Corona-Krisengipfel – Das ist der Entwurf, um den Merkel und die Länder-Chefs jetzt streiten

5. Januar 2021 Aus Von mvp-web
16:02:58
Längerer Lockdown, Bewegungsradius und Kontaktbeschränkungen: Bundeskanzlerin Angela Merkel bespricht sich an diesem Dienstagnachmittag mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer zu neuen Maßnahmen in der ausufernden Corona-Krise.

Es könnte ein langer Abend werden: Seit 14 Uhr besprechen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der 16 Länder zu neuen Maßnahmen in der Corona-Krise. Dass noch große Uneinigkeit besteht, zeigt allein schon die Tatsache, dass der Gipfel mit mehrstündiger Verspätung begann.

Denn: Vor Gipfeln dieser Art arbeiten die Länder mit dem Kanzleramt immer erst eine sogenannte Beschlussvorlage aus, ein Papier mit mehreren Maßnahmen, die dann in der Runde diskutiert werden. Bevor sich Bund und Länder über konkrete Maßnahmen streiten, diskutieren sie erstmal darüber, welche Maßnahmen debattiert werden sollen.

FOCUS Online liegt die Beschlussvorlage von 13.50 Uhr vor, also von zehn Minuten vor dem offiziellen Start. Und die dort angedachten Maßnahmen haben es in sich. Wichtig: Mit ihrer Aufnahme in die Beschlussvorlage sind die Maßnahmen noch nicht beschlossene Sache. Aber sie demonstrieren, in welche Richtung es gehen soll. FOCUS Online zeigt die elf Punkte, um die Bund und Länder jetzt debattieren.

1. Die bislang bestehenden Einschränkungen bleiben gültig und werden bis 31. Januar verlängert. Dieser Punkt ist nach Informationen aus Teilnehmerkreisen bereits beschlossene Sache. Das bedeutet: Schulen und große Teile des Einzelhandels bleiben weiter geschlossen. Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten bitten die Bürgerinnen und Bürger dringend, „auch in den nächsten drei Wochen alle Kontakte auf das absolut notwendige Minimum zu beschränken und soweit möglich zu Hause zu bleiben“, heißt es in dem Papier.

2. Private Zusammenkünfte werden nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes gestattet.

3. Für Landkreise mit einer 7-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort eingeschränkt. Auch auf diesen Punkt sollen sich Bund und Länder nach Medienberichten schon geeinigt haben. „Einkaufen, Reisen und tagestouristische Ausflüge stellen explizit keinen triftigen Grund dar“, heißt es.

4. Für Alten- und Pflegeheime sind besondere Schutzmaßnahmen zu treffen. Noch immer sind die Heime von der Pandemie besonders betroffen, die Todesraten sind erschreckend hoch. Bis die Impfungen innerhalb der Risikogruppen abgeschlossen sind, sollen Bund und Länder bei der Durchführung von Schnelltests unterstützen. Die waren bereits im Dezember verpflichtend beschlossen worden, scheiterten aber oft an Personalmangel und logistischen Hürden.

5. Das Robert-Koch-Institut prüft sorgfältig die Berichte über neue Mutationen mit veränderten Eigenschaften des Virus, etwa in Hinblick auf eine erhöhte Ansteckungsgefahr oder Schwere des Verlaufs in verschiedenen Altersgruppen. Das Gesundheitsministerium und die Länder sollen sicherstellen, dass der gefährliche neue Virusstrang aus Großbritannien in Deutschland stärker nachverfolgt werden kann. Die Bundespolizei soll sich verpflichten, bei Einreisen aus stark betroffenen Gebieten noch stringenter zu kontrollieren.

6. Der Bund wird den Ländern verlässliche Informationen übermitteln, wann sie mit neuen Lieferungen des Impfstoffes rechnen können. Bis Ende Januar sollen alle Bewohner von Pflegeheimen geimpft werden können. Der Beschluss hält hier noch einmal fest, was ohnehin beschlossene Sache ist. Was Merkel und den Ländern aber auch wichtig ist zu betonen: „In den bisherigen Beschlüssen der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder wurde von einem Impfbeginn in 2021 ausgegangen. Nunmehr war es aufgrund einer frühen Zulassung des Impfstoffes von BioNTech / Pfizer und Bereitstellung der Infrastruktur durch die Länder möglich, bereits am 27. Dezember 2020 in allen Ländern mit dem Impfen zu beginnen.“

7. Der Betrieb von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen hat höchste Bedeutung für den die Bildung der Kinder und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Eltern. Zwar gilt der verlängerte Lockdown bis Ende Januar auch für Schulen und Kitas, jedoch verpflichten sich die Teilnehmer in diesem Punkt, an einer schnellstmöglichen Öffnung dieser Einrichtungen zu arbeiten. „Bund und Länder sind sich darüber einig, dass Schulen bei Lockerungen der beschlossenen Maßnahmen von Anfang an dabei sein müssen“, heißt es in dem Papier. Ein von den Kultusministerinnen und -Ministern vorgelegter Stufenplan soll den Weg aufzeigen. Dieser sieht – bei einer Verbesserung der Lage – Wechselunterricht für die Jahrgänge 1 bis 6 ab Februar vor.

8. Angesichts der SARS-CoV2-Pandemie kann der bestehende Anspruch in manchen Fällen nicht ausreichen. Deshalb wird der Bund gesetzlich regeln, dass das Kinderkrankengeld im Jahr 2021 für 10 zusätzliche Tage pro Elternteil (20 zusätzliche Tage für Alleinerziehende) gewährt wird. Der Anspruch soll auch für die Fälle gelten, in denen eine Betreuung des Kindes zu Hause erforderlich wird, weil die Schulklasse oder der Kindergarten pandemiebedingt geschlossen ist oder die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt wurde.

9. Die Beschränkungsmaßnahmen wurden in allen Bereichen durch umfangreiche finanzielle Hilfsprogramme des Bundes und der Länder begleitet. Laut Papier soll der Rest der für den November vorgesehen Hilfen spätestens ab dem 10. Januar fließen, also diesen Sonntag. eine Milliarde Euro an Novemberhilfe durch den Bund an Betroffene ausgezahlt. Auch Hilfen für den Januar sollen schnellstmöglich ausgezahlt werden.

10. Für Einreisen aus Risikogebieten nach Deutschland soll zukünftig grundsätzlich neben der bestehenden zehntägigen Quarantänepflicht, die vorzeitig beendet werden kann, sobald ein negatives Testergebnis eines frühestens am fünften Tag der Quarantäne erhobenen Coronatests vorliegt, zusätzlich ein Testpflicht bei Einreise eingeführt werden. Der Bund nennt das die „Zwei-Test-Strategie“: Auch wer sich freiwillig in Quarantäne begibt, muss sich zuvor testen lassen. Die Quarantäne kann wie bislang durch einen Negativtest ab dem fünften Tag aufgehoben werden. „Bund und Länder weisen noch einmal eindrücklich darauf hin, dass Reisen in Risikogebiete ohne triftigen Grund unbedingt zu vermeiden sind“, heißt es außerdem weiter in dem Papier.

11. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder werden im Lichte der weiteren Infektionsentwicklung am 2[X]. Januar 2021 erneut beraten und über die Maßnahmen ab 1. Februar 2021 beschließen. Heißt: Ende Januar wollen sich Merkel und die Ministerpräsidenten noch einmal treffen, der genaue Termin steht noch nicht fest. Dann soll geprüft werden, welchen Erfolg die Maßnahmen gebracht haben und ob es Lockerungen geben kann – oder Verschärfungen.