Hanse Sail 2022 in Rostock – „Zurück zu alten Stärken“

Hanse Sail 2022 in Rostock – „Zurück zu alten Stärken“

10. August 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 10.08.2022 17:19 Uhr

Nach den vergangenen zwei Pandemiejahren soll die 31. Sail zwischen Warnemünde und Rostocker Stadthafen ab Donnerstag wieder Hunderttausende Gäste anlocken. Mehr als 110 Traditionsschiffe aus sechs Ländern laden zu Ausfahrten ein. Gefeiert wird ohne Tests und Zäune. Dazu die neue Folge des Podcasts „Dorf, Stadt, Kreis“ in einer „Liveversion“ mit Gästen vom Feuerlöschboot FLB 40-3.

von Bernd Kalauch und Jürgen Opel, Ostseestudio Rostock

Höher, schneller, weiter – besser geht immer. Veranstalter und Besucherinnen und Besucher hatten sich in der Hanse-Sail-Geschichte an Rekorde gewöhnt. Noch mehr Schiffe, wieder mehr Gäste – etwas anderes wollte keiner hören. In den besten Jahren lagen bis zu 250 Traditionsschiffe an den Kais der Hansestadt. In Warnemünde und entlang der Pier im Stadthafen drängten sich die Besucher aus Nah und Fern.

Diese Bilder sind erst einmal Geschichte. Die zurückliegenden zwei Pandemiejahre haben Fahrt rausgenommen bei der Hanse Sail. Die 31. Ausgabe soll nun den Weg zurück zur Normalität ebnen – oder besser gesagt, wieder hin zu den alten Stärken, so sagt es die kommissarische Leiterin der Hanse Sail Bettina Fust in der aktuellen Spezial Folge unseres Podcasts „Dorf Stadt Kreis“.

48 Min

#89 Ahoi zur Hanse Sail 2022!

Der Podcast zu Rostocks maritimem Großereignis: Aktuelle Herausforderungen und ganz besondere Anekdoten – von der berühmt-berüchtigten Nebel-Sail bis zur Attraktion Gorch Fock. Mirja Freye trifft spannende Gästen auf dem Feuerlöschboot FLB 40-3.

Festmeile: Corona wirkt nach

Ein Volksfest ohne Beschränkungen, Zäune und Einlasskontrollen wird es werden. Mit verändertem Konzept: Kein Event-Hotspot mehr, wo rund um die Uhr der Bär steppt. Dafür kleinere Bühnen, breitere Gänge und eine harmonische Verteilung der Aktionsflächen, wie es heißt. Über die ganze Stadt gibt es verteilte Erlebnisbereiche, die für eine Entzerrung der Besucherströme sorgen sollen. Die Pandemie lässt grüßen. Das persönliche Highlight der Sail-Chefin: Das viertägige Strandkino mit maritimem Film-Programm in Warnemünde.

Die Einzigartigkeit der Hanse Sail

Die Hanse Sail ist im Vergleich mit anderen maritimen Treffen weltweit nicht die „Gigantin“, gibt Ex-Sail-Chef Roland Methling, ebenfalls Gast in der Podcast-Folge, unumwunden zu. Aber die Hanse Sail sei das einzige Schiffsevent dieser Art, das jedes Jahr im August im Kalender steht und das dann doch immer wieder mit einer ansehnlichen Flotte alter und uralter Grazien auf den Wellen der Ostsee. Darunter nicht selten beachtliche Prominenz: Wie die Bark „Gloria“ aus Kolumbien, das Vollschiff „Amerigo Vespucci“ aus Italien oder auch das mexikanische Schulschiff „Cuauhtémoc“, um nur einige zu nennen. Allesamt sind sie dem Hochadel der Traditionsschifffahrt zuzurechnen. Genau wie die großen „Russen“ aus der letzten und ebenso legendären Ära der Lastenschifffahrt unter Segeln, die der Hanse Sail schon Besuch abgestattet haben.

Attraktionen: „Gorch Fock“ und „Dar Młodzieży“

Die Großsegler gelten als die Stars des maritimen Events. Doch nur zwei von ihnen gehören zur Flotte der diesjährigen Sail: das polnische Segelschulschiff „Dar Młodzieży“ und das Schulschiff der Deutschen Marine, die „Gorch Fock“. Dass der 110 Meter lange Großsegler aus Polen in diesem Jahr in Rostock festmacht, ist historisch gesehen nicht uninteressant. 1982 war der Hafen an der Warnow das erste Reiseziel der „Dar Młodzieży“ nach ihrer Indienststellung. Erstmals seit sieben Jahren ist auch die „Gorch Fock“, das Segelschulschiff der Deutschen Marine, wieder zu Gast in Rostock – nach einer aufwändigen wie skandalträchtigen Sanierung.

Von Kiel nach Rostock: „Gorch Fock“ unterwegs zur Hanse Sail

Die Hanse Sail bekommt dieses Jahr Besuch von der „Gorch Fock“. Sie hat in Kiel abgelegt und ist auf dem Weg nach Rostock.

Sail ohne russische Segler

Doch es bleiben nicht wenige Liegeplätze frei: Wegen des Krieges in der Ukraine fehlen die russischen Großsegler „Sedov“, „Kruzenstern“ und „Mir“. Ex-Oberbürgermeister Roland Methling als einer der Väter der Rostocker Hanse Sail hofft, dass auch die Riesen der Meere irgendwann, wenn der Krieg endlich beendet ist, wieder in Rostock anlegen werden. Wichtig für die Hanse-Sail-Organisatoren ist zu sagen: Ausgeladen haben sie keines der russischen Schiffe.

Eldorado für Streckenfunk-Fans

Klar ist, die Rostocker Hanse Sail ist zu einer festen Größe im Törn-Plan der Skipper geworden. Kathrin Fründt ist als sogenannte Streckenfunkerin eine der Stimmen der Hanse Sail und erklärt den flanierenden „Landeiern“ auf der Festmeile was bei einem Traditionssegler zwischen Kielschwein und Kombüse so los ist. Auch Fründt ist zu Gast im Podcast „Ahoi zur Hanse Sail 2022!“. Für Fründt ist es vor allem die Gastfreundschaft mit der die Segler aus Nah und Fern in Rostock aufgenommen werden, die das Besondere der Sail ausmacht. Rund 300 Schiffsbetreuerinnen und -betreuer sind Jahr für Jahr im August entlang der Pier unterwegs: Sie bringen Brötchen oder die Zeitung, helfen, wenn es mal bei einer Reparatur klemmt oder der Käpt´n Zahnschmerzen hat.

Traditionsschiffe: Schön und arbeitsintensiv

Weil die Einbußen in Corona-Zeiten und gestiegene Reparatur- und Dieselpreise auch in den Bordkassen der alten „Ladys“ für Ebbe gesorgt haben, mussten nicht wenige Eigner und Vereine die Hanse Sail in Rostock vom Törn-Plan streichen, begründet Bettina Fust die halbierte Gästeflotte. Was aber nichts daran ändert, dass die Hanse Sail auch in diesem Jahr wieder vom aktiven Mitsegeln und Mitdampfen lebt. Und ganz wichtig: Der Spaß hat einen guten Zweck. Denn der allergrößte Teil der Einnahmen durch die Fahrten geht in Pflege und Sanierung der Traditionsschiffe.