Länder drängen auf Corona-Treffen Es gäbe viel zu besprechen
23. Juli 2021Stand: 23.07.2021 16:43 Uhr
Angesichts steigender Infektionszahlen drängen die Länder auf ein baldiges Treffen mit Kanzlerin Merkel. Ministerpräsidentin Schwesig fordert einen klaren Kurs bei Reiserückkehrern, Niedersachsen will den Impffortschritt stärker berücksichtigen.
Die Corona-Zahlen steigen, die Impfbereitschaft hat nachgelassen – und in den ersten Bundesländern neigen sich die Schulferien dem Ende entgegen: Es gibt also viel zu besprechen in Sachen Corona, und einige Länder drängen deshalb. Das für Ende August geplante Treffen von Kanzlerin Angela Merkel solle vorgezogen werden, fordert etwa Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) aus Mecklenburg-Vorpommern. Dabei solle insbesondere über die Ausbreitung der Delta-Mutation und das Impfen von Jugendlichen beraten werden, sagte Regierungssprecher Andreas Timm.
Schwesig habe bereits Ende Juni den Bund aufgefordert, bis Anfang August gemeinsam mit den medizinischen Experten und der Ständigen Impfkommission eine Strategie für die Impfung von Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren vorzulegen, so Timm. Auch über die Regelungen für Reiserückkehrer müsse gesprochen werden. „Es muss verhindert werden, dass es nach den Sommerferien zu einem deutlichen Anstieg der Zahlen kommt.“
Die Sorge vor den Reiserückkehrern
Schwesig hatte beklagt, dass sich Bund und Länder nicht bereits Ende Juni auf schärfere Regelungen für Reiserückkehrer aus Corona-Risikogebieten im Ausland verständigt hatten. Auch im Sommer 2020 seien die Corona-Infektionszahlen niedrig gewesen, und dann hätten Reiserückkehrer das Virus wieder eingetragen.
Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) hatte sich am Mittwoch dafür ausgesprochen, die Ministerpräsidentenkonferenz vorziehen. Die Staatskanzlei in Hannover bekräftigte diese Forderung. „Wir brauchen schnell neue Maßstäbe, die unter anderem auch den Impffortschritt berücksichtigen“, sagte eine Regierungssprecherin in Hannover. „Es besteht Handlungsbedarf.“ Niedersachsen sei dabei an einem unter den Bundesländern abgestimmten Vorgehen gelegen.
Zugleich bestritt die Sprecherin Medienberichte, wonach die rot-schwarze Landesregierung plane, pauschal die Inzidenz-Obergrenzen im Corona-Stufenplan nach oben zu setzen, um trotz steigender Inzidenzen mehr Freiheiten zuzulassen. Es solle aber vermieden werden, dass mit steigenden Inzidenzwerten bald Bereiche von Einschränkungen betroffen sind, „die mit der Entwicklung des Infektionsgeschehens gar nichts zu tun haben“.
Söder: Impfprogramm für Schüler
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) strebt neue Bewertungsmaßstäbe für künftige Corona-Auflagen an. Für die Entscheidungen müssten neben der Inzidenz auch die erfolgten Impfungen und die Krankenhauszahlen zugrunde gelegt werden. „Wir wollen keinen weiteren Lockdown, aber wir müssen die Denkaufgabe für den Herbst lösen.“
Söder knüpft seine Bereitschaft für eine vorgezogene Bund-Länder-Konferenz an Bedingungen wie den Beschluss eines Schülerimpfprogramms. „Ich bin da offen, drüber zu reden. Allerdings müssen vorher Bedingungen geschaffen werden. Es reicht nicht, sich zum Kaffee-Plausch zu treffen, sondern wir müssen dann schon Maßnahmen treffen“, sagte der CSU-Chef nach einer Klausur des Parteivorstands in Gmund am Tegernsee. Dazu gehöre eine Einreiseverordnung ab dem 1. August und eine spezielles Impfprogramm für Schüler und Schülerinnen.
Mit Blick auf die Schülerimpfungen betonte Söder, er wisse, dass die Ständige Impfkommission hier skeptisch sei, „das ist ihr gutes Recht“, aber die Politik müsse entscheiden. Jetzt in den Ferien gebe es noch die Möglichkeit, ein Impfangebot für Schüler zu organisieren.
Der Plan des Bundes, eine Einreiseverordnung erst ab dem 11. September einzuführen, sei „sinnlos“, da dann die Sommerferien schon wieder vorbei wären, sagte Söder. Gerade der Reiseverkehr in den Sommerferien werde aber vermutlich wieder ein Treiber bei den Infektionszahlen sein. Zudem müsse die Verordnung eine Testpflicht für alle Rückkehrer vorsehen, unabhängig vom Land, aus dem eingereist werde.
Söder kündigte an, sich in der kommenden Woche mit den unionsgeführten Bundesländern und dem von den Grünen regierten Baden-Württemberg abstimmen zu wollen.
Impf-Aufruf der Kanzlerin
Merkel hatte bei ihrer letzten Sommerpressekonferenz davor gewarnt, dass sich Deutschland auf dem Weg in eine vierte Welle befindet und an die Menschen appelliert, sich impfen zu lassen. Ein Appel, der nicht ohne Grund ist: Das Impftempo in Deutschland hat sich zuletzt verlangsamt – am Donnerstag wurden 565.235 Personen geimpft, am Donnerstag vor einer Woche waren es noch 758.572.
Auch die Einbindung der Haus- und Betriebsärzte, die zunächst auf die Lieferung von Impfstoff gedrängt hatten, haben das Tempo in den vergangenen Tagen nicht mehr erhöhen können. Länder und Kommunen wollen nun verstärkt Impfangebote im Alltag machen.
Gesundheitsminister Jens Spahn hatte davon gesprochen, dass die Sieben-Tage-Inzidenz im September auf über 400 und im Oktober auf über 800 steigen könnte, wenn das derzeitige Tempo bei den Neuinfektionen anhalte. Deshalb gibt es in Bund-Länder-Kreisen derzeit Vorbereitungen für eine neue Vereinbarung, ab welchen Grenzwerten künftig wieder Corona-Einschränkungen gelten sollen. Diese waren eigentlich frühestens erst wieder im Herbst befürchtet worden.