Wie nützlich ist die Luca-App?

Wie nützlich ist die Luca-App?

15. September 2021 Aus Von mvp-web

Die Luca-App soll dabei helfen, Kontakte nachzuverfolgen. Doch bei der Eindämmung der Pandemie hilft sie kaum, denn viele Gesundheitsämter nutzen sie nicht. Die Macher versprechen Neuerungen.

Von Dominik Lauck, Redaktion ARD-faktenfinder

Als sich 13 Bundesländer im Frühjahr für den Einsatz der Luca-App entschieden hatten, war die Hoffnung groß. Die App sollte mithelfen, Kontakte von Corona-Infizierten zu ermitteln und so die Pandemie einzudämmen. Doch rund ein halbes Jahr später fällt die Bilanz ernüchternd aus. Die App erscheint zunehmend wertlos.

Zuletzt hatte der SR die Gesundheitsämter im Saarland abgefragt. Bilanz: Seit ihrer Einführung half die App bei keinem einzigen Corona-Fall bei der Ermittlung von Kontaktpersonen. Dabei gab es in diesem Zeitraum mehr als 13.000 bestätigte Infektionen im Saarland.

Ähnliche Zahlen kommen aus den anderen Bundesländern. In Bremen konnten die Daten der App lediglich fünfmal sinnvoll genutzt werden, erklärte die Gesundheitsbehörde Ende August. In Schleswig-Holstein fragten die Gesundheitsämter in Kiel, Neumünster und dem Landkreis Rendsburg-Eckernförde innerhalb der vergangenen drei Monate insgesamt achtmal Daten von der App ab, in anderen Kreisen wurde Luca noch gar nicht aktiv genutzt.

Corona-Pandemie Luca-App im Saarland bislang ein Flop

Die Luca-App hat im Saarland seit ihrer Einführung bei keinem einzigen Corona-Fall bei der Ermittlung von Kontaktpersonen geholfen.

Erste Kommunen wenden sich ab

In Sachsen-Anhalt kam die App in den vergangenen Monaten lediglich bei zwei Gesundheitsämtern insgesamt zweimal zum Einsatz, wie MDR-Recherchen zeigten. Auch in Thüringen wurden die Hoffnungen in die App in großen Teilen nicht erfüllt. Weimar und der Kreis Schmalkalden-Meiningen beendeten daher die Zusammenarbeit nach Ablauf der Testphase Ende August.

In Baden-Württemberg sind konkrete Zahlen über die Kontaktnachverfolgung mit der Luca-App gar nicht erst vorhanden, teilte das Gesundheitsministerium auf SWR-Anfrage mit.

Laut einer Umfrage des „Spiegel“ im August hat die Hälfte aller angeschlossenen Gesundheitsämter in Deutschland noch nie Luca-Daten abgefragt. Und dort, wo die Abfrage erfolgte, sei es immer wieder zu Problemen gekommen. So konnten beispielsweise auf Sylt nach einem Ausbruch in einer Bar die Daten nicht entschlüsselt werden.

Kampf gegen Corona Die Luca-App und die Probleme der digitalen Verwaltung mdr

Luca-App oder Corona-Warn-App?

Luca-Macher sind zufrieden

Die Macher der App halten dagegen und ziehen eine positive Zwischenbilanz. Zwischen Anfang Juni und Ende August hätten 126.000 Menschen durch die Luca-App von einem möglichen Infektionsrisiko erfahren, erklärte Luca-Herausgeber Culture4Life. In diesem Zeitraum hätten die Gesundheitsämter 1750-mal von Betrieben gesammelte Kontaktdaten der betreffenden Besucher angefordert.

„Die Betroffenen hatten damit die Gelegenheit, noch vor einer Kontaktaufnahme durch das Gesundheitsamt ihr eigenes Verhalten anzupassen“, sagte Luca-Geschäftsführer Patrick Hennig. Das entspreche 126.000 möglichen Infektionsketten, die potenziell unterbrochen worden seien.

Corona-Warn-App Probleme beim digitalen Check-in

Ein QR-Code für alle Corona-Apps – so lautete das Versprechen. Doch die Luca-Codes funktionieren nicht.

Von Beginn an umstritten

Die Luca-App war von Beginn an umstritten. Sie soll die Zettelwirtschaft ersetzen, die bei einer analogen Erfassung der Besuche von Restaurants, Ausstellungen und anderen Events entsteht. 13 Bundesländern haben einen Vertrag mit Luca und dafür mehr als 21 Millionen Euro ausgegeben. Nur Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen entschieden sich gegen eine vertragliche Bindung.

Seit Monaten kritisieren Datenschützer, Aktivisten des Chaos Computer Clubs und zahlreiche Wissenschaftler die Anwendung. Sie stören sich etwa an der zentralen Datenspeicherung und halten die App für unwirksam.

Digitale Kontaktnachverfolgung Druck auf Luca-App wächst

Die Luca-App gilt als Hoffnungsträger bei der Kontaktnachverfolgung – doch kritische Stimmen häufen sich.

Zukunft erscheint fraglich

Die Zukunft der Luca-App scheint fraglich. Die ersten Bundesländer verzichten bereits ganz oder teilweise auf die massenhafte Kontaktverfolgung bei Corona-Fällen. Nach Nordrhein-Westfalen bereitet auch Baden-Württemberg einen Strategiewechsel vor.

In NRW müssen Besucher von Kneipen oder Restaurants bereits seit Ende August keine Daten mehr hinterlegen. Gastronomiebetreiber, die noch Check-ins anbieten wollen, müssen das mit der Corona-Warn-App tun. Denn die erhebt die Daten anonym – und für eine Kontaktdatenerfassung gibt es nach Änderung der Corona-Schutzverordnung keine Rechtsgrundlage mehr. Baden-Württemberg will zunächst noch an der Datenerfassung festhalten, auch wenn die Kontakte von Infizierten nicht mehr verfolgt werden sollen.

In Hamburg müssen Bürgerinnen und Bürger beim Einkaufen bereits keine Kontaktdaten mehr angeben. Bürgermeister Peter Tschentscher begründete die Entscheidung des Senats damit, dass die Maßnahme nicht den erhofften Nutzen gebracht hätte. 

Persönliche Daten werden trotzdem weiter erfasst Corona-Strategie: Baden-Württemberg will auf massenhafte Kontaktverfolgung verzichten.

In Baden-Württemberg sollen die Gesundheitsämter nicht mehr alle Kontakte nachverfolgen müssen.

App soll verbessert werden

Die Macher wollen die Luca-App hingegen im Herbst ausbauen und verbessern. Künftig sollen die Ärzte der Gesundheitsämter die Nutzerinnen und Nutzer der App direkt kontaktieren und in unterschiedlichen Abstufungen warnen können. Bislang erhalten die App-User nur einen allgemeinen Hinweis, wenn ein Gesundheitsamt auf die Luca-Daten einer Person zugreift. Das Update wird derzeit mit den Gesundheitsämtern in Hamburg, München, Hannover, Stuttgart, Düsseldorf, Nürnberg, Augsburg und Nordfriesland getestet, erklärte Hennig.

Künftig werde Luca den Behörden weitere Informationen über den Veranstaltungsort zur Verfügung stellen – etwa die Belüftung, Größe, Laufwege oder Raumaufteilung. „Dies hilft Gesundheitsämtern, mögliche Risiken besser, leichter und schneller zu bewerten“, glaubt Hennig. Das System könne dann auch Orte mit einem möglichen erhöhten Infektionsgeschehen automatisch erkennen, wenn beispielsweise zwei mögliche Infektionsfälle an einem Ort oder mehr entdeckt werden.