Kritik an Lauterbach Ärztevertreter wollen Coronatests nicht abrechnen
1. Juli 2022Die neue Corona-Testverordnung sorgt für Ärger. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kündigt an, sie könne die Voraussetzungen für kostenlose Schnelltests nicht überprüfen – und deshalb auch nicht abrechnen.
Im Streit um die neue Corona-Testverordnung geht die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf Konfrontation mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) würden die Bürgertestungen „zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können“, heißt es in einem Brief an den Minister, der dem WDR vorliegt.
Die neue Verordnung knüpfe die Bürgertestung an eine Vielzahl von bislang nicht bestehenden Anspruchsvoraussetzungen, deren Überprüfung den KV nicht möglich sei: „Im Ergebnis können die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht verantworten, sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit sie nicht ansatzweise prüfen können.“
Corona-Bürgertests ab sofort wieder kostenpflichtig
Bereits in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die durch das Ministerium „vorgesehene und von den Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführte Abrechnungsprüfung Betrugsfälle nicht verhindern kann.“ Mit den neuen Anforderungen könne das erst nicht mehr gewährleistet werden.
Der Brief verweist darauf, dass es derzeit sogar staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen eine Kassenärztliche Vereinigung gibt. Tatsächlich gibt es seit Langem Kritik an der Kontrollpraxis der KV. So hatten Recherchen von WDR, NDR und SZ ergeben, dass die KV Nordrhein schon im Oktober 2021 vom Gesundheitsamt Köln über Unregelmäßigkeiten in einem Testzentrum informiert war. Das Testzentrum rechnete aber mutmaßlich noch bis Mai 2022 ein Vielfaches der tatsächlich durchgeführten Tests ab. Die KV bestreitet Versäumnisse. Man habe die Teststelle bereits seit Oktober 2021 untersucht und dabei alle Möglichkeiten der Testverordnung ausgeschöpft. Auch in anderen Fällen wurden Hinweisen auf offensichtliche Unregelmäßigkeiten nicht oder nur zögerlich nachgegangen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben nach der Testverordnung die Verantwortung für die Abrechnung und Kontrolle der Bürgertests übernommen. Dafür bekamen sie 3,5 Prozent der Abrechnungssumme als Bearbeitungsgebühr. Das hat sich inzwischen auf fast 400 Millionen Euro summiert.
Kritiker haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass die KV damit de facto auch an betrügerisch abgerechneten Tests verdient haben, es also keinen Anreiz für strenge Kontrollen gegeben habe. In der neuen Testverordnung sind die Kontrollen verschärft worden, das Vergütungssystem insgesamt aber nicht verändert worden.