Verbrannte Akten: Finanzminister geht rechtlich gegen „Cicero“ vor

Verbrannte Akten: Finanzminister geht rechtlich gegen „Cicero“ vor

23. März 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 23.03.2023 06:57 Uhr

In einem Online-Artikel hatte das Magazin „Cicero“ Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD) eine „Doppellüge“ vorgeworfen. Der Politiker geht jetzt presserechtlich dagegen vor.

von Frank Breuner, Redaktion Politik und Recherche

Hoch her ging es am Dienstag bei der Sondersitzung des Landtags in Schwerin. Regierung und Opposition warfen sich Worte wie „Verschwörungstheorien“, „Schmutzkampagne“ und „Dreckschleuder“ an den Kopf. Alles drehte sich mal wieder um die umstrittene Klimaschutzstiftung MV und vor allem um deren verschwundene Steuerakten. Nach mehr als drei Stunden Debatte schritt auch Finanzminister Heiko Geue ans Rednerpult des Parlaments. Und fast wäre dabei ein Satz des SPD-Politikers in der aufgeheizten Stimmung untergegangen: Man gehe presserechtlich gegen den „Cicero“ vor. „Was rauskommt, wird das Verfahren zeigen“, so Geue.

„Kamin-Gate“ kommt ins Rollen

Wie inzwischen bekannt ist, hatte eine Finanzbeamtin die Schenkungssteuerakten der Stiftung vor knapp einem Jahr in einem Kamin verbrannt. Warum – das kann niemand so richtig beantworten, aber seitdem bilden diese Akten und die Frage, wer wann davon wusste, dass sie in Glut und Asche endeten, den Brennpunkt der Debatte. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) behauptet, sie habe erst am 22. Februar dieses Jahres aus einem Artikel des Magazins „Cicero“ davon erfahren. Und das, obwohl ihr Finanzministerium schon seit vielen Monaten über die Aktenverbrennung informiert war. Dann legte „Cicero“ am 27. Februar noch einmal nach: mit einem Online-Artikel unter dem Titel „Kamin-Gate – Heiko Geues Doppellüge“.

Das Wort „Lüge“ empört den Finanzminister

Finanzminister Heiko Geue (SPD) will den Vorwurf der Lüge nicht auf sich sitzen lassen. Presserechtlich geht er jetzt gegen „Cicero“ vor, fordert von dem Magazin über seine Anwälte, eine entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung zu unterschreiben. Es soll also Schluss sein mit dem Vorwurf der Lüge. Der Artikel enthalte „Verfälschungen“, so Geue gegenüber dem NDR. Durch im Artikel dargestellte Falschbehauptungen seien das Finanzministerium und auch das zuständige Finanzamt Ribnitz-Damgarten betroffen. „Das Verfahren läuft, mehr kann ich deswegen dazu gar nicht mehr sagen“, fügte der SPD-Politiker hinzu.

Gelassenheit beim „Cicero“

Inzwischen hat der Anwalt von Cicero auf die Forderung nach einer Verpflichtungserklärung reagiert, unterlassen will man aber so gut wie nichts. Das Schreiben liegt dem NDR vor und daraus ergibt sich, dass das Finanzministerium sieben Punkte in dem Artikel kritisiert; unter anderem den Begriff „Doppellüge“, die Aussage „Heiko Geue hat das Schweriner Parlament zwei Mal angelogen“ und den Satz „Vergangene Woche log Geues Ministerium ein zweites Mal, nämlich in Hinsicht auf die erste Lüge“. Der „Cicero“ besteht aber bei diesen Aussagen darauf, dass diese Aussagen belegbar und damit wahr seien. Bei einem Telefonat sagte der Herausgeber und Chefredakteur des Magazins, Alexander Marguier, dem NDR: „Ich sehe das sehr gelassen.“

Streit um Worte und Formulierungen

Im Kern geht es darum, ob das Finanzministerium eine Anfrage des Finanzausschusses des Landtags wahrheitsgemäß beantwortet hat, als ein Parlamentarier Anfang Mai 2022 wissen wollte, ob der Behörde überhaupt etwas zu verschwundenen Akten der Steuerverwaltung bekannt sei. Die Staatssekretärin Carola Voß wird vom „Cicero“ in ihrem Antwortschreiben vom 13. Mai so zitiert: „Dem Finanzministerium liegen keine Informationen diesbezüglich vor.“  Laut Cicero ist diese Aussage falsch, weil das Ministerium und sein Minister nachweislich zu diesem Zeitpunkt mindestens von einem Fall Kenntnis hatten: den verschwundenen Steuerakten der Klimastiftung MV.

Gleicher Vorwurf vom CDU-Abgeordneten Amthor

Der „Cicero“ will bei sechs von sieben Punkten nicht auf die vom Finanzministerium erwartete Unterlassungsverpflichtungserklärung eingehen. Theoretisch könnte Heiko Geue jetzt vor Gericht ziehen, um den medialen Vorwurf der Lüge loszuwerden. Den hat allerdings auch schon jemand anderes erhoben: der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern. In diversen Interviews bezichtigte auch er den Sozialdemokraten Heiko Geue der Lüge – ein unerhörter Vorwurf im politischen Raum. Vor drei Wochen Im Bundestag nannte Amthor ihn unter anderem „Schwesigs lügenden Finanzminister“.