Achtung, Autofahrer! 55 statt 15 Euro fürs Knöllchen – der neue Bußgeldkatalog hat es in sich

Achtung, Autofahrer! 55 statt 15 Euro fürs Knöllchen – der neue Bußgeldkatalog hat es in sich

8. Oktober 2021 Aus Von mvp-web
Am Freitag wurden neue Änderungen am Bußgeldkatalog beschlossen. Für Autofahrer wird es ab November deutlich teurer, Radfahrer sollen besser geschützt werden. Allerdings wird der „Fahrverbots-Hammer“ der Grünen nicht umgesetzt.

Für Verkehrssünder wie Raser wird es aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr deutlich teurer werden. Das gilt zum Beispiel auch für Parkverstöße. Radfahrer und Fußgänger sollen besser geschützt werden.

Nach einem langen Streit zwischen Bund und Ländern empfahl der Bundesrat am heutigen Freitag, der Verordnung des Bundesverkehrsministeriums zuzustimmen.

Die Änderungen am Bußgeldkatalog treten laut Verordnung drei Wochen nach der Verkündung in Kraft – zur ausreichenden „Vorbereitung der praktischen Umsetzung“. Heißt: Ab November müssen Autofahrer höllisch aufpassen, wenn sie nicht unfreiwillig Geld in die Staatskasse schaufeln wollen.

Schmerzhafte Bußgelder als Signal und Einnahmequelle

In jedem Fall werden Deutschlands Autofahrer künftig deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Das sind die konkreten Neuregelungen des Bußgeldkatalogs:

  • Autofahrer, die ihr Fahrzeug
    • im allgemeinen Halte- oder Parkverbot abstellen, werden laut Katalog unter dem Scheibenwischer künftig ein Knöllchen von bis zu 55 Euro statt wie bisher bis zu 15 Euro finden.
    • Wer innerorts 16 oder 20 Stundenkilometer (km/h) zu schnell fährt und geblitzt wird, der zahlt statt 35 bald 70 Euro. Je schneller, desto teurer: Autofahrer, die etwa mit 91 km/h statt der erlaubten 50 km/h durch die Stadt rasen, zahlen, wenn sie erwischt werden, 400 statt 200 Euro, und so weiter.
    • Wer unberechtigt auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz parkt, muss mit einem Bußgeld von 55 statt wie bisher 35 Euro rechnen.
    • Wer eine amtlich gekennzeichnete Feuerwehrzufahrt zuparkt oder ein Rettungsfahrzeug behindet, der muss mit 100 Euro Bußgeld rechnen.
    • Ganz neu: Unberechtigtes Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge und Carsharing-Fahrzeuge hat ein Verwarnungsgeld von 55 Euro zur Folge.
    • Wer keine Rettungsgasse bildet oder eine solche sogar selbst zum schnelleren Vorankommen mit dem Auto
      • nutzt, muss mit einem Bußgeld zwischen 200 und 320 Euro sowie einem Monat Fahrverbot rechnen.
      • Lkw-Fahrer, die gegen die neu eingeführte Pflicht verstoßen, mit dem Lastwagen beim Rechtsabbiegen innerorts nur mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren, werden mit 70 Euro zur Kasse gebeten.
      • Die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge wird statt mit bis zu 25 Euro mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet.
      • Auto-Poser aufgepasst: Die Geldbuße für das Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung sowie dem belästigenden unnützen Hin- und Herfahren wird von bis zu 20 Euro auf bis zu 100 Euro angehoben.

      Grüne springen über ihren Schatten

      Die neuen Regelungen und die schmerzhaften Bußgelder seien ein deutliches Signal an Autofahrer, sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten, sagte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VKM), Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne). „Wir wissen, überhöhte Geschwindigkeit ist die häufigste Unfallursache. Bußgeldkatalog und Straßenverkehrsordnung sind letztlich verkehrserzieherische Maßnahmen zur gegenseitigen Rücksichtnahme.“

      Schaefer lobte den im April gefundenen Kompromiss zwischen Bund und Ländern als „echten Durchbruch“, bei dem man sich über Parteifarben hinweg geeinigt habe. Zuvor hatte es ein langes Gerangel gegeben. Wegen eines Formfehlers waren verschärfte Bußgeldregeln in der neuen Straßenverkehrsordnung im vergangenen Jahr außer Vollzug gesetzt worden.

      Grünes Lob für Scheuer

      Schaefer sagte, auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe eine konstruktive Rolle gespielt. „Es war ein gegenseitiges Nehmen und Geben.“ Die Grünen, die ursprünglich schärfere Regeln für einen Führerscheinentzug wollten, seien in dem Punkt über ihren Schatten gesprungen. Scheuer habe sich dafür kompromissbereit bei der Erhöhung der Bußgelder gezeigt. Autofahrer-Verbände, vor allem der Automobilclub „Mobil in Deutschland“, hatten zwar höhere Bußgelder akzeptiert, den von den Grünen geforderten Fahrverbots-Automatismus aber kritisiert . Der Fahrradverband ADFC kritisierte den neuen Bußgeldkatalog ebenfalls, allerdings aus einem ganz anderen Grund: Ihm gehen die Strafmaßnahmen gegen Autofahrer nicht weit genug.

Neuer Bußgeldkatalog im Straßenverkehr: Das ändert sich

Stand: 08.10.2021 15:39 Uhr

Im zweiten Anlauf hat der Bundesrat der Reform des Bußgeldkatalogs zugestimmt. Raser oder Falschparker müssen künftig deutlich mehr zahlen. Das soll Radfahrer und Fußgänger besser schützen.

Der Bundesrat hat nach langen Kontroversen der Verordnung des Verkehrsministeriums zur Verschärfung des Bußgeldkatalogs zugestimmt. Unter anderem müssen Verkehrssünder, die das Tempo überschreiten, falsch parken oder die Regelungen zur Rettungsgasse missachten, künftig mit deutlich höheren Strafen rechnen. Mit den Maßnahmen sollen Fußgänger und Radfahrer künftig besser geschützt werden.

Die neue Verordnung soll im Herbst im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Etwa drei Wochen später tritt der neue Bußgeldkatalog dann in Kraft. Die Reform war bereits im Jahr 2020 kurzzeitig gültig, musste dann aber wegen eines Formfehlers wieder zurückgenommen und nachgebessert werden. Strengere Regelungen zu Fahrverboten wurden teilweise entschärft.

Tempo-Überschreitungen deutlich teurer

Wer die Geschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften um mehr als 10 Stundenkilometer überschreitet, zahlt künftig das Doppelte: mindestens 50 Euro statt bisher 25 Euro. Ist ein Autofahrer mehr als 30 Stundenkilometer zu schnell unterwegs, schlägt das mit mindestens 260 Euro statt wie bisher mit 160 Euro zu Buche.

Auch außerorts werden Tempo-Überschreitungen härter bestraft: Bei mehr als 10 Stundenkilometern kostet es nun 40 statt 20 Euro, bei mehr als 20 Stundenkilometern müssen Verkehrssünder 100 statt 70 Euro locker machen.

Neue Fahrverbotsgrenzen zurückgenommen

Die ursprünglich geplante Verschärfung der Fahrverbotsgrenzen, nach der Autofahrer ab 21 Stundenkilometer innerorts und ab 26 Stundenkilometer außerorts ihren Führerschein abgeben sollten – ist zurückgenommen. Wie bisher gibt es außerdem erst bei Tempoüberschreitungen ab 21 Stundenkilometern innerorts einen Punkt im Flensburger Fahreignungsregister.

Punkte für Falschparken bei Behinderung des Verkehrs

Werden Rettungsfahrzeuge, Fußgänger oder Radfahrer behindert, kann Falschparken künftig richtig teuer werden.

Teuer wird auch das oft als Kavaliersdelikt angesehene Falschparken. Einfache Verstöße kosten nun 55 Euro statt 15 Euro. Dazu zählen auch das unerlaubte Abstellen von Fahrzeugen auf Behinderten-, Elektroauto- und Carsharing-Parkplätzen, das bisher 35 Euro gekostet hat.

Behindern Falschparker die Nutzung von Rad- und Fußwegen oder stellen ihr Fahrzeug auf Schutzstreifen oder in zweiter Reihe ab, können bis zu 110 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig werden. Der ADAC warnt deshalb auch vor dem Halten in zweiter Reihe, das in der Regel eine gewisse Behinderung des Verkehrs zur Folge hat. Ähnlich ist es beim Blockieren von Feuerwehreinfahrten: Werden Rettungsfahrzeuge behindert, kann das bis zu 100 Euro kosten.

Fahrverbot für Verstöße beim Bilden von Rettungsgassen

Wer auf der Autobahn keine Rettungsgasse bildet oder diese sogar zum unerlaubten Befahren nutzt, zahlt künftig ein Bußgeld von bis zu 320 Euro. Unabhängig von einer Prüfung der konkreten Gefährdung durch das Fehlverhalten kommen immer ein Monat Fahrverbot sowie zwei Punkte in Flensburg als Strafmaß hinzu. Besonders Motorradfahrer sollten ihr Verhalten deshalb entsprechend ändern, rät der ADAC.

Schritt-Geschwindigkeit beim Rechtsabbiegen für Lkw

Zum besseren Schutz von Fußgängern und Radfahrern, die häufig im toten Winkel nicht gut sichtbar sind, gilt für Lkw künftig beim Rechtsabbiegen Schrittgeschwindigkeit. Verstöße werden mit 70 Euro Bußgeld geahndet.