Ukraine-Krieg: EU-Staaten schließen Luftraum für russische Airlines
27. Februar 2022Deutschland schließt den Luftraum für russische Airlines ab 15 Uhr. Russland entzieht im Gegenzug einigen Ländern ihre Überflugrechte – mit Folgen für Airlines und Logistiker.
Flug LH 718 von München nach Seoul hatte den Luftraum über Russland eigentlich fast komplett durchquert, da drehte der Airbus 350 von Lufthansa und flog wieder Richtung Deutschland zurück. Man habe sich vorbeugend dazu entschieden, sagte ein Sprecher des Konzerns am Samstagabend – wegen „der aktuellen und sich abzeichnenden regulatorischen Situation“.
Es war kein Einzelfall. Auch LH 716 von Frankfurt nach Tokio machte am Samstagabend über Estland kehrt, kurz bevor das Flugzeug in den russischen Luftraum eingedrungen wäre. Lufthansa werde vorerst für sieben Tage Flüge nach und über Russland aussetzen, teilte die Airline am Samstagabend mit. Auch die Deutsche Post/DHL ordnete die Rückkehr eines Boeing-Frachters auf seinem Flug von Leipzig nach Tokio an.
Die beiden Unternehmen sind mit ihrer Entscheidung nicht allein. Die zur IAG-Gruppe gehörende British Airways hatte schon am vergangenen Freitag erklärt, nicht mehr über Russland fliegen zu wollen. Dagegen waren am Samstagabend weiterhin Flugzeuge von Air-France, Finnair, Korean Air oder All Nippon Airways über Russland unterwegs, wie Daten des Portals Flightradar24 zeigten.
Doch das könnte sich schnell ändern. Die EU will ihren Luftraum für russische Airlines schließen. So ordnete etwa Bundesverkehrsminister Volker Wissing am Samstagabend an, eine Sperrung des deutschen Luftraums für russische Verkehrsflugzeuge vorzubereiten. Am Sonntag wird ab 15 Uhr der deutsche Luftraum für russische Maschinen gesperrt. Die Regelung gilt für zunächst drei Monate, teilte das Bundesverkehrsministerium mit. Zuvor hatten bereits Tschechien und Polen sowie die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen erklärt, russische Airlines aussperren zu wollen.
Russland hat in der Nacht zum Sonntag seinen Luftraum für Flugzeuge aus einer Reihe von EU-Staaten geschlossen. Nach einer Mitteilung der russischen Luftfahrtbehörde dürfen Maschinen aus Lettland, Estland und Litauen sowie Slowenien nicht mehr nach Russland einfliegen, wie die Agentur Tass berichtete. Das Verbot gelte auch für Transitflüge sowie Überflüge durch den russischen Luftraum.
Der Ukraine-Krieg wird immer mehr zu einer Belastung für den Luftverkehr – just in einer Phase, in der sich die Branche aufmacht, die schwerste Krise überhaupt zu verlassen, die durch das Coronavirus verursacht wurde. Die Flugstrecke gen Asien könnte also erst einmal ausfallen.
Airlines müssen in Richtung Asien große Umwege fliegen
Die Folge: Flüge von Europa Richtung Asien müssen große Umwege fliegen. In Zeiten des Kalten Krieges, als Russland ebenfalls nicht passierbar war, starteten die Airlines auf dem Weg nach Asien in Richtung Westen statt wie üblich nach Osten. Die Flugzeiten verlängerten sich um mehrere Stunden. Zudem musste ein Tankstopp eingelegt werden, etwa in Alaska. Tritt dieser Fall nun wieder ein, bedeutet das höhere Kosten und wahrscheinlich auch steigende Ticketpreise.
Experten wie Alex Irving von Bernstein Research sehen eine ganze Reihe von Belastungen auf die Luftfahrt zukommen. So würden die Treibstoffpreise rasant steigen, die Inflation lasse die Budgets der Privathaushalte schrumpfen, was wiederum die Ticketnachfrage belaste.
Die einzig gute Nachricht in dieser Situation: Die Passagierjets in Richtung Asien sind aktuell wegen der Pandemie sowieso nur mäßig ausgelastet. Wichtige Länder wie China haben ihre Grenzen für Ausländer nach wie vor weitgehend geschlossen. In der Branche wird deshalb damit gerechnet, dass einige der Flüge vorerst ersatzlos gestrichen werden. Die Verluste dürft en also überschaubar sein.
Andererseits fällt damit auch Frachtraum in den Passagierflugzeugen aus. Das dürfte die angespannten Lieferketten weiter belasten.