News zur Corona-Pandemie: Inzidenz sinkt erstmals seit Anfang Juli – 5750 Neuinfektionen
31. August 2021
Internes Papier: Regierung will bei Hospitalisierungen keine konkreten Schwellenwerte vorgeben
13.17 Uhr: Inzidenz weg, Hospitalisierungen da. Die neue Corona-Ausrichtung der Bundesregierung konzentriert sich deutlich intensiver auf die Zahl der Krankenhauseinweisungen. Das ging vergangene Woche aus einem Papier von Gesundheitsminister Spahn hervor. Nun liegt der „Bild“-Zeitung ein weiteres internes Dokument vor, in dem die Ausrichtung präzisiert wird. Die Kernbotschaft: Es gibt keine Schwellenwerte mehr.
Bedeutet, im neuen Infektionsschutzgesetz sollen keine automatischen Grenzen für etwaige Maßnahmen mehr verbaut sein. Ein Automatismus, der beispielsweise einen Lockdown hervorruft, würde so wegfallen. Die Zeitung zitiert aus dem Papier, dass die Hospitalisierungen dort „nur“ als „wesentlicher Maßstab“ angesehen werden.
Die Begründung für den Wegfall ist laut „Bild“, dass die Bundesländer und Landkreise unterschiedliche Kapazitäten in den Kliniken hätten, einheitliche Grenzwerte seien daher nicht möglich.
Mediziner erklärt: „Bei gut 80 Prozent der offiziellen Corona-Toten“ ist Covid-19 nicht die Todesursache
11.53 Uhr: Der Mediziner und Soziologe Bertram Häussler hat neue Berechnungen veröffentlicht, denen zufolge die eigentliche Todesursache bei zahlreichen Corona-Toten unklar ist. Wie Häussler der „Welt“ erklärte, melde das Robert-Koch-Instut (RKI) täglich zwar nur sehr wenige Corona-Tote. Diese Zahl sei jedoch immer noch zu hoch. „Es werden mehr Todesfälle gemeldet, als tatsächlich an Corona gestorben sind“, erklärte der Mediziner dem Blatt.
Und weiter: „Wir haben ermittelt, dass bei gut 80 Prozent der offiziellen Covid-Toten, die seit Anfang Juli gemeldet wurden, die zugrundeliegende Infektion schon länger als fünf Wochen zurückliegt und man daher eher davon ausgehen muss, dass Corona nicht die wirkliche Todesursache war.“ Häussler ist Leiter des unabhängigen Gesundheitsforschungsinstituts IGES in Berlin und erstellt mit seinem Team seit August 2020 den „Pandemic Monitor“, ein Tool, das die hiesige Corona-Lage zahlentechnisch abbildet.
Doch wie kommt es, dass bei einem Großteil der Corona-Toten offenbar nicht Covid-19 der Sterbegrund ist? Rechnerisch würden etwa 100 der hiesigen Genesenen an regulären Todesursachen sterben, erklärt Häussler im „Welt“-Interview. „Nun kommt es vor, dass solche Fälle im Gesundheitsamt einer vor Monaten gemeldeten Coronainfektion zugeordnet werden. Sie gehen dann in die Statistik des RKI als Corona-Sterbefall ein. Da kann es sich dann auch um einen alten Menschen handeln, der sich zwar 2020 infiziert hat, jetzt aber an Herzversagen gestorben ist.“
Kabinett bringt Pläne für neue Corona-Indikatoren auf den Weg
11.51 Uhr: Das Bundeskabinett hat den von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Vorschlag für neue Indikatoren zur Bewertung der Corona-Lage auf den Weg gebracht. „Wesentlicher Maßstab“ für zu ergreifende Schutzmaßnahmen soll demnach insbesondere die Zahl der in regionalen Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sein, wie aus dem am Dienstag vom Kabinett beschlossenen Formulierungsvorschlag hervorgeht. Wann kritische Schwellen erreicht sind, sollen die Länder festlegen.
Spahn sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Je weniger Menschen wegen Covid im Krankenhaus behandelt werden müssen, desto mehr Freiheit ist möglich.“ An diesem Leitsatz sollten die Länder künftig ihre Pandemiepolitik ausrichten. „Bei hoher Impfquote wird die Inzidenz nicht überflüssig, aber sie verliert an Aussagekraft.“
Die Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen von Union und SPD soll nun im Bundestag weiter beraten und voraussichtlich in der kommenden Woche beschlossen werden. Hintergrund ist, dass die bisher als zentraler Indikator genutzte Zahl der Neuinfektionen (Inzidenz) angesichts des Impffortschritts nicht mehr so direkt auf die Klinikbelastung durchschlägt.
Wie es in dem Vorschlag heißt, sollen neben den Klinik-Einweisungen „weitere Indikatoren“ bei der Bewertung des Infektionsgeschehens berücksichtigt werden. Genannt werden die – nach Altersgruppen differenzierte – Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen, die verfügbaren Intensivkapazitäten und die Zahl der Geimpften. Die Landesregierungen sollen dann unter Berücksichtigung der jeweiligen stationären Versorgungskapazitäten Schwellenwerte für alle aufgeführten Indikatoren festsetzen können.
Lauterbach plädiert für bundesweit einheitliche Corona-Hospitalisierungsraten
08.48 Uhr: Bei der Debatte um die künftigen Richtwerte in der Corona-Pandemie hat der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach deutschlandweit einheitliche Quoten bei den Klinik-Einlieferungen von Corona-Patienten gefordert. Er sei dafür, „dass wir bundesweit einheitliche Hospitalisierungsraten festlegen“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Sonst droht ein Flickenteppich.“ Lauterbach sprach sich auch weiterhin für die Berücksichtigung der Sieben-Tage-Inzidenz aus.
Derzeit sei der Wert, ab dem es kritisch werden könnte, „regional sehr unterschiedlich“, erklärte der SPD-Politiker. So hänge die Bedeutung der Hospitalisierungsquote etwa davon ab, „wie viele Geimpfte und wie viele Krankenhausbetten es in einer Region gibt“. Auch der Altersdurchschnitt spiele eine Rolle. Wenn die Hospitalisierungsquote in einem Bundesland mit hohem Altersdurchschnitt stark ansteige, „hat dies eine andere Bedeutung als in einer Studentenstadt mit vielen jüngeren Bewohnern“, sagte Lauterbach.
Der SPD-Politiker kritisierte zugleich, derzeit seien die medizinischen Kriterien offen. „Es gibt keine Vorgaben, wo genau der Grenzwert liegen soll“, sagte er. Unklar sei auch, was passiere, wenn bei der Einlieferungsrate eine bestimmte Schwelle überschritten werde.
Lauterbach sprach sich daher dafür aus, die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner weiterhin als ein Gesichtspunkt zu berücksichtigen. „Eine eindeutige Verknüpfung von Inzidenz und Hospitalisierung ist notwendig und wird im Zuge der parlamentarischen Beratungen noch kommen. Sonst ergibt es keinen Sinn“, sagte Lauterbach.
2G statt 3G? – Müller sieht noch viele Fragen offen
05.11 Uhr: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sieht beim seit Samstag in Hamburg geltenden 2G-Optionsmodell in der Corona-Pandemie noch einige offene Fragen. „Ich halte den Hamburger Weg, mit der sogenannten 2G-Regel wieder mehr Normalität zu ermöglichen, in dieser Form noch nicht für praktikabel“, sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur. „So weit sind wir noch nicht, weil es hier noch viele offene, auch verfassungsrechtliche Fragen gibt“, warnte der SPD-Politiker, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.
Bei der 2G-Regel können zum Beispiel Gastwirte oder Veranstalter selbst entscheiden, ob sie nur Geimpfte und Genesene einlassen, die dann weitgehend von den Corona-Einschränkungen befreit sind oder ob sie weiter nach dem 3G-Modell auch aktuelle negative Corona-Tests akzeptieren.
Inzidenz sinkt erstmals seit Anfang Juli – 5750 Corona-Neuinfektionen
Dienstag, 31. August, 04.22 Uhr: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist erstmals seit Anfang Juli wieder gefallen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Dienstagmorgen lag sie bei 74,8 – am Vortag hatte der Wert 75,8 betragen, vor einer Woche 58,0. Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 5750 Corona-Neuinfektionen. Vor einer Woche hatte der Wert für Deutschland bei 5747 Ansteckungen gelegen. Im Vergleich zu den vergangenen Tagen hat sich die Zahl der Neuinfektionen damit in diesem Fall „nur“ um drei erhöht, zuletzt hatte diese Zahl regelmäßig bei mehreren Tausend gelegen.
Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 60 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 42 Todesfälle gewesen. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 92.200.
Die Inzidenz war in der Pandemie bisher Grundlage für viele Corona-Einschränkungen, etwa im Rahmen der Ende Juni ausgelaufenen Bundesnotbremse. Künftig sollen daneben weitere Werte wie Krankenhauseinweisungen stärker berücksichtigt werden.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 3.738.000 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 92.200.
NRW schickt 30.000 Schüler in Quarantäne
16.47 Uhr: Gut 30.000 Schüler in Nordrhein-Westfalen sind nach aktuellsten Rückmeldungen in Quarantäne geschickt worden. Wie das Schulministerium am Montag mitteilte, befanden sich zum Stichtag 26. August 30.018 Schülerinnen und Schülern in Quarantäne – und damit 1,6 Prozent der Schülerschaft. In dieser Gruppe wurde bei etwa 0,35 Prozent – 6561 Personen – tatsächlich eine Corona-Infektion bestätigt. Der Höchststand bei den von Quarantäne betroffenen Schülern war im November 2020 bei 73.836 Kindern und Jugendlichen erreicht worden.
Beim Lehrpersonal war den jüngsten Angaben zufolge für 0,2 Prozent – 286 Kräfte – Quarantäne angeordnet worden. Und bei 0,08 Prozent von ihnen bestätigte sich eine Infektion. Das Schulministerium wies darauf hin, dass aber nicht die Daten aller Schulen, Schüler und Lehrer erfasst wurden: An der wöchentlichen Abfrage des Ministeriums beteiligten sich demnach knapp 4000 der insgesamt 4844 befragten öffentlichen Schulen – mit fast 1,85 Millionen Schülern und rund 140.500 Lehrkräften. Das entspreche einer Rückmeldequote von 82,3 Prozent der Schulen. Bei den bestätigten Corona-Fällen sind zudem auch außerschulische Tests – etwa bei Reiserückkehrern – enthalten.
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte, die Impfquote steige auch in der Schülerschaft erfreulich an. Eine anonymisierte Umfrage haben ergaben, dass 87,5 Prozent des Lehrpersonals vollständig geimpft sei. Zusammen mit den Infektionsschutzmaßnahmen und den zwei wöchentlichen Tests seien die Schüler „die unter Gesichtspunkten des Infektionsschutzes am besten überwachte Personengruppe“. Die insgesamt kletternden Infektionswerte spiegelten sich allerdings auch in den Schulen, wobei die Zahl der Fälle aber weiter auf einem „niedrigen Niveau“ seien.