MV-Trend: AfD überholt SPD und wird stärkste politische Kraft
19. September 2023Die politische Stimmung in Mecklenburg-Vorpommern hat sich komplett gedreht. Laut einer repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des NDR ist die AfD erstmals stärkste Kraft im Nordosten. Die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig liegt abgeschlagen auf Platz 2.
Es ist ein politischer Paukenschlag nach der Sommerpause und er fällt noch lauter aus, als von vielen erwartet oder befürchtet. Wie in anderen ostdeutschen Bundesländern erobert die AfD auch in Mecklenburg-Vorpommern die Spitzenposition im Parteienranking. Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre, würden laut Umfrage 32 Prozent ihr Kreuz bei der „Alternative“ machen. Die Partei, die in Teilen als rechtsextrem gilt, würde damit ihr Ergebnis der Landtagswahl vom September 2021 fast verdoppeln. Sie kam vor zwei Jahren auf 16,7 Prozent.
Vor Regierungsjubiläum: Tiefschlag für die Landes-SPD
Fast umgekehrt sieht es bei den Sozialdemokraten aus. Die lange erfolgsverwöhnte Partei von Ministerpräsidentin Schwesig erreicht nur noch 23 Prozent – das sind gut 16 Punkte weniger als bei der Wahl 2021. Die Talfahrt der SPD setzt sich damit fort. Bei der vergangenen Umfrage im Auftrag des NDR lag die Partei mit 28 Prozent noch knapp vor der AfD. Kurz vor dem anstehenden 25-jährigen Regierungsjubiläum – die SPD stellt seit 1998 ununterbrochen den Regierungschef – muss die Partei diesen Tiefschlag verkraften.
CDU gewinnt leicht dazu, weiterhin auf Platz 3
Leicht verbessert schneidet die CDU ab. Sie erreicht 18 Prozent und holt damit fast fünf Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl. Den Christdemokraten, die lange stolz darauf waren, die politische Heimat von Ex-Kanzlerin Angela Merkel zu sein, bleibt aber weiterhin nur Platz 3. Auf ein einstelliges Maß schrumpft die Linkspartei. Mit nur noch 8 Prozent gerät für den Koalitionspartner der SPD die Sperrklausel in Sichtweite. Bei der Wahl 2021 holte Die Linke noch knapp 10 Prozent.
Grüne stabil unter Bundesniveau, FDP müsste zittern
Die oppositionellen Grünen stabilisieren sich, allerdings deutlich unter ihrem bundesdeutschen Niveau. Sie erreichen laut NDR Umfrage 8 Prozent, das sind knapp zwei Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl. Anders sieht es dagegen für die FDP aus. Laut Umfrage erreichen die Liberalen nur noch 3 Prozent und damit rund 3 Punkte weniger als bei der Wahl 2021. Der FDP droht damit – wie schon 2011 – nach nur einer Legislaturperiode der Rauswurf aus dem Landtag.
Rot-rote Koalition ohne Mehrheit im Landtag
Den Ergebnissen des MV-Trends zufolge wären die derzeit regierenden Partner SPD und Linke in einem Fünf-Parteien-Landtag von einer Mehrheit weit entfernt. Auch die Zufriedenheit mit Rot-Rot ist weiter gesunken: Nur noch 34 Prozent der Wähler und Wählerinnen sind mit der Arbeit der Koalition zufrieden. Im bundesweiten Vergleich landet das Kabinett Schwesig damit auf den hinteren Plätzen. Laut Umfrage gäbe es eine Mehrheit nur noch mit einem Dreier-Bündnis aus SPD/CDU/Grünen oder SPD/CDU/Linken. Die AfD hätte damit weiterhin keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung, weil bisher alle Landtagsparteien ein Bündnis mit ihr ausschließen.
Trotz SPD-Tief: Zufriedenheit mit Ministerpräsidentin Schwesig stabil
Auch wenn die SPD weiter verliert – die Zufriedenheitswerte von Ministerpräsidentin Schwesig bleiben stabil. Weiterhin ist eine kleine Mehrheit (48 Prozent) mit ihrer Arbeit nicht zufrieden, fast genauso viele (47 Prozent) stellen ihr dagegen ein gutes Zeugnis aus. Schwesig bleibt damit mit Abstand die beliebteste Landespolitikerin. Auffällig ist, dass der AfD-Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer trotz des Umfrageerfolgs seiner Partei weiterhin schlechte Noten bekommt. Nur knapp jeder Dritte kennt ihn, 21 Prozent sind unzufrieden mit ihm und nur 9 Prozent finden seine Arbeit gut.
Größte Herausforderung in MV: Zuwanderung und Flucht
Die Umfrage macht auch klar: Weniger als ein Jahr vor der Kommunalwahl im Land trauen die Wählerinnen und Wähler den Parteien immer weniger zu, die Probleme in den Griff zu bekommen. 25 Prozent meinen, die SPD könnte die wichtigsten Aufgaben am ehesten meistern. Das ist zwar weiterhin ein Spitzenwert, der ist aber im Vergleich zur Landtagswahl um 19 Prozentpunkte geschrumpft. Die AfD liegt beim Thema „Problemlösung“ mit 18 Prozent auf Platz 2, gefolgt von der CDU, der 14 Prozent zutrauen, die wichtigsten Aufgaben in den Griff zu bekommen.
Die Bürger und Bürgerinnen haben vor allem eines im Blick: die Probleme im Zusammenhang mit „Zuwanderung/Flucht“. Für 30 Prozent ist das die größte Aufgabe, die die Politik lösen müsse – 23 Punkte mehr als noch vor zwei Jahren. Das Thema „Bildung“ rangiert mit 21 Prozent auf Platz 2, gefolgt von den Fragen der Energiewende und der Arbeitslosigkeit, die jeweils für 14 Prozent die wichtigsten Fragen sind.
Nach Sommerpause: Erste Landtagssitzung mit Aktueller Stunde zu „Asylpolitik“
Wenn der Schweriner Landtag an diesem Mittwoch zu seiner ersten turnusmäßigen Sitzung nach der Sommerpause zusammenkommt, greift der „Umfragen-Sieger“ – die AfD – die aktuelle Stimmung auf. Das Parlament startet mit einer aktuellen Stunde, deren Thema die Rechtspopulisten bestimmen konnten: „Asylpolitik in der Sackgasse – Bürgerwillen ernst nehmen“ hat die AfD-Fraktion den Tagesordnungspunkt betitelt. Innenminister Christian Pegel (SPD) hat sich bisher nicht in die Redner-Liste eintragen lassen.
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