Krieg Tag 529 Mo 07.08.2023 ++ China: Wollen unparteiische Position zur Ukraine beibehalten ++
7. August 2023Die Bundesregierung verbessert die Garantiekonditionen für deutsche Investitionen in der Ukraine. In Cherson sind laut Kiew eine Frau getötet und mindestens zwölf Menschen verletzt worden.
- Ukraine meldet Festnahme von russischer Informantin
- Bund verbessert Garantien für deutsche Ukraine-Investitionen
- Ukraine meldet Tote nach Beschuss von Cherson und Charkiw
- London: Russische Luftwaffe mit viel Aufwand und wenig Ertrag
- Wohl Drohne über russischem Kaluga abgeschossen
18:04 Uhr
Russlands Justiz verurteilt Autor Glukhovsky in Abwesenheit zu Haft
Der im Exil lebende russische Autor Dmitry Glukhovsky ist in seiner Heimat in Abwesenheit zu acht Jahren Straflager verurteilt worden. Ein Moskauer Gericht befand den 44-Jährigen, der vor allem für seinen Roman „Metro 2033“ bekannt ist, der angeblichen Verbreitung von „Falschnachrichten“ über Russlands Armee für schuldig, wie die Agentur Interfax meldete.
Glukhovsky, der bereits seit Jahren die autoritäre Politik von Kremlchef Wladimir Putin anprangert, hatte in sozialen Netzwerken den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Eine Rückkehr nach Russland ist für den Science-Fiction-Autor, der im vergangenen Jahr das Buch „Geschichten aus der Heimat“ herausbrachte und der im Exil in Spanien lebt, damit in absehbarer Zeit quasi ausgeschlossen. Er war bereits zuvor in seiner Heimat vom Machtapparat als „ausländischer Agent“ gebrandmarkt worden. Seit Kriegsbeginn haben die Repressionen gegen Oppositionelle und Andersdenkende in Russland stark zugenommen.
China: Wollen unparteiische Position zur Ukraine beibehalten
In seinem Bemühen um eine politische Lösung des Kriegs will China nach eigenen Angaben seine unabhängige und unparteiische Position zur Ukraine beibehalten. Das teilte Chinas Außenminister Wang Yi laut einer Erklärung des Außenministeriums seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in einem Telefonat mit. China werde in allen internationalen multilateralen Foren eine objektive und rationale Stimme sein und Friedensgespräche aktiv fördern.
Zuvor hatte das Ministerium mitgeteilt, dass die internationalen Gespräche in Saudi-Arabien am Wochenende über eine friedliche Lösung der Ukraine-Krise dazu beigetragen hätten, den internationalen Konsens zu festigen.
China will seine unabhängige und unparteiische Position beibehalten, sagte Außenminister Wang Yi.
16:20 Uhr
Japan appelliert an den Iran, keine Waffen zu liefern
Japan hat den Iran aufgerufen, Russland keine Waffen für den Krieg gegen die Ukraine bereitzustellen. Bei einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen Hussein Amirabdollahian in Tokio forderte Außenminister Yoshimasa Hayashi den Iran auf, „konstruktiv“ in Bezug auf Russlands Krieg zu handeln, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtet. Der Westen verdächtigt den Iran, Moskau Drohnen für den Krieg zu liefern.
Russland erklärt Gespräche in Saudi-Arabien für sinnlos
Russland hat die Ukraine-Konferenz in Saudi-Arabien für bedeutungslos erklärt, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Das russische Außenministerium teilte mit, ohne die Teilnahme Russlands und ohne die Berücksichtigung russischer Interessen habe das Treffen in Saudi-Arabien nicht den geringsten Mehrwert. Das Ministerium bekräftigte, Russland sei offen für eine diplomatische Lösung zu seinen Bedingungen, um den Konflikt zu beenden. Man sei auch bereit, auf ernsthafte Vorschläge zu reagieren.
Ranghohe Vertreter aus rund 40 Ländern kamen am Sonntag in Dschidda zu einem zweitägigen Treffen zusammen, um sich auf die wichtigsten Grundsätze für ein Ende des seit mehr als 17 Monaten andauernden Konflikts zu einigen. China nahm an den Gesprächen teil, Russland war jedoch nicht eingeladen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak bekräftigte heute die Forderungen seines Landes. Die russischen Streitkräfte müssten sich vollständig aus den besetzten Gebieten zurückziehen, schrieb er beim Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter. In dieser Hinsicht werde es keinen Kompromiss geben.
Diskussion um Taurus-Marschflugkörper
Es könnte bald Bewegung in die Diskussion um Taurus-Marschflugkörper kommen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Demnach sollen wichtige parlamentarische Fraktionen in Deutschland „einen Konsens über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine“ erzielt haben, sagte der Abgeordnete Yehor Chernev, der die ukrainische Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der NATO leitet. Eine offizielle Entscheidung stehe jedoch noch aus.
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte allerdings kürzlich gesagt, dass Berlin vorerst nicht vorhabe, die Marschflugkörper zu liefern. Außerdem betonte ein Ministeriumssprecher Reuters gegenüber, dass sich die Position Berlins nicht geändert habe.
Russland meldet Geländegewinne im Nordosten der Ukraine
Russland hat nach eigenen Angaben entlang der Front bei Kupjansk im Nordosten der Ukraine Geländegewinne verbuchen können. In den „vergangenen drei Tagen“ seien russische Soldaten auf einer Länge von elf Kilometern „drei Kilometer tief in die Verteidigung des Feindes“ eingedrungen, erklärte das Verteidigungsministerium, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete.
Die ukrainischen Streitkräfte hatten das Gebiet um die Stadt Kupjansk in der Region Charkiw im vergangenen September von Russland zurückerobert. Russland intensiviert seit einigen Wochen seine Angriffe in der Gegend aufs Neue.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Ukraine meldet Festnahme von russischer Informantin
Ukrainische Sicherheitsbehörden haben eine Frau wegen des Verdachts festgenommen, Russland bei einem geplanten Attentat auf den ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, unterstützt zu haben. Das berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
Wie der ukrainische Geheimdienst SBU demnach mitteilte, hatte die Frau für russische Geheimdienste relevante Erkenntnisse über einen Besuch Selenskyjs in der südukrainischen Region Mykolajiw gesammelt. Die Frau soll Russland dabei geholfen haben, einen „schweren Luftangriff auf die Region Mykolajiw vorzubereiten“.
Die in der Kleinstadt Otschakiw am Schwarzen Meer lebende Frau arbeitete dem SBU zufolge im Lager eines ukrainischen Militärstützpunkts. Sie soll versucht haben, den Zeitplan und den geplanten Ablauf von Selenskyjs Besuch in der Region in Erfahrung zu bringen. Zudem habe sie versucht, Informationen über den Standort ukrainischer Systeme der elektronischen Kriegsführung und Munitionslager zu erhalten.
Polnischer Grenzschutz fordert weitere Soldaten
Der polnische Grenzschutz hat das Verteidigungsministerium gebeten, weitere 1.000 Soldaten an die Grenze zu Belarus zu entsenden, sagte der stellvertretende Innenminister, Maciej Wasik. Man reagiere damit auf zunehmende Versuche, die Grenze illegal zu überqueren.
Allein in diesem Jahr versuchten nach Angaben vom Chef des Grenzschutzes, Tomasz Praga, 19.000 Menschen, die polnisch-belarusische Grenze illegal zu überqueren – gegenüber 16.000 im gesamten Vorjahr.
12:38 Uhr
Kiew: Auch Tote in Charkiw
Bei neuem russischen Beschuss im Gebiet Charkiw und in der südukrainischen Stadt Cherson sind nach Angaben aus Kiew mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Zwei Menschen seien in dem Dorf Kutscheriwka im Kreis Kupjansk des ostukrainischen Gebiets Charkiw getötet, drei weitere verletzt worden, teilte der Leiter des Präsidialamtes, Andrij Jermak, am Montag in Kiew mit. Zuvor hatte er von einer Toten und Verletzten in Cherson berichtet.
China: Gespräche in Dschidda helfen bei „Festigung des Konsenses“
Die internationalen Gespräche in Saudi-Arabien über eine friedliche Lösung der Ukraine-Krise tragen nach chinesischer Einschätzung dazu bei, den „internationalen Konsens zu stärken“. Mehr als 40 Länder, darunter China, Indien, die USA und europäische Länder, nahmen an den Gesprächen in Dschidda teil, die gestern endeten. Russland war nicht dabei.
11:57 Uhr
Ukraine erhält 22 Soldaten aus russischer Gefangenschaft zurück
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben weitere 22 Soldaten aus russischer Gefangenschaft zurückerhalten. Unter den Freigelassenen seien auch Verwundete, die Männer hätten zuvor an verschiedenen Abschnitten der Front gekämpft, teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in seinem Blog im Nachrichtenkanal Telegram mit. „Der älteste unserer Soldaten ist 54 Jahre alt, der jüngste 23“, sagte Jermak, der auch Bilder und ein Video mit den Männern veröffentlichte. Sie würden nun psychologische und medizinische Hilfe erhalten. Russland und die Ukraine hatten in ihrem seit mehr als 17 Monaten dauernden Krieg immer wieder Gefangene ausgetauscht. Von russischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme.
Bund verbessert Garantien für deutsche Ukraine-Investitionen
Die Bundesregierung verbessert die Garantiekonditionen für deutsche Investitionen in der Ukraine. Konkret werden ab sofort nicht nur Eigentumsschäden bis zum vollständigen Verlust des Investments gedeckt, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt. Auch sogenannte Konvertierungs- und Transferrisiken für Zinszahlungen auf beteiligungsähnliche Darlehen würden jetzt abgesichert. Dabei handelt es sich um langfristige Kredite, die deutsche Unternehmen häufig – neben der üblichen Eigenkapitalbeteiligung – zur Finanzierung ukrainischer Töchter einsetzen. Je enger die wirtschaftlichen Beziehungen zur Ukraine seien, desto früher könne mit dem Wiederaufbau des Landes begonnen werden, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Noch während des Krieges wollen wir daher die Voraussetzungen schaffen und Kapazitäten aufbauen. Gleichzeitig ist es ein Signal der Zuversicht und der Solidarität.
US-Institut: Schläge gegen Krimbrücken erschweren russische Logistik
Nach dem ukrainischen Beschuss russisch kontrollierter Brücken zwischen der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und dem Gebiet Cherson sehen US-Experten Moskaus Militärtransporte in der Region erschwert. Die russischen Besatzungstruppen seien nun gezwungen, ihren Verkehr wegen der Schäden an den Autobrücken von Tschonhar und Henitschesk über die längeren Wege im Westen der Krim umzuleiten, teilte das US-Institut für Kriegsstudien ISW in Washington mit. Die Schläge gegen die wichtigen Verkehrslinien schafften die Bedingungen für künftige entscheidende Einsätze der laufenden ukrainischen Gegenoffensive, hieß es.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Ukraine: Eine Tote und Verletzte nach Beschuss von Cherson
In der südukrainischen Stadt Cherson sind nach Angaben aus Kiew bei russischem Beschuss eine Frau getötet und mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, veröffentlichte ein Foto eines in Flammen stehenden Hauses. In dem neungeschossigen Wohnhaus sei eine Frau getötet worden, zwei Feuerwehrmänner hätten einen Hitzschlag erlitten, teilte er mit. Von einer schweren Nacht für Cherson sprach der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin. Die russische Armee habe die Häuser im Zentrum von Cherson unter Feuer genommen. Mehrere Bürger seien verletzt worden.
Die Ukraine hatte Cherson und Teile der gleichnamigen Region im November zurückerobert. Russische Truppen nehmen die Stadt und umliegende Gebiete aber weiterhin regelmäßig von der anderen Seite des Flusses Dnipro, an dem Cherson liegt, unter Beschuss.
London: Russische Luftwaffe mit viel Aufwand und wenig Ertrag
Die russische Luftwaffe erzielt nach britischer Einschätzung im Angriffskrieg gegen die Ukraine trotz großen Aufwands nur geringe Erfolge. Während des Sommers habe die Luftwaffe mehr als 100 Einsätze pro Tag geflogen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Diese beschränkten sich jedoch aufgrund der Bedrohung durch die ukrainische Luftabwehr fast immer auf Einsätze über russisch kontrolliertem Gebiet, hieß es weiter.
Russland versuche, dieses Problem zu lösen, indem zunehmend sogenannte Freifallbomben mit Gleitaufsätzen zur Verlängerung der Reichweite eingesetzt würden. Diese Bomben könnten viele Kilometer vom Ziel entfernt von Flugzeugen abgeworfen werden, aber hätten noch nicht dauerhaft ihre Genauigkeit bewiesen, hieß es in London weiter.
„Zu Beginn der Gegenoffensive der Ukraine im Süden ab Juni 2023 waren russische Kampfhubschrauber sehr wirksam“, kommentierte das britische Ministerium weiter. Doch habe es Russland zuletzt offenbar nicht geschafft, im Süden eine effektive taktische Luftwaffe aufzubauen.
Wohl Drohne über russischer Oblast Kaluga abgeschossen
Die russische Luftabwehr hat nach offiziellen Angaben eine Drohne über der russischen Oblast Kaluga abgeschossen. Der Vorfall habe sich im Bezirk Fersikowskji ereignet, teilt der Gouverneur der Oblast, Wladislaw Schapscha, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Demnach hat es keine Folgen für Menschen oder die Infrastruktur gegeben.
Die Oblast Kaluga grenzt im Norden an die Oblast Moskau, die die gleichnamige russische Hauptstadt umgibt; eine Grenze mit der Ukraine teilt Kaluga nicht. Es ist unklar, wer die Drohne gestartet hat. Eine Stellungnahme der Ukraine gibt es bislang nicht, sie bekennt sich fast nie öffentlich zu Angriffen auf russisches oder von russischen Truppen kontrolliertes Territorium. Die russischen Behörden machen jedoch die Regierung in Kiew für die in diesem Jahr gestiegene Zahl von Drohnenangriffen innerhalb Russlands verantwortlich.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.