Steigende Corona-Zahlen Drosten warnt vor „Winterwelle“

Steigende Corona-Zahlen Drosten warnt vor „Winterwelle“

23. Juli 2021 Aus Von mvp-web

Stand: 23.07.2021 19:04 Uhr

Der Virologe Drosten hat sich besorgt über die in seinen Augen zu niedrige Impfquote gezeigt. Er warnte vor einem falschen Sicherheitsgefühl angesichts der niedrigen Inzidenz. Denn sie steigt kontinuierlich – besonders unter jungen Menschen.

Angesichts der besonders unter jüngeren Menschen steigenden Neuinfektionszahlen hat der Berliner Virologe Christian Drosten eine deutlich höhere Impfquote angemahnt. Die brauche es, um eine schwere Winterwelle zu vermeiden, sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. „Viele Menschen wähnen sich angesichts einer niedrigen Inzidenz in Deutschland in einem falschen Sicherheitsgefühl“, so Drosten. Er sei „zunehmend besorgt“ darüber, dass der Impffortschritt nicht schneller gehe.

Corona-Infektionen steigen durch Delta-Variante wieder an

Griet von Petersdorff, RBB, tagesschau 20:00 Uhr, 23.7.2021

Derzeit sind laut RKI rund 60 Prozent der deutschen Bevölkerung einmal gegen das Coronavirus geimpft worden. 48 Prozent haben den vollständigen Schutz, für den bei den meisten Vakzinen eine zweite Impfung notwendig ist. Die sogenannte Herdenimmunität ist nach Schätzung des RKI bei einer Impfquote von mehr als 80 Prozent erreicht.

Das RKI spricht derzeit noch von einer entspannten Infektionslage in Deutschland – mahnt mit Blick auf den Herbst aber, dem dann drohenden stärkeren Anstieg der Fallzahlen vorzubeugen. Denn seit zwei Wochen steigt die Sieben-Tage-Inzidenz kontinuierlich an. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Morgen lag sie bei 13,2 – am Vortag hatte der Wert 12,2 und beim jüngsten Tiefststand am 6. Juli 4,9 betragen. Das liegt auch an einer stärkeren Ausbreitung der Delta-Variante.

Inzidenzanstieg vor allem bei 15- bis 34-Jährigen

Im Fokus sind besonders die Jüngeren, denn der Inzidenzanstieg ist bisher laut RKI vor allem bei den Menschen zwischen 15 und 34 Jahren zu beobachten. Während sich die Werte in den Gruppen ab 60 Jahren in den vergangenen Wochen nur minimal und auf sehr niedrigem Niveau (unter fünf Fälle pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen) veränderten, verzeichnet das RKI für Jüngere relativ starke Zuwächse. Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz von 32 in der vergangenen Woche verzeichnen demnach die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 24 Jahren.

Schwere Krankheitsverläufe von Covid-19 sind bei jungen Menschen zwar relativ selten, gleichzeitig ist die Impfquote bei den Menschen unter 60 derzeit noch deutlich geringer als bei den über 60-Jährigen. Für Jugendliche unter 16 hat die Ständige Impfkommission bisher noch keine Impfempfehlung ausgesprochen.

Welche Größenordnungen bei den Inzidenzen möglich sind, zeigt das Beispiel Großbritannien: Die Zahl der Neuinfektionen auf 100.000 Menschen innerhalb einer Woche bei den jungen Erwachsen lag dort zuletzt knapp 1155 – der höchste je festgestellte Inzidenzwert seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Jahr. In England waren zuletzt fast alle Corona-Maßnahmen aufgehoben worden – trotz der Delta-Variante.

Mediziner warnen vor steigenden Patientenzahlen

Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, geht davon aus, dass dank der Impfungen relativ gesehen weniger an der Delta-Variante Erkrankte einen schweren Verlauf haben werden – „das sieht man schon in Großbritannien“. „Was wir allerdings immer dabei bedenken müssen: Wir haben viele, viele Millionen Menschen noch nicht oder noch nicht komplett geimpft. Wenn dann die Rate an Neuinfektionen um ein Vielfaches höher ist, kann die Zahl der Patienten absolut genauso hoch werden wie in der zweiten und dritten Welle“, so Marx gegenüber der dpa.

Auch Virologe Drosten geht davon aus, dass die Zahl der Krankenhauspatienten wieder steigen könnte: „Wenn die Impfquote nicht signifikant erhöht wird, ist eine schwere Winterwelle zu erwarten.“ Es müsse jetzt mehr getan werden, „gerade auf der Kommunikationsebene“. Man müsse möglichst viele Menschen informieren und dazu bewegen, sich impfen zu lassen. „Jeder Erwachsene kann durch Impfung seinen Beitrag leisten, dass Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft im Winterhalbjahr nicht erneut eingeschränkt werden müssen“, sagte Drosten.