Bald 400.000 Fälle täglich? Forscher befürchten Corona-Katastrophe im Dezember

Bald 400.000 Fälle täglich? Forscher befürchten Corona-Katastrophe im Dezember

16. November 2021 Aus Von mvp-web

Dienstag, 16.11.2021, 16:44

Trotz einer Impfquote von mittlerweile mehr als 67 Prozent erlebt Deutschland eine vierte Welle mit Rekordzahlen. Forscher haben jetzt berechnet, dass wir selbst bei steigender Impfquote auf eine Katastrophe zusteuern. Ohne Kontaktbeschränkungen lässt sich die derzeitige Dynamik demnach nicht mehr stoppen.

Die Infektionszahlen in Deutschland schnellen dramatisch in die Höhe. Vergangene Woche erreichte die Zahl der Neuinfektionen mit 50.000 an einem Tag einen traurigen Rekord – es war die höchste Tages-Fallzahl in Deutschland seit Pandemie-Beginn. Bundesweit liegt die 7-Tage-Inzidenz am Dienstag bei 312, in manchen Landkreisen in Bayern und Sachsen überschreitet sie sogar die 1000er-Marke.

Die Lage in den Krankenhäusern in den besonders betroffenen Regionen ist bereits angespannt. Bundesweit ist die Zahl der Corona-Intensivpatienten mittlerweile auf über 3000 angestiegen. Und das alles trotz einer Impfquote von etwas über 67 Prozent.

Anzahl der Kontakte steigt seit Sommer

Dass der schleppende Impfprozess bei weitem nicht ausreicht, um die vierte Welle zu stoppen, wird immer deutlicher. Doch selbst wenn die Impfgeschwindigkeit zunehmen würde, könnte dies ohne weitere Maßnahmen die Dynamik der vierten Welle nicht mehr brechen. Zu diesem Ergebnis kommen Datenwissenschaftler der Berliner Firma Netcheck in Zusammenarbeit mit dem Epidemiologen André Karch von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie dem Datenanalysten Bernhard Renard vom Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam.

Die Zahl der Kontakte in Deutschland nahm erheblich zu und liegt weit über Vorjahresniveau

Net Check Die Zahl der Kontakte in Deutschland nahm erheblich zu und liegt weit über Vorjahresniveau

Der Grund: Die Anzahl der Kontakte hat seit vergangenen Sommer erheblich zugenommen. Laut Kontaktindex von Netcheck, der täglich in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Robert-Koch-Institut anhand von anonymisierten Mobilfunkdaten* bestimmt wird, nahmen die Kontaktzahlen in den letzten Wochen erheblich zu.

Sie liegen mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr zur selben Zeit. Ein besonders starker Anstieg lässt sich Netcheck zufolge in der zweiten Oktoberhälfte beobachten, der vermutlich aufgrund fallenden Außentemperaturen fast zu einer Verdopplung des Kontaktniveaus geführt hat. Gleichzeitig nahm die Impfgeschwindigkeit zum Ende des Sommers erheblich ab. Da das Kontaktverhalten die Übertragungsraten in der Bevölkerung wesentlich bestimmt, stieg somit auch der Reproduktionswert an, der aktuell laut RKI bei 1,18 liegt. Das bedeutet eine Person steckt derzeit im Schnitt 1,18 Personen an.

Modell prognostiziert 400.000 Corona-Fälle pro Tag bei unveränderten Bedingungen

Um die Entwicklung des Infektionsgeschehens in den nächsten Wochen abzuschätzen, haben die Forscher ein Modell entwickelt, das diese Kontaktzahlen mit einem dynamischen Infektionsausbreitungsmodell kombiniert. Dieses setzt sich aus den Anteilen der Infizierten, der Geimpften, der Personen, die sich im Ausland infiziert haben, den Anteilen der Varianten sowie, als dynamisch berücksichtigte Größe, der Kontaktstatistik für Deutschland zusammen.

Mit Hilfe dieses Modells konnten sie berechnen, dass es bei unveränderten Bedingungen, also wenn wir Corona so weiter laufen lassen wie bisher, Ende Dezember zu einem massiven Anstieg der Infektionszahlen kommt mit mehr als 400.000 Fällen pro Tag. Eine unvorstellbare hohe Zahl an Infizierten also, die unser Gesundheitssystem völlig überlasten würde.

Net Check

Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts rechnete vergangene Woche bei einer Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor, was 50.000 Infizierte täglich ungefähr nach jetzigen Erfahrungen für unser Gesundheitssystem bedeuten. „3000 davon müssen im Laufe der Zeit im Krankenhaus behandelt werden, mindestens 350 davon auf der Intensivstation.“

Hochgerechnet auf 400.000 würde dies ungefähr bedeuten: 24.000 Erkrankte müssten im Krankenhaus behandelt, 2800 auf der Intensivstation. In Summe also Zahlen, die unser System bei weitem nicht mehr stemmen könnte.