„Aufpassen, dass er nicht übergriffig wird“: Spahns Corona-Gesetz sorgt für Ärger

12. November 2020 Aus Von mvp-web
Um die rasante Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen, greifen derzeit wieder scharfe Beschränkungen. Das „Dritte Bevölkerungsschutzgesetz“ soll die gesetzliche Grundlage für die künftigen Corona-Maßnahmen schaffen.

Doch das sorgt derzeit noch für mächtig Ärger.

Bereits am Freitag diskutierte der Bundestag über die geplante Neufassung des Pandemieschutz-Gesetzes. Heute steht es im Gesundheitsausschuss des Bundestages auf der Tagesordnung – und die Kritik ebbt nicht ab.

„Wir sind dem Virus nicht machtlos ausgeliefert“, warb Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), aus dessen Haus die Vorlage stammt, am vergangenen Freitag für das Gesetz. Es solle eine „rechtliche Klarstellung“ sicherstellen, damit die von den Ländern verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie künftig besser vor den Gerichten Bestand haben.

Kritik am Spahn-Gesetz: „Ein rechtspolitisches Feigenblatt“

Doch die Oppositionsparteien Grüne, FDP und Linke fordern eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Maßnahmen. Diese sei „ein rechtspolitisches Feigenblatt, um bereits getroffene Entscheidungen nachträglich zu legitimieren“, monierte etwa FDP-Chef Christian Lindner.

Die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann kritisierte, die Vorlage aus Spahns Ministerium komme viel zu spät. Zudem seien die Rechte des Parlaments auch in der Neufassung des Gesetzes nicht ausreichend geregelt.

Gesetzentwurf sieht „bundesweit einheitliche schwerwiegende Maßnahmen“ vor

Die Opposition stört sich vor allem an Paragraf 28a des Entwurfs unter der Überschrift „Besondere Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2“. In Unterpunkt 15 heißt es: „Bei einer bundesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind bundesweit einheitliche schwerwiegende Maßnahmen anzustreben.“

Heißt: Der Bund kann wohl in diesem Fall über den Kopf von Ländern und Kommunen hinweg entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden. Die FDP-Fraktion fordert, den kompletten Punkt auszutauschen. „Minister Spahn fordert für sich weitreichende Machtbefugnisse. Wir müssen aufpassen, dass er nicht übergriffig wird“, zitiert die „Bild“-Zeitung FDP-Gesundheitsexperte Wieland Schinnenburg.

Keine zeitliche Befristung der Maßnahmen vorgesehen

Auch vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages kommt Kritik: So könnten bundesweit einheitliche Maßnahmen bei Überschreitung der 50er-Inzidenz Probleme in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit auslösen. Es fehle die zeitliche Befristung der Maßnahmen, heißt es. Zudem seien einige Formulierungen nicht eindeutig. Auch der Wissenschaftliche Dienst stellt eine fehlende Einbindung des Bundestags fest.

Selbst aus der Großen Koalition war am vergangenen Freitag im Parlament der Wunsch nach einer stärkeren Parlamentsbeteiligung geäußert worden. Darüber wolle sie mit dem Koalitionspartner Union sprechen, sagte etwa die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas.

Am Montag soll der Gesetzentwurf im Rechtsausschuss beraten werden. Nach bisheriger Planung soll das Gesetz bis Mitte November von Bundestag und Bundesrat endgültig verabschiedet werden.