Biden warnt Putin vor „hohen Kosten“ im Fall einer Invasion
12. Februar 2022Rund eine Stunde hat Joe Biden am Samstag mit Wladimir Putin telefoniert. Ein Einmarsch in der Ukraine würde „großes menschliches Leid“ verursachen, warnte der US-Präsident. Zuvor hatte bereits Emmanuel Macron mit Putin gesprochen.
Auf der Suche nach einer Lösung in der Ukraine-Krise haben am Samstag mehrere hochrangige Politiker miteinander telefoniert. US-Präsident Joe Biden sprach rund eine Stunde mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Dieser hatte zuvor mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron telefoniert. Auch ein kurzer Austausch zwischen Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz fand am Samstagnachmittag statt.
Wie das Weiße Haus mitteilte, habe Biden in dem Telefonat mit Putin betont, eine Invasion würde „großes menschliches Leid verursachen und das Ansehen Russlands schmälern“. Die Folge wäre eine entschlossene Reaktion der USA und ihrer Verbündeten, was „hohe Kosten“ für Moskau bedeuten würde. Biden habe erneut klargemacht, die USA seien weiter bereit zu diplomatischen Gesprächen, aber „ebenso auf andere Szenarien vorbereitet“.
Nach Angaben aus US-Regierungskreisen hat das Telefonat keine „grundlegende Veränderung“ gebracht. Der Austausch sei „professionell und inhaltsreich“ gewesen, zitierte die Nachrichtenagentur AFP einen Beamten, der anonym bleiben wollte. „Es gab keine grundlegenden Veränderungen in der Dynamik, die wir nun seit mehreren Wochen beobachten“.
Auch Macron hatte Putin vor einer Zuspitzung der Lage gewarnt. Ein „aufrichtiger Dialog“ sei nicht mit „einer militärischen Eskalation“ an der ukrainischen Grenze vereinbar, sagte Macron nach Angaben des Elysée-Palasts in dem rund anderthalbstündigen Telefongespräch mit Putin. Beide Staatschefs hätten „den Willen zur Fortsetzung des Dialogs“ geäußert.
Der Kreml teilte in einem unabhängigen Statement mit, Putin und Macron hätten über „provokative Spekulationen“ über einen angeblichen russischen Invasionsplan gesprochen. In dem Telefonat warf der russische Staatschef demnach den westlichen Verbündeten Kiews vor, der Ukraine „moderne Waffen“ zu liefern. „Es werden Bedingungen für mögliche aggressive Aktionen der ukrainischen Sicherheitskräfte im Donbass geschaffen.“
In der Donbass-Region im Osten der Ukraine kämpfen seit 2014 pro-russische Separatisten gegen die ukrainische Armee. Putin warf den „führenden westlichen Staaten“ zudem vor, Kiew nicht zur Umsetzung des Minsker Abkommens zu drängen. Das 2015 geschlossene Abkommen sieht einen Fahrplan zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine vor. Kiew und Moskau werfen sich gegenseitig seit Jahren Verstöße gegen die Vereinbarung vor.
Putin und Macron hätten sich darauf geeinigt, den Dialog „auf höchster Ebene“ fortzusetzen, hieß es in der Mitteilung. Wenig später telefonierte Macron mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Auch ein Telefonat zwischen Macron und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kündigte der Elysée-Palast an. In Macrons Gespräch mit Putin habe es keine Hinweise darauf gegeben, dass Russland eine Offensive plane.
Die US-Regierung fürchtet, dass es jederzeit zu einer russischen Invasion der Ukraine kommen könnte. Mehrere westliche Länder, darunter auch Deutschland, haben ihre Staatsbürger inzwischen zur Ausreise aus der Ukraine aufgerufen. Frankreich hat einen solchen Aufruf bislang nicht veröffentlicht. Russland hat in den vergangenen Wochen nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen.