“Ein Schlag ins Gesicht für Familien”Kontaktsperre für Millionen Familien? Länder wollen Kinder-Ausnahme streichen – harte Kritik

7. Januar 2021 Aus Von mvp-web
18:46:40
Bisher galten die Kontaktbeschränkungen in der zweiten Welle nicht für Kinder unter 14 Jahren. Diese Ausnahme soll nun wegfallen. Es wäre eine fast totale Kontaktsperre für Millionen Familien. Das sorgt für heftige Kritik.

Am Dienstag hatten Bund und Länder eine massive Verschärfung der Kontaktbeschränkungen beschlossen. Private Treffen sollen ab Montag nur noch mit einer Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört, möglich sein. Neu ist zudem: Kinder unter 14 Jahren – zuvor von den Einschränkungen ausgenommen – fallen jetzt nicht mehr unter eine Ausnahmeregelung.

Heißt: Ein kleines Kind kann kein anderes Kind mehr zum Spielen treffen, weil Mutter oder Vater nicht mitkommen könnten. Zwei Mütter (oder zwei Väter oder eine Mutter und ein Vater) könnten sich nicht mehr mit Kindern treffen. Und viele Eltern, die auf Kinderbetreuung durch Verwandte, Nachbarn oder Freunde angewiesen sind, müssten wieder alleine klar kommen.

Bleibt diese Regel bestehen, so wäre dies de facto eine Kontaktsperre für Millionen Familien – und vor allem für die Kinder. In Zeiten geschlossener Schulen und Kitas. Es wäre eine Rückkehr in die Zeit des ersten Lockdowns. Insbesondere der Wegfall der Ausnahmeregelung für Unter-14-Jährige sorgt folglich für Kritik.

“Kann für unsere Kleinen nur hoffen, dass die Ausnahme bleibt”

“Ich kann nur für unsere Kleinen hoffen, dass die Ausnahme bleibt”, sagte Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Kinder bräuchten für ihre Entwicklung Gleichaltrige, um sich zu messen und zu spielen. Auch für die Eltern bedeute eine Verschärfung in diesem Punkt eine “Katastrophe”. Viele seien bei der Betreuung von Kindern auf die Hilfe von Familie oder Nachbarn angewiesen. Das aber werde durch die geplante Maßnahme teilweise unmöglich gemacht.

Ob und wie die Regel in den Bundesländern umgesetzt wird, ist Entscheidung der Länder. Die baden-württembergische CDU hatte etwa Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschrieben. Generalsekretär Manuel Hagel und drei Landtagsabgeordnete appellierten am Donnerstag in Stuttgart in einem Brief an Kretschmann, die neue Kontaktbeschränkung “nicht auf Kinder unter 14 Jahren, zumindest aber nicht auf Kinder unter zehn Jahren auszudehnen”. Alles andere wäre ein “Schlag in das Gesicht der Familien im Land”.

Hagel sowie die Abgeordneten Christine Neumann-Martin (Sprecherin für Gesundheit), Stefan Teufel (Sprecher für Soziales) und Klaus Burger (Sprecher für Familienpolitik) geht das jedoch nicht weit genug. Sie schreiben dazu: “Denn selbst der Besuch und der Aufenthalt bei der besten Freundin oder dem besten Freund zum gemeinsamen Lernen dürfte demnach nur alleine stattfinden.” Viele Alleinerziehende, Eltern und Selbstständige mit Kindern stünden “vor einer unlösbaren Aufgabe”.

Malu Dreyer will Ausnahme für Unter-6-Jährige

Eine Ausnahme hatte bereits die rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Malu Dreyer (SPD) angekündigt. Dreyer sprach sich dafür aus, Kinder bis einschließlich sechs Jahren von der Verschärfung der Kontaktbeschränkungen auszunehmen. Sie wolle eine Lösung, “die Kontakte weiter reduziert und lebensnah” ist, sagte Dreyer der Deutschen Presse-Agentur.

Im Grundsatz hält aber auch Dreyer die Verschärfung für richtig: “Das kennen die Menschen aus der Zeit des ersten Shutdowns im Frühjahr. Sie werde dem Ministerrat allerdings Ausnahmen vorschlagen. “Kinder bis sechs Jahre sollten davon ausgenommen sein, ebenso soll es Ausnahmen bei zwingenden Gründen für Kinderbetreuung oder die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen geben”, so Dreyer.

Freiburg: Oberbürgermeister fordert Ausnahme für kleine Kinder

Auch Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) forderte eine Ausnahme für kleine Kinder. “Konkret kann die neue Kontakt-Regelung für kleine Kinder ein faktisch komplettes Kontaktverbot mit Gleichaltrigen bedeuten”, schrieb Horn am Donnerstag auf Facebook.

Ein dreijähriges Kind etwa, das derzeit keine Kita besuchen dürfe, könne laut den vorgesehenen Regeln kein anderes Kind nach Hause einladen – denn dieses müsste ja in Begleitung eines Elternteils kommen. Die Landesregierung solle die Kontaktbeschränkungen so festlegen, dass zumindest kleinere Kinder und Babys nicht mitgezählt würden. Das sei auch für Alleinerziehende wichtig.