Laschet oder Söder Duell in der Fraktion

Laschet oder Söder Duell in der Fraktion

13. April 2021 Aus Von mvp-web

Stand: 13.04.2021 11:16 Uhr

Im Unions-Machtkampf um die Kanzlerkandidatur verlagert sich der Spielort nun in die Fraktion. CSU-Chef Söder braucht mindestens eine Revolte der Abgeordneten. Für Kontrahent Laschet ist das Rennen noch nicht gelaufen.

Von Wenke Börnsen, tagesschau.de

Zwei sind einer zu viel. Die Grünen kennen das Problem, lösen es aber – Stand heute – geräuschloser als die Union. Die Kanzlerpartei versinkt dagegen in einen hässlichen Machtkampf um den Spitzenjob im Kanzleramt. CDU-Chef Armin Laschet hat sich die Rückendeckung seiner Gremien geholt, CSU-Chef Markus Söder kann ebenfalls auf die Unterstützung seiner Gremien setzen.

Heute nun verlagert sich der Spielort des Duells in die Fraktion. Am Nachmittag wollen beide Kontrahenten bei den 245 Abgeordneten um Unterstützung werben. Vor allem Söder hofft, hier weitere Truppen für sich gewinnen zu können. Er setzt darauf, dass in der Fraktion der Rückhalt für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten nicht so einhellig ist wie am Montag in den CDU-Parteigremien. Tatsächlich entspricht das geschlossene Votum für Laschet nicht unbedingt der Stimmung in der Partei.

Beide Parteichefs nehmen an der Sitzung ab 15 Uhr teil. Laschet hatte das eigentlich zunächst nicht vorgehabt, doch nach der überraschenden Kampfansage aus Bayern gestern Nachmittag bleibt ihm kaum etwas anderes übrig. Das Rennen ist noch nicht gelaufen für ihn, trotz Rückendeckung der Gremien. Eine Abstimmung in der Fraktion ist unwahrscheinlich. Aber viele Parlamentarier haben zuletzt immer wieder deutlich gemacht, dass sie bei der K-Frage mitreden wollen.

Söder braucht eine Revolte

Söder setzt auf die Basis und hofft auf eine Art Revolte. In der Fraktion gibt es mehrere Dutzend Abgeordnete, die lieber mit ihm in den Wahlkampf gehen würden als mit Laschet. Der CSU-Chef verweist immer wieder auf die Umfragen. Söder liegt konstant und meilenweit vor Laschet. Für Abgeordnete gehe es um den „Gewinn oder Verlust des Wahlkreises“, erinnert Söder dieser Tage gern.

Dessen Hinweis auf Laschets schwache Umfragewerte wies CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak zurück. „Umfragen spielen natürlich immer eine Rolle, aber nicht die ausschließliche“, sagte er im ZDF. Es gehe auch noch um andere Fähigkeiten, wenn man später eine Regierung führen wolle und eine Partei zusammenhalten möchte. „Und diese Fähigkeiten bringt Armin Laschet mit.“

Hilflose Appelle zur Geschlossenheit

Fünfeinhalb Monate vor der Bundestagswahl wächst in der Union die Sorge vor einem lähmenden und Wähler-abschreckenden hässlichen Machtkampf. Von einer einvernehmlichen Lösung zwischen Laschet und Söder kann längst keine Rede mehr sein. Auch Söders Zusage von Sonntag, sich einzuordnen „ohne Groll“, sollte die CDU Laschet unterstützen, gilt offenbar nicht mehr. Fast schon etwas hilflos klingen die Appelle von Julia Klöckner und auch aus Teilen der Fraktion, rasch wieder einig und geschlossen aufzutreten.

  • Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, gibt nach der virtuellen CSU-Präsidiumssitzung eine Pressekonferenz.  | dpa

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Auch Laschet mahnte die Union, sich nicht spalten zu lassen. „Ein gutes, faires Miteinander ist gerade jetzt zentral. Ich setzte auf Geschlossenheit“, wird er aus einer Sitzung seiner einflussreichen Landesgruppe aus NRW zitiert. Teilnehmern zufolge erhielt Laschet dort große Unterstützung für eine Kandidatur. Der Rückhalt in der heimischen Landesgruppe – mit 42 Abgeordneten die stärkste Gruppe in der Unionsfraktion – dürfte für Laschet auch angesichts der Zweifel an seiner Kanzler-Chance enorm wichtig sein. Zumal sich offenbar ein gespaltenes Bild in der Fraktion abzeichnet. In Landesgruppen wie Baden-Württemberg, Niedersachsen und etwa Schleswig-Holstein soll die Sympathie für Söder überwiegen, die Hessen tendieren mehrheitlich zu Laschet.

Rätselraten, wie es weiter geht …

Wie und wann letztlich die Entscheidung für Laschet oder Söder fällt, ist unklar. Was allein schon bemerkenswert ist für die Kanzlerpartei und Machtmaschine Union. Nach 16 Jahren Merkel im Kanzleramt scheitert die Partei daran, den Übergang in eine neue Ära zu gestalten. Das begann mit der glücklosen Amtszeit von Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Chefin und zeigt sich nun auch im offenen Machtkampf zwischen den Schwesterparteien. Kein guter Zeitpunkt für Selbstbeschäftigung, in dieser kritischen Phase der Pandemie braucht es die Regierungspartei mehr denn je.

… und wann

Laschet und seine Unterstützer drängen zur Eile. Noch hat er die besseren Karten. CSU-Chef Söder setzt auf ein paar Tage Zeit – und hofft auf bröckelnde Unterstützung für den Kontrahenten. Wie jedoch nach einer Einigung ein gemeinsamer Wahlkampf aussehen könnte, bleibt schleierhaft. Sollte sich Laschet durchsetzen, braucht er Söder – gegen den CSU-Mann Wahlkampf zu machen, dürfte für die Union insgesamt schiefgehen. Sollte sich Söder doch noch durchsetzen, ist Laschets politische Zukunft ungewiss.

Anders als Laschet, stünde Söder als unterlegender Kandidat nicht unbedingt geschwächt da. Seine dominante Rolle in Bayern bliebe unangefochten, als potenziell kanzlertauglich könnte er sogar gestärkt aus dem Machtkampf hervorgehen. Als Verlierer zu gewinnen – das schafft wohl nur Söder.