AfD-Parteitag in Grevesmühlen: Streit um Parteiführung?
22. Oktober 2021Am Sonnabend kommt die AfD in Grevesmühlen (Landkreis Nordwestmecklenburg) zu ihrem Landesparteitag zusammen. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die turnusgemäßen Neuwahlen der Parteispitzen. Eine Satzungsänderung könnte für Streit um die Führung sorgen.
Von Machtkämpfen und heftigen Diskussionen ist im Vorfeld des Parteitages in AfD-Kreisen die Rede. Der Grund: Bevor die Mitglieder ihr neues Führungspersonal wählen, soll erst einmal über ein neues System abgestimmt werden. Aktuell bilden zwei gleichberechtigte Sprecher die Spitze der AfD in Mecklenburg-Vorpommern. Ein vorliegender Antrag auf Satzungsänderung zielt auf ein neues Führungssystem ab, nach dem es künftig nur noch einen Landesvorsitzenden und zwei Stellvertreter geben soll. Einziger Kandidat für den Chefsessel bislang: der Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm. Dass er nun bald die Partei allein führen könnte, gefällt nicht jedem AfD-Mitglied. In den sozialen Netzwerken hagelt es seitens Parteianhängern bereits Kritik zu diesen Plänen.
Holm bleibt angesichts Kritik gelassen
Kritische Stimmen winkt Holm im Gespräch mit dem NDR ab: „Wenn jetzt jemand behauptet, dass ich die Macht auf mich vereinen wolle, dann ist das einfach Murks.“ Holm hebt hingegen die Vorteile der Satzungsänderung vor: Mit dem neuen Modell seien die Verantwortlichkeiten besser geregelt, es gebe weniger Abstimmungsbedarf und damit weniger Reibungen, so Holm. Außerdem sei der Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern, neben Thüringen und Hessen, einer der letzten, der überhaupt an dem Zwei-Sprecher-Modell festhalte. Für die Satzungsänderung bedarf es einer Zweidrittelmehrheit aller anwesenden Mitglieder. Die Parteiführung geht davon aus, dass etwa 250 der insgesamt rund 770 Mitglieder zur Versammlung nach Grevesmühlen kommen werden. Wie das Ergebnis bei der Abstimmung zur Satzungsänderung ausfällt, gilt als unberechenbar, da im Vorfeld nicht abzusehen ist, wie stark die unterschiedlichen parteiinternen Lager vor Ort vertreten sein werden.
Landesvorstand wird Stimmverluste erklären müssen
Ein weiterer Knackpunkt beim Parteitag wird auch die Auswertung des Landtagswahlergebnisses sein. Vor gut vier Wochen erzielte die AfD 16,7 Prozent der Zweitstimmen und sackte damit um 4,1 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren ab. Der aktuelle Co-Vorsitzende Holm sagt: „Mit dem Ergebnis sind wir nicht ganz zufrieden. Es liegt am unteren Ende unserer Erwartungen.“ In Summe habe die AfD 15.000 Wählerstimmen verloren – die meisten an die SPD. Laut Holm sei man „nochmal mit einem blauen Auge davongekommen“. Ob den Parteimitgliedern diese Analyse ausreicht, ist fraglich. Sie erwarten in Grevesmühlen eine Begründung und Aufarbeitung der Stimmverluste.
Gerüchte um Sexpartys im Landtag voraussichtlich auch beim Parteitag Thema
Aktuell gilt die Stimmung innerhalb der AfD aufgrund des Vorwurfes von angeblichen Sex-Partys im Landtag ohnehin schon als sehr angespannt. Zuletzt hatte das Greifswalder AfD-Mitglied Thomas Kerl auf Facebook einen namentlich nicht genannten AfD-Abgeordneten beschuldigt – unter den Augen des Wachpersonals des Landtages – Besuch aus dem Prostituiertenmillieu empfangen zu haben. Fraktionsvorsitzender Nikolaus Kramer weist die Vorwürfe entschieden zurück und bezeichnet sie als haltlos. Die Landtagsverwaltung hat in der Angelegenheit einen Ermittler eingesetzt. Die Ergebnisse der Untersuchungen liegen bislang nicht vor. Einige Parteimitglieder fordern eine Stellungnahme beim Parteitag. Holm hingegen sieht angesichts des aktuellen Informationsstands keinen Diskussionsbedarf. Der Landesvorstand der AfD hat Thomas Kerl unterdessen die Mitgliedsrechte entzogen. Er hat dementsprechend beim Parteitag weder Rede- noch Stimmrecht. Gleiches gilt auch für den ehemaligen Landtagsabgeordneten und Greifswalder Jura-Professor Ralph Weber. Gegen beide, Weber und Kerl, laufe aktuell außerdem ein Parteiausschlussverfahren, so Holm.