Bund gegen Bayern Streit um TÜV-Bewertung von AKW in Bayern

Bund gegen Bayern Streit um TÜV-Bewertung von AKW in Bayern

7. August 2022 Aus Von ...Linda Gerke
Stand: 06.08.2022 15:47 Uhr

Soll ein bayerisches AKW weiterlaufen? Technisch möglich, meint der TÜV Süd. Das Bundesumweltministerium sieht jedoch gravierende Mängel in der Bewertung. Bayerns Umweltministerium weist das zurück.

Der Streit zwischen dem Bund und Bayern um einen möglichen Weiterbetrieb eines Atomkraftwerkes und der potenziellen Wiederinbetriebnahme eines weiteren in Bayern geht in die nächste Runde: Bayerns Umweltministerium wies die vorangegangene Kritik des Bundesumweltministeriums an einer TÜV-Bewertung zweier bayerischer Atomkraftwerke zurück.

„TÜV Süd ist einer der renommiertesten Experten“

Ein Sprecher des Ministeriums sagte dazu: „Der TÜV Süd ist einer der renommiertesten und mit Fragen der Kernkraft am besten vertrauten Experten.“ Bei der Bewertung zentraler und entscheidender Fragen solle auf die bestmögliche Expertise zurückgegriffen werden.

Deshalb habe das Ministerium „sowohl ein sicherheitstechnisches als auch ein Rechts-Gutachten“ in Auftrag gegeben. Sicherheitsbedenken stünden demnach „einer befristeten Laufzeitverlängerung nicht entgegen“, fügte der Sprecher hinzu.

Bundesumweltministerium sieht das grundlegend anders

Die Reaktion des bayerischen Umweltministeriums folgt auf Kritik des Bundesumweltministeriums an der TÜV-Bewertung der bayerischen Meiler. Das Bundesumweltministerium hatte harsche Kritik an der Methodik des Papiers geübt. Die Stellungnahme erfülle „grundlegende Anforderungen an Gutachten und seriöse Sachverständigenaussagen nicht und sollte deshalb nicht zur staatlichen Entscheidungsfindung herangezogen werden“, schrieb das Bundesministerium.

Das Papier genüge außerdem nicht den atomrechtlichen Erfordernissen, schrieb das Ministerium von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Unterschrieben hat es der Leiter der Abteilung für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz, Gerrit Niehaus.

Niehaus spricht von „Spekulation“ und „Verschleierung“

Weiter bemängelte Niehaus, die Verfasser der Stellungnahme des TÜV vom 14. April zögen zu weitreichende Schlussfolgerungen und blieben Belege für bestimmte Aussagen schuldig. An einer Stelle ist von einer „Spekulation“ die Rede – an einer anderen heißt es, der Maßstab einer Bewertung werde nicht benannt beziehungsweise „verschleiert“.

Der TÜV habe nicht den Auftrag gehabt, „eine umfassende sicherheitstechnische Bewertung abzugeben“, komme aber gleichwohl zu dem Ergebnis: „Aus sicherheitstechnischer Sicht bestehen daher gegen den weiteren Betrieb (…) keine Bedenken.“ Das betrachte das Umweltministerium als unzulässig.

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AKW sollen eigentlich vom Netz gehen

Hintergrund der Diskussion um die TÜV-Bewertung ist die gegenwärtige Debatte um die weitere Nutzung der drei verbleibenden deutschen Atomkraftwerke: Isar 2 in Niederbayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Eigentlich ist vorgesehen, dass die verbliebenen Meiler zum Jahresende außer Betrieb gehen.

Der Technische Überwachungsverein TÜV Süd hatte in seinem Papier vom April – betitelt als „Bewertung“, nicht als Gutachten – geschrieben, dass er keine sicherheitstechnischen Bedenken gegen einen Weiterbetrieb von Isar 2 über das Jahresende hinaus habe. Auch eine Wiederinbetriebnahme des Blocks C im bayerischen Gundremmingen sei „aus technischer Sicht möglich“.

Das ist auch deshalb umstritten, weil Atomkraft vor allem zur Stromerzeugung genutzt wird, fehlendes russisches Gas hingegen zur Wärmeproduktion. Befürworter argumentieren auch mit möglichen Stromengpässen.

Für Isar-2-Betreiber ist Weiternutzung vorerst vom Tisch

Für den Chef des Energiekonzerns e.on, der das bayerische AKW Isar 2 betreibt, ist eine Weiternutzung „erst einmal erledigt“. Darüber habe man im März nochmals mit der Regierung diskutiert, die sich dagegen entschieden habe, sagte Leonhard Birnbaum der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Nun seien die Ergebnisse des laufenden Stresstests im Strommarkt abzuwarten. Die Politik müsse entscheiden. Wenn sie auf dieser Basis zu einer Neubewertung komme, „würden wir sehr ernsthaft versuchen, den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks zu ermöglichen“.