Haseloff-CDU klarer Sieger – AfD auf Platz 2
6. Juni 2021Stand: 06.06.2021 19:20 Uhr
Die CDU von Ministerpräsident Haseloff ist der große Gewinner der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Die AfD behauptet Platz 2, aber mit deutlichem Abstand. SPD und Linkspartei rutschen ab. Die Grünen legen leicht zu. Die FDP ist zurück im Landtag.
Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt klar gewonnen und die AfD weit hinter sich gelassen. Die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff kam laut Hochrechnung von Infratest dimap auf 36,2 Prozent und verbessert sich im Vergleich zu 2016 erheblich (29,8 Prozent).
Der 67-Jährige gehört zu den mit Abstand bekanntesten und beliebtesten Politikern im Land, der CDU-Wahlkampf war entsprechend auf ihn zugeschnitten. „Der Richtige in schwierigen Zeiten“ stand auf CDU-Plakaten. Die CDU dürfte denn auch von den hohen persönlichen Zustimmungswerten und dem Amtsbonus ihres „Zugpferds“ profitiert haben.
Haseloff sprach in der ARD von einer „klaren Botschaft“. Er sei den Bürgern dankbar, dass sie eine „Abgrenzung nach rechts“ vorgenommen hätten. Er rechnet aber mit einer schwierigen Regierungsbildung. „Eine Koalition wird nicht so einfach zu bilden sein“, sagt der CDU-Politiker. „Wir werden mit allen demokratischen Parteien sprechen.“
Reiner Haseloff, Spitzenkandidat CDU, zu möglichen Koalitionen in Sachsen-Anhalt
Haseloff regiert seit 2011, zuletzt zusammen mit SPD und Grünen in einer komplizierten sogenannten Kenia-Koalition. Als „Bollwerk gegen Rechts“ hatte Haseloff das bundesweit erste Bündnis dieser Art 2016 geschmiedet, eine Neuauflage schloss er nicht aus. Kategorisch ausgeschlossen hat der 67-Jährige hingegen immer wieder jede Kooperation mit der AfD. In seinem CDU-Landesverband stehen jedoch nicht alle der AfD so ablehnend gegenüber.
AfD bleibt zweitstärkste Kraft
Die AfD war 2016 auf Anhieb zweitstärkste politische Kraft geworden – und kann diese Position auch behaupten. Sie kommt auf 22,5 Prozent. Es gelang ihr jedoch nicht, an der CDU vorbeizuziehen. Im Gegenteil, die CDU vergrößerte den Abstand zur AfD.
Im Vergleich zu 2016 schnitt die AfD schwächer ab. Damals war sie auf Anhieb auf 24,3 Prozent gekommen. In den vergangenen fünf Jahren machte sie auch mit internen Machtkämpfen und Skandalen Schlagzeilen. Der Landesverband wird mehrheitlich dem inzwischen aufgelösten „Flügel“ um Björn Höcke zugerechnet und vom Verfassungsschutz beobachtet. Spitzenkandidat und Fraktionschef Oliver Kirchner beschreibt sich selbst als „nationalkonservativ“.
Trotz der Verluste seiner Partei äußerte sich Kirchner in der ARD zufrieden mit dem Wahlergebnis. Der 55-jährige Magdeburger steht erst seit 2018 an der Spitze der AfD-Fraktion. Im Wahlkampf versuchte die Partei vor allem mit Fundamentalkritik an den Corona-Maßnahmen von Bund und Land zu punkten und Wähler anzusprechen, die sich aus Enttäuschung und Protest von der Politik abgewendet haben.
Linkspartei noch knapp zweistellig
Bei der Linkspartei setzt sich der Abwärtstrend auch bei dieser Wahl fort. Die einstige Ost-Partei verliert in Sachsen-Anhalt weiter an Boden und kommt laut Hochrechnung noch auf 10,9 Prozent. Zum Vergleich: 2011 lag die Linke noch bei 23,7 Prozent, 2016 waren es nur noch 16,3.
Im Wahlkampf setzte die Partei um Spitzenkandidatin Eva von Angern auch auf Provokation: „Nehmt den Wessis das Kommando“ lautete ein Slogan, mit dem sie auf die ungleiche Verteilung von Führungspositionen aufmerksam machen wollte.
SPD rutscht weiter ab
Die SPD kann einen erneuten drastischen Absturz wie 2016 verhindern, aber wird jetzt einstellig. Die Hochrechnung sieht die Sozialdemokraten bei 8,4 Prozent und damit noch einmal schwächer als vor fünf Jahren, als sie mit 10,6 Prozent knapp zweistellig geblieben war. Die Partei kämpft damit weiter gegen die Bedeutungslosigkeit, aber vermeidet ein erneutes Total-Desaster wie 2016, als sie um die Hälfte geschrumpft war. Inzwischen steht Katja Pähle an der Fraktionsspitze. Trotz aller Querelen mit Koalitionspartner CDU hält sie an dem Bündnis fest. „Für Gespräche unter Demokraten stehen wir zur Verfügung“, bekräftigte sie in der ARD.
Grüne legen zu, FDP schafft Wiedereinzug
Die Grünen können zulegen und kommen nun auf auf 6,2 Prozent. Das ist verglichen mit dem Umfrage-Höhenflug im Bund zwar schwach, aber in den ostdeutschen Bundesländern tun sich die Grünen weiterhin schwer. Fraktionschefin und Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann setzte im Wahlkampf auf grüne Kernthemen und den Kampf gegen rechts. Sie würde gern weiter mitregieren. Profitiert haben dürften die Grünen im Land vor allem vom positiven Bundestrend.
Zu den Gewinnern der Wahl gehört auch die FDP. Nach zehn Jahren als außerparlamentarische Opposition zieht die Partei wieder in den Landtag in Magdeburg ein. Mit 6,5 Prozent schafft sie diesmal den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde, vor fünf Jahren war sie noch hauchdünn gescheitert. Spitzenkandidatin Lydia Hüskens war mit dem Ziel angetreten, das „Drama Kenia“ zu beenden, für eine Regierungsbeteiligung ist die 57-Jährige offen.
Mehrere Koalitionen möglich
Erhärtet sich die Hochrechnung, hätte Haseloff mehrere Koalitionsoptionen. Der CDU-Politiker könnte weiter mit SPD und Grünen regieren (Kenia), aber auch ein Bündnis mit SPD und FDP (Deutschland-Koalition) oder mit Grünen und FDP (Jamaika) wären rechnerisch möglich. Bündnisse mit AfD oder Linkspartei hatte die CDU ausgeschlossen.
Insgesamt waren 1,8 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 61 Prozent. Wegen der Pandemie dürften mehr Menschen als sonst die Briefwahl genutzt haben.
Nervöse Blicke aus Berlin nach Magdeburg
Die Wahl in Sachsen-Anhalt war die letzte Abstimmung vor der Bundestagswahl und mindestens zwei weiteren Landtagswahlen am 26. September. Schon deshalb schauen auch die Bundesparteien mehr oder weniger nervös Richtung Magdeburg. Denn auch wenn die bundespolitische Signalwirkung dieser Wahl eher als begrenzt eingeschätzt wird, ist sie doch eine wichtige letzte Standortbestimmung, bevor es endgültig in den Bundestagswahlkampf geht.