere Verschärfungen der Corona-Beschränkungen gibt es noch keinen Termin. Der Bund sei immer bereit, zu beraten, wenn es sich als erforderlich erweise, hieß es am Montag aus Regierungskreisen in Berlin. Eine solche Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) mit der Bundeskanzlerin müsse aber gut vorbereitet sein, so dass bereits vorher im Wesentlichen klar sei, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten.
Merkel hatte am vergangenen Wochenende gesagt, dass sie noch nachdenke, was das beste für Deutschland sei. Dabei hatte die Kanzlerin aber bereits für einen harten Kurs geworben. „Wir müssen mit großer Ernsthaftigkeit geeignete Maßnahmen einsetzen“, sagte Merkel in der ARD-Sendung „Anne Will“ und nahm die Bundesländer in die Pflicht. „Einige Länder tun dies, andere nicht.“
Sieben statt drei Tage: NRW verschärft Corona-Notbremse
10.40 Uhr: Nordrhein-westfälische Kommunen, die gerade erst unter eine Corona-Inzidenz von 100 gekommen sind, müssen ab sofort länger warten, bis sie die „Corona-Notbremse“ wieder lockern dürfen. Trotz der seit einigen Tagen stagnierenden oder sinkenden Sieben-Tage-Inzidenz in vielen Kommunen in NRW werde es „vorläufig noch in keiner Kommune eine Aufhebung der Notbremse geben“, teilte das NRW-Gesundheitsministerium am Mittwoch mit.
Das gelte auch für die Kreise Olpe, Wesel und den Rhein-Sieg-Kreis, in denen die Inzidenz seit drei Tagen wieder unter der kritischen Marke von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tage lag. Bisher war dies die Voraussetzung, um die Notbremse durch die Landesregierung wieder aufzuheben.
Ab jetzt sind dafür mindestens sieben Tage mit einer Wochen-Inzidenz unter 100 und „einer stabilen Tendenz“ erforderlich. „Diese Voraussetzung ist derzeit noch in keiner der „Notbremse-Kommunen“ gegeben“, stellte das Ministerium fest.
„Auch, wenn die Inzidenzen aktuell etwas sinken, befinden wir uns nach Einschätzung vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch mitten in der dritten Welle“, mahnte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Deshalb sei Vorsicht geboten. „Ein „Hin und Her“ bei der Anwendung der Notbremse wäre zudem etwas, für das die Menschen wenig Verständnis hätten. Deshalb wollen wir die Tendenz etwas länger beobachten, bevor wir die Notbremse in Kommunen aufheben.“ Laumann begründete die Verlängerung der Karenzzeit auch damit, dass der zurückliegende Drei-Tages-Zeitraum auch die Ostertage mit zum Teil eingeschränkten Test- und Meldeprozessen umfasse.
In welcher Kommune die Notbremse aktuell greift, ist in einer Allgemeinverfügung aufgelistet. Am Mittwoch enthielt sie 43 Städte und Kreise.
NRW zieht die Notbremse nicht nach landesweiten, sondern örtlichen Corona-Zahlen. Nur in Kommunen mit einer Inzidenz über 100 müssen unter anderem Läden, Sportstätten und Kultureinrichtungen schließen. Die betroffenen Kreise und kreisfreien Städte dürfen aber Ausnahmen für Menschen mit tagesaktuellem negativem Schnell- oder Selbsttest erlauben. Diese müssen mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt werden.
Söder fordert Kurz-Lockdown für alle: „In Deutschland kreuz und quer wird nicht funktionieren“
09.25 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält einen kurzen und konsequenten Lockdown nur dann für sinnvoll, wenn alle Bundesländer mitmachen. Das sagte er am Mittwoch im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF. „Wenn das in Deutschland kreuz und quer geht, die einen machen so, die anderen machen so, dann wird es nicht funktionieren.“ Jedoch gebe es für einen kurzen, harten Lockdown gerade bei den SPD-geführten Ländern keine Unterstützung und auch einige CDU-Länder seien diesbezüglich zurückhaltend.
Söder warnte davor, in einen „Öffnungsblindflug“ zu starten. Gerade über Ostern habe man wieder gute Erfahrungen mit der nächtlichen Ausgangssperre gemacht, weil diese besonders die privaten Kontakte einschränke. Und diese seien eine der Hauptquellen für mögliche Ansteckungen. Testen alleine sei keine Lösung, sagte der CSU-Chef. „Wir müssen impfen, was das Zeug hält.“ Und das in Kombination mit Corona-„Notbremsen“ und dem Verzicht auf weitere Öffnungen.
Tübingen-OB Palmer gegen Brücken-Lockdown: „Wir haben einen Weg gefunden“
09.06 Uhr: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat das Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ verteidigt. Der Tübinger Weg sei eine Alternative zum aktuell diskutierten „Brücken-Lockdown“ von NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet, sagte Palmer bei RTL/ntv.
Boris Palmer sieht das Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ in seiner Stadt als Gegenentwurf zu einem bundesweiten, harten Lockdown wie ihn aktuell unter anderem CDU-Chef Armin Laschet fordert. Palmer in der Sendung „Guten Morgen Deutschland“ wörtlich: „Wir wissen, was die Alternative ist: Der ‚Brücken-Lockdown‘ – oder wie immer der heißt – mit vielen massiven Schäden an Wirtschaft, Gesellschaft und Psyche. Wir brauchen andere Wege, um aus der Krise und durch die dritte Welle zu kommen. Und wenn unsere Zahlen so bleiben, dann haben wir einen gefunden.“
Obwohl einige Öffnungen wieder zurückgenommen wurden, spricht Palmer weiterhin von einem „gutem Modell.“ Palmer wolle „weiter machen“: „Es war immer klar, dass wir Fehler machen werden, wenn wir das erste Mal in Deutschland etwas ausprobieren. […] Wenn die Positiv-Rate bei den Tests deutlich ansteigen würde, dann wüssten wir, dass wir hier schlechter abschneiden als der Bundesschnitt und dann müssten wir aufhören. Bislang ist davon überhaupt nichts zu sehen. Wir schneiden besser ab als der Bundesschnitt und das trotz unserer Öffnungen.“
Inzidenz bei fast 100: Tübingen Modellprojekt fortsetzen – aber nur mit Anpassungen
08.19 Uhr: Das Tübinger Corona-Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ darf trotz steigender Infektionszahlen vorerst weitergehen – jedoch nur mit weiteren Anpassungen. Darauf haben sich das Gesundheitsministerium, das Landesgesundheitsamt sowie die Stadt Tübingen und das örtliche Gesundheitsamt bei einem Gespräch am Dienstag geeinigt, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Stuttgart mitteilte.
Wenn sich der Anstieg der Fallzahlen in Tübingen trotz der nun vorgesehenen Maßnahmen wieder fortsetze und das Infektionsgeschehen zu- statt abnehmen sollte, müsse weiter gegengesteuert oder im Zweifel doch eine Unterbrechung des Projekts erfolgen, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag in Stuttgart im Anschluss an das Gespräch.
Es sei zunächst gut, dass Tübingen vor Ort bereits vor Ostern nachjustiert und noch weitere ergänzende Maßnahmen vorgesehen habe, sagte Minister Lucha. Man werde das Projekt weiter eng begleiten und die Stadt unterstützen. „Klar ist aber auch weiterhin, dass das Modellprojekt derzeit gefährdet ist“, so Lucha.
Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) teilte zu der Entscheidung mit, man werde mehr testen und mehr kontrollieren, damit der Einzelhandel und die Kultur in Tübingen weiterhin geöffnet bleiben könne, ohne dass die Stadt überfüllt sei. Zu den vereinbarten Maßnahmen gehört, dass die Außengastronomie in Tübingen schließen muss. Zudem gibt es keine Tagestickets für Auswärtige mehr. Für Kitas und die Notbetreuung an Schulen in Tübingen werde zudem ein wöchentlicher Schnelltests für Kinder verpflichtend. Für alle Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern gilt ab kommenden Montag eine Testpflicht. Die Mitarbeiter der Betriebe müssen künftig zweimal wöchentlich einen Schnelltest machen. Die Tests können demnach bei der Stadt erworben werden. Zudem wird die Zone für das Alkoholverbot ausgeweitet.
Die Sieben-Tage-Inzidenz in Tübingen war zuletzt stark gestiegen und betrug am Dienstag nach Angaben des Gesundheitsministeriums 73,2 und im Landkreis 99,3. Am Vortag hatten die Werte noch bei 82,0 in Tübingen und bei 108,9 im Kreis gelegen.
In Tübingen läuft derzeit ein Pilotprojekt zu mehr Öffnungsschritten in Corona-Zeiten. An neun Teststationen können die Menschen kostenlose Tests machen, das Ergebnis wird bescheinigt. Damit kann man in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen. Das Modellprojekt wurde zuletzt bis zum 18. April verlängert.
Studie: Corona schädigt auch Psyche und Nerven
07.39 Uhr: Corona-Patienten haben häufiger neurologische oder psychische Probleme als Menschen mit anderen Atemwegserkrankungen. Eine britische Studie im Fachjournal „The Lancet Psychiatry“ fand ein um 44 Prozent höheres Risiko für Angsterkrankungen oder Stimmungsschwankungen als nach einer Grippe.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hirnerkrankungen und psychiatrische Störungen nach Covid-19 häufiger auftreten als nach der Grippe oder anderen Atemwegsinfektionen“, teilte Mitautor Max Taquet von der Universität Oxford mit. Die genauen Gründe dafür seien noch unklar.
Insgesamt litt etwa ein Drittel der erfassten Patienten innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Covid-19-Diagnose an einer neurologischen oder psychischen Erkrankung. Die britischen Forscher analysierten digitale Daten von mehr als 236.000 Patienten, die überwiegend in den USA behandelt wurden.
Die häufigsten Diagnosen waren Angststörungen bei 17 Prozent und Stimmungsstörungen bei 14 Prozent aller analysierten Menschen. Sie litten zudem an Schlaflosigkeit (5 Prozent), Schlaganfall durch ein Blutgerinnsel (2,1) und Hirnblutungen (0,6). Die beteiligten Wissenschaftler weisen auf die Notwendigkeit weiterer Forschung hin, um die genauen Ursachen herauszufinden und Folgeschäden zu verhindern oder zu behandeln.
Bereits in der Vergangenheit hatte es Studien gegeben, die einen Zusammenhang zwischen neurologischen Erkrankungen und einer Infektion gesehen haben. Aber auch durch Folgen der Isolation infolge von Lockdowns und Quarantänen sind mancherorts die Krankschreibungen wegen psychischer Leiden gestiegen. In Bayern hatte die Auswertung von Versichertendaten ergeben, dass 2020 deutlich häufiger Menschen mit Depressionen und Ängsten bei der Arbeit ausgefallen waren als zuvor.
Mehr als 4000 Corona-Tote an einem Tag in Brasilien
07. April, 06.40 Uhr: Mitten in der sich verschärfenden Pandemie hat Brasilien erstmals mehr als 4000 mit dem Coronavirus infizierte Opfer an einem Tag registriert. Innerhalb von 24 Stunden seien 4195 Tote im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet worden, teilte das Gesundheitsministerium des größten Lands Lateinamerikas am Dienstag mit. An den Vortagen waren die Zahlen deutlich niedriger. Medienberichten zufolge wurden nun zahlreiche Todesfälle aus den Osterfeiertagen nachgemeldet.
Bislang haben sich in Brasilien über 13 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, fast 337 000 Patienten sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Zuletzt hatten Wissenschaftler in dem südamerikanischen Land zudem eine neue Variante des Coronavirus identifiziert.