Krieg Tag 574 Do 21.09.2023 ++ Getreideschiff aus der Ukraine erreicht Istanbul ++
21. September 2023Die Slowakei hat die Beendigung des Importverbots für Getreide aus der Ukraine angekündigt. Warschau erklärt, künftig nur noch Waffen zu liefern, deren Lieferung bislang beschlossen wurde.
- Warschau: Nur noch „zuvor beschlossene“ Waffenlieferungen
- Ukraine: Angriff auf russischen Luftwaffenstützpunkt auf Krim
- „Weltbürger-Preis“ für Scholz und Selenskyj
13:55 Uhr
Selenskyj zu Gesprächen in Washington eingetroffen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu Gesprächen über weitere US-amerikanische Waffenlieferungen in Washington eingetroffen. „Luftverteidigung für die Ukraine ist unter den Top-Themen“, erklärte er. Unter anderem ist ein Treffen mit US-Präsident Joe Biden angesetzt. Es ist der zweite Besuch Selenskyjs in den USA seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges.
Slowakei und Ukraine lösen Streit um Getreideimporte
Die Slowakei kündigte die Beendigung des Importverbots für Getreide aus der Ukraine an. Das Landwirtschaftsministerium teilte mit, man habe sich mit der Ukraine auf ein Lizenzsystem geeinigt. Sobald dieses stehe, werde der Importstopp aufgehoben. Die Ukraine ziehe dafür ihre Beschwerde gegen die Slowakei bei der Welthandelsorganisation zurück.
Das ukrainische Landwirtschaftsministerium teilte derweil mit, es habe sich mit der polnischen Regierung darauf geeinigt, auch eine gemeinsame Lösung im Handelsstreit um Agrarimporte aus der Ukraine nach Polen finden zu wollen.
Warschau: Nur noch „zuvor beschlossene“ Waffenlieferungen
Die Regierung in Warschau hat Angaben präzisiert, wonach Polen keine Waffen mehr an die Ukraine liefern wolle. Polen werde künftig nur noch die Waffen liefern, deren Lieferung zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen worden sei, sagte Regierungssprecher Piotr Müller nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP. „Polen realisiert allein die Lieferungen von Munition und Waffen, die zu einem früheren Zeitpunkt beschlossen wurden“, sagte der Sprecher. Das schließe die Lieferungen ein, die in Verträgen mit der Ukraine vereinbart worden seien.
Käßmann dringt auf Diplomatie
Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat ihre Forderung nach diplomatischen Bemühungen Deutschlands für ein Ende des Kriegs in der Ukraine bekräftigt. Der Weltfriedenstag am 21. September solle zum Anlass genommen werden, über die „humanitären Kosten“ von Kriegen nachzudenken, sagte sie dem rbb. Käßmann engagiert sich im Bündnis „Stoppt das Töten in der Ukraine“, das zu einer bundesweiten Protestwoche gegen den russischen Angriffskrieg aufgerufen hat. Es müsse mehr diplomatischer Druck ausgeübt und nicht ständig über Militärstrategien gesprochen werden, forderte die evangelische Theologin.
In der Öffentlichkeit werde im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine nur noch über Waffensysteme gesprochen, die Eskalation gehe immer weiter, kritisierte Käßmann. Statt Länder wie China müssten es eher die Europäer sein, die Friedensverhandlungen in Gang setzen. „Es muss alles getan werden, dass die Waffen schweigen“, sagte die frühere EKD-Ratsvorsitzende.
10:42 Uhr
Südkorea warnt vor Waffengeschäften Russlands mit Nordkorea
Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol hat vor den Vereinten Nationen vor Rüstungsgeschäften zwischen den Nachbarländern Russland und Nordkorea gewarnt. Sollte Nordkorea im Austausch gegen Lieferungen mit konventionellen Waffen an Russland die nötige Technologie für die Verbesserung seiner eigenen Massenvernichtungswaffen erhalten, wäre dies eine „direkte Provokation“, sagte Yoon am Mittwoch (Ortszeit) bei der UN-Generaldebatte in New York. Damit wäre nicht nur die Sicherheit der Ukraine, sondern auch Südkoreas bedroht. „Südkorea, ihre Verbündeten und Partner werden nicht tatenlos zusehen.“
Die USA und Südkorea hatten sich zuletzt mehrfach über die Verhandlungen des Kremlchefs Wladimir Putin mit Kim in der vergangenen Woche in Russland besorgt geäußert. Putin sprach davon, dass es Potenzial für einen Ausbau der militärtechnischen Kooperation gebe. Laut Experten könnte Nordkorea Artilleriemunition und Raketen für Russlands Krieg gegen die Ukraine liefern. Als Gegenleistung soll eine Transfer moderner russischer Militärtechnologien im Gespräch sein. Putin hatte versichert, Moskau werde sich an bestehende Sanktionen des UN-Sicherheitsrats halten.
Ukraine: Angriff auf russischen Luftwaffenstützpunkt auf Krim
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben in der Nacht den russischen Luftwaffenstützpunkt Saky auf der annektierten Halbinsel Krim angegriffen und beschädigt. „Angriffe des Sicherheitsdienstes und der Marine haben das Ziel getroffen und die Ausrüstung der Besatzer schwer beschädigt“, verlautete aus dem ukrainischen Geheimdienst SBU. Dabei seien zunächst Drohnen und dann Neptun-Marschflugkörper zum Einsatz gekommen. Auf dem im Westen der Krim gelegenen Stützpunkt hätten sich mindestens zwölf Kampfflugzeuge und tragbare Luftverteidigungssysteme befunden. Die Basis habe auch als Trainingslager für Drohnenführer gedient.
Das russische Militär teilte mit, es habe 19 ukrainische Drohnen über der Krim und dem Schwarzen Meer abgefangen und zerstört. Über mögliche Schäden schwieg die russische Seite. Die Ukraine greift seit geraumer Zeit verstärkt russische Einrichtungen auf der Krim an, die Russland bereits 2014 annektiert hat. Sewastopol auf der Krim ist seit jeher der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte.
Polen setzt Waffenlieferungen an Ukraine aus
Polen will die Ukraine nicht länger mit Waffen aus den eigenen Beständen beliefern. „Wir liefern keine Waffen mehr an die Ukraine, weil wir uns jetzt selbst mit den modernsten Waffen ausstatten werden“, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dem Fernsehsender Polsat News. Die Entscheidung stehe nicht im Zusammenhang mit dem Streit über die Frage, ob ukrainisches Getreide in Polen verkauft werden soll. Die EU-Kommission hatte am Freitag beschlossen, Handelseinschränkungen für ukrainisches Getreide zu beenden. Unter anderen Polen hatte ein vorübergehendes Verbot des Verkaufs von ukrainischem Getreide auf dem eigenen Markt verhängt. Der Streit hat die engen Beziehungen zwischen Warschau und Kiew belastet.
Morawiecki unterstrich, dass sein Land die eigenen wirtschaftlichen Interessen verteidigen werde, dass der Getreidestreit aber nicht die Sicherheit der Ukraine in Frage stelle. Für die Ukraine bestimmte Waffenlieferungen durch Polen werde es weiterhin geben. „Wir werden die Sicherheit der Ukraine nicht riskieren“, versicherte er. Polen hat große Mengen älterer eigener Waffen an die Ukraine geliefert und seine eigenen Bestände mit neuer Ausrüstung modernisiert, die es von Südkorea und anderen Ländern gekauft hat.
Baerbock: Prüfen „Taurus“-Lieferung noch
Zu einer möglichen Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern an die Ukraine gibt es nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock noch keine Entscheidung. „Das ist hochspezielles technologisches Gerät. Deswegen müssen wir das auch für uns sehr genau prüfen, wie es zum Einsatz kommen kann“, sagte die Grünen-Politikerin im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. „In der Klärung dieser Fragen sind wir mitten drin.“
Opfer nach neuen Luftangriffen auf Ukraine
Russland hat die Ukraine am frühen Morgen ukrainischen Angaben zufolge mit schweren Luftangriffen überzogen. In der Hauptstadt Kiew habe es im südöstlichen Bezirk Darnyzkyj eine Explosion gegeben, herabfallende Trümmerteile hätten Wohngebäude beschädigt, berichteten ukrainische Medien.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von sieben Verletzten. Auf Fotos war zu sehen, wie Verletzte in Sicherheit gebracht wurden.
In der zentralukrainischen Stadt Tscherkassy wurde Angaben des ukrainischen Innenministers Ihor Klymenko zufolge ein Hotel getroffen. Auch hier seien sieben Menschen verletzt und zehn weitere in Sicherheit gebracht worden, teilte Klymenko auf Telegram mit. In Charkiw im Osten des Landes gab es demnach zwei Opfer.
Auch aus Lwiw im Westen des Landes wurde Raktenbeschuss gemeldet.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete, Stand: 20. September 2023
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Belgien prüft Weitergabe von F-16-Jets an Ukraine
Belgien erwägt, der Ukraine Kampfjets vom Typ F-16 zu überlassen. Er habe das Verteidigungsministerium gebeten zu prüfen, „welchen Nutzen unsere F-16 in der Ukraine haben könnten“, sagte Ministerpräsident Alexander De Croo dem belgischen Sender VRT am Rande der UN-Generalversammlung in New York. „Wir müssen alle Optionen in Betracht ziehen.“ Belgien ersetzt seine F-16-Jets durch F-35-Kampfflugzeuge.
Nach Ansicht des Verteidigungsministeriums sind die F-16 für die Ukraine zu alt für Kampfeinsätze. De Croo merkte allerdings an, die Flugzeuge könnten womöglich durchaus noch brauchbar sein, etwa bei der Ausbildung von Piloten. Norwegen, Dänemark und die Niederlande haben in den vergangenen Monaten erklärt, dass sie der Ukraine F-16 Kampfjets liefern werden, sobald deren Luftwaffe so weit ist, die Maschinen einzusetzen.
„Weltbürger-Preis“ für Scholz und Selenskyj
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sind für ihre Verdienste um die internationale Zusammenarbeit mit dem Global Citizen Award ausgezeichnet worden. Die beiden nahmen den „Weltbürger-Preis“ des Atlantic Council, einer Nichtregierungsorganisation zur Förderung der transatlantischen Beziehungen, am Mittwochabend bei einem Gala-Dinner in New York entgegen.
Scholz sagte, er fühle sich geehrt, den Preis zusammen mit Selenskyj zu erhalten. „Russlands brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine wird in Europa ausgetragen – aber er ist gleichzeitig ein Angriff auf die Grundprinzipien unserer internationalen Ordnung“, sagte er. Der Kanzler versprach Selenskyj erneut Unterstützung für den Krieg gegen die russischen Angreifer, solange dies nötig sei.
Selenskyj widmete den Preis den Soldatinnen und Soldaten, die gegen die russischen Invasoren kämpfen, und den Kindern und Frauen, die von „russischen Terroristen“ getötet worden sind. Er widmete ihn aber auch allen „mutigen Staaten, die an unserer Seite sind und uns unterstützt haben“ – sowie allen Menschen, die weltweit für Freiheit kämpften wie die Ukraine.
Bundeskanzler Olaf Scholz mit Laudatorin Ngozi Okonjo-Iweala, der Generaldirektorin der Welthandelsorganisation.
Ukraine meldet zwei Todesopfer bei Beschuss von Cherson
Bei russischem Beschuss sind in der Stadt Cherson in der Südukraine nach ukrainischen Angaben zwei Menschen getötet worden. „Die russische Armee hat die Wohnviertel von Cherson bombardiert“, erklärte Regionalgouverneur Oleksandr Prokudin im Onlinedienst Telegram. Bislang seien zwei zivile Todesopfer bekannt. Zudem seien vier weitere Menschen verletzt ins Krankenhaus gebracht worden, ein fünfter Verletzter sei vor Ort versorgt worden, fuhr Prokudin fort. In der Region Cherson kontrollieren russische Truppen seit ihrem Rückzug aus der gleichnamigen Hauptstadt im vergangenen Jahr Gebiete südlich des Flusses Dnipro. Die Stadt Cherson wird regelmäßig bombardiert.
In der vergangenen Woche hatten die ukrainischen Behörden Evakuierungen in der Region angeordnet. Der regionale Verteidigungsrat habe entschieden, dass Familien mit Kindern aus Orten „unter ständigem feindlichen Beschuss“ evakuiert werden müssten, erklärte Prokudin.
Erneuter nächtlicher Luftangriff auf Kiew
Nach einer Warnung vor Luftangriffen sind in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Explosionen zu hören, haben Augenzeugen der Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Der Bürgermeister der Stadt, Vitali Klitschko, schrieb auf Telegram, die Verteidigungskräfte seien im Einsatz.
Stoppt Polen Waffenlieferungen an die Ukraine?
Polens Regierungschef Morawiecki hat in einem Interview möglicherweise angedeutet, sein Land könnte Waffenlieferungen an die Ukraine einstellen. Hintergrund der Aussage, die viele Spekulationen auslöste, ist offenbar der Getreidestreit.
Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat
Lula trifft Selenskyj: „Gutes Gespräch über Wege zum Frieden“
Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat nach seinem ersten persönlichen Treffen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj ein positives Resümee gezogen. „Wir hatten ein gutes Gespräch über die Bedeutung von Wegen zum Frieden und haben uns darauf verständigt, den offenen Dialog zwischen unseren Ländern stets aufrecht zu erhalten“, schrieb Lula nach dem Treffen in New York auf der Nachrichtenplattform X, die früher als Twitter bekannt war.
Selenskyj schrieb: „Das war ein wichtiges Treffen mit Lula. Nach unserer ehrlichen und konstruktiven Diskussion haben wir unsere diplomatischen Teams beauftragt, die nächsten Schritte für unsere bilateralen Beziehungen und Friedensbemühungen zu erarbeiten. Die Vertreter Brasiliens werden sich weiter an den Treffen zu den ukrainischen Friedensbemühungen beteiligen.“
Russland: 19 Drohnen über Krim und Schwarzem Meer abgefangen
Russische Luftabwehreinheiten haben 19 ukrainische Drohnen über dem Schwarzen Meer und der annektierten Halbinsel Krim sowie drei weitere über Russland zerstört, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
US-Regierung ruft Kongress zur Billigung von Ukraine-Hilfen auf
Die US-Regierung appelliert an den Kongress, weitere Hilfen in Milliardenhöhe für die Ukraine zu bewilligen. „Die Kosten wären exorbitant höher, wenn der russische Präsident Wladimir Putin die Kontrolle über die Ukraine übernehmen und bis an die NATO-Grenze vordringen könnte“, sagt der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats.
Scholz sagt Selenskyj weitere Unterstützung zu
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen in New York erneut anhaltende Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland zugesagt. Regierungssprecher Steffen Hebestreit teilte nach dem 30-minütigen Gespräch mit, Selenskyj habe sich für die Militärhilfe bedankt, insbesondere für die Artillerie und Luftverteidigung. Ob es in dem Gespräch auch um die von der Ukraine gewünschten weitreichenden Marschflugkörper „Taurus“ ging, geht aus der Mitteilung nicht hervor.
Scholz sagte Selenskyj laut Hebestreit auch Hilfe für die ukrainischen Bevölkerung im kommenden Winter zu. Die nächste Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine terminierten die beiden auf den 11. Juni 2024. Gemeinsam riefen sie zur Wiederaufnahme des Getreideabkommens mit Russland auf, um die globale Ernährungssituation zu verbessern.