Air Defender 2023: Was die NATO-Übung für den Norden bedeutet

Air Defender 2023: Was die NATO-Übung für den Norden bedeutet

4. April 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 04.04.2023 11:07 Uhr

Es soll nach Angaben der Bundeswehr die größte Luftoperationsübung seit Bestehen der NATO sein. Vom 12. bis 23. Juni 2023 trainieren Tausende Soldaten unter Führung der Luftwaffe in und über Deutschland. Doch was bedeutet das für die Menschen in den betroffenen Regionen?

Laut Bundeswehr werden insgesamt 10.000 Menschen aus 24 Nationen mit mehr als 220 Flugzeugen an der Übung teilnehmen – unter anderem Kampf-, Transport- und Betankungsflugzeuge. Sie sollen die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und deren Streitkräften trainieren, verbessern und ausbauen. Insgesamt sind 20 verschiedene Flugzeugtypen angekündigt, zum Beispiel Eurofighter, F-35-Jets und A-10-Jagdbomber.

 

Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, organisiert die Großübung „Air Defender“.

Allein etwa 100 Flugzeuge kommen aus den USA und werden während der Übung nach Europa verlegt. Das würde nach Angaben der Luftwaffe auch im Bündnisfall zuerst passieren – also dann, wenn ein NATO-Mitgliedsland in Europa angegriffen werden würde. „Air Defender 2023 demonstriert, dass die alliierten Luftstreitkräfte das Bündnisgebiet jederzeit schlagkräftig verteidigen können“, heißt es in einer Mitteilung der Luftwaffe.

Heute informieren die deutsche Luftwaffe und die US Air National Guard in Washington über das Vorhaben. NDR.de zeigt die Pressekonferenz ab etwa 16.30 Uhr im Livestream.

Von wo aus starten die Flugzeuge?

Die Hauptstandorte der Übung sind laut Bundeswehr die Flugplätze Schleswig-Jagel, Hohn (beide Schleswig-Holstein), Wunstorf (Niedersachsen) und Lechfeld (Bayern). In diesen Gebieten müssen Anwohner mit deutlich mehr Starts und Landungen rechnen als normalerweise. Eingebunden sind auch die Standorte Laage (Mecklenburg-Vorpommern), Spangdahlem (Rheinland-Pfalz), Volkel (Niederlande) und Čáslav (Tschechien). „Die Bundeswehr ist bestrebt, die Belastungen für die Bevölkerung und den zivilen Luftverkehr so gering wie möglich zu halten“, heißt es in einem Schreiben an die Luftsportverbände. „Gänzlich wird sich dies aber nicht vermeiden lassen.“

Wo finden die Manöver statt?

Es gibt drei Übungslufträume über Deutschland: Das Übungsgebiet Nord erstreckt sich über Teile von Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen. Eingeschlossen sind auch die Lufträume über der Kieler Bucht in der Ostsee und über der Nordsee. Das Übungsgebiet Ost reicht von der Ostsee über weite Teile von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen. Das Übungsgebiet Süd liegt über Schwaben in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. „Um den Flugbetrieb möglichst gleichmäßig zu verteilen, haben wir die Übung auf Übungslufträume in Nord-, Nordost- und Südwestdeutschland aufgeteilt. Insbesondere die Nutzung von Nord- und Ostseegebieten entlastet die Übungslufträume über bewohnten Gebieten“, heißt es von der Bundeswehr.

Wann wird geübt?

Es soll über Deutschland drei große Übungen pro Tag geben – mit jeweils 40 bis 80 beteiligten Flugzeugen. Im Übungsgebiet Nord wird nach einer Mitteilung der Bundeswehr nachmittags geübt, im Übungsgebiet Ost vormittags und im Übungsgebiet Süd mittags. Nachts und am Wochenende ist laut Bundeswehr kein Übungsflugbetrieb geplant. Das heißt aber nicht, dass es in diesen Zeiträumen ruhig sein wird. Der reguläre Flugbetrieb – abseits der Übungen – geht weiter.

Was wird bei den Manövern gemacht?

Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Die Luftwaffe teilt dazu mit: „Air Defender 2023 soll als forderndes Übungsszenario mit Luftkriegsoperationen für befreundete und verbündete Luftstreitkräfte dienen.“ Ziel werde es sein, die Zusammenarbeit zwischen den Nationen und deren Streitkräften zu optimieren und zu auszubauen. „Dabei entspringt dieses Vorhaben einer reinen verteidigenden Trainingsabsicht. Die Reaktionsfähigkeit und die gemeinsame Stärke in der Luft sollen trainiert und demonstriert werden“, heißt es von der Luftwaffe.

Was bedeutet das für Flugreisende?

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) erwartet „große Auswirkungen auf die zivile Luftfahrt“. Da für das Militär große Lufträume reserviert werden, steht dem zivilen Flugverkehr weniger Raum zur Verfügung. „Um den Verkehr im verbleibenden Luftraum sicher führen zu können, werden sogenannte Steuerungsmaßnahmen notwendig sein. Unsere zivilen Kunden müssen also mit verlängerten Flugwegen und voraussichtlich erheblichem Delay rechnen“, sagte eine DFS-Sprecherin dem NDR. An einer detaillierten Ausarbeitung der Verkehrsprognosen werde aktuell noch gearbeitet. Die Fluggesellschaften können derzeit noch nicht sagen, was das konkret für einzelne Flüge bedeutet. „Um die Beeinträchtigungen für Passagiere und die Unternehmen so gering wie möglich zu halten, benötigen die Fluggesellschaften und Flughäfen von der Bundesregierung und von der Deutschen Flugsicherung sehr genaue Informationen, wann welche Luftraumblöcke gesperrt werden und wie dann die Flugführung organisiert werden soll“, schreibt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft auf Anfrage des NDR. „Beeinträchtigungen des zivilen Luftverkehrs werden wohl nicht vermieden werden können, aber es sollen die Auswirkungen der militärischen Übung auf den ohnehin hoch belasteten deutschen Luftraum reduziert werden.“

Dürfen Drohnen und Modelle gestartet werden?

Laut Bundeswehr sind in den Übungsgebieten mit Ausnahme der an der Übung beteiligten Luftfahrzeuge alle Flüge untersagt – einschließlich des Betriebs von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen. Von den Flugbeschränkungen ausgenommen sind Flugzeuge des Bundes und der Polizei, Rettungshubschrauber, Ambulanzflüge und Flüge nach Instrumentenflugregeln nach vorheriger Genehmigung durch die zuständige Flugverkehrskontrollstelle.