Reaktionen nach Migrationstreffen Der Anfang ist gemacht

Reaktionen nach Migrationstreffen Der Anfang ist gemacht

14. Oktober 2023 Aus Von mvp-web

Stand: 14.10.2023 14:29 Uhr

In das Thema Migrationspolitik kommt offenbar Bewegung: Das abendliche Treffen von Kanzler Scholz, den Länderchefs und CDU-Chef Merz sei „konstruktiv“ und „in guter Atmosphäre“ verlaufen – sagt sogar die Union.

Kai Clement Von Kai Clement, ARD Berlin

Das abendliche Treffen im Kanzleramt könnte der Auftakt zu mehr Miteinander in der Migrationspolitik sein. Am Tag danach gibt es jedenfalls zufriedene Stimmen. Es sei gut, dass jetzt Bewegung in die Migrationspolitik komme, sagt Gerd Landsberg. Als Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindetags weiß er, wo es vor Ort am meisten hakt. Man schaffe es kaum noch, die Geflüchteten zu versorgen, hat Landsberg oft gewarnt.

Gestern hatten zunächst die Ministerpräsidenten ein langes Beschlusspapier verabschiedet, dann trafen sich Boris Rhein aus Hessen, Stephan Weil aus Niedersachsen und Oppositionsführer Friedrich Merz mit Kanzler Olaf Scholz – Blick vom Balkon über das abendliche Berlin und Abendessen mit Kalbsschnitzel inklusive.

Vor allem aber: Bewegung in der Sache, so Landsberg im Deutschlandfunk. Dies sei sicherlich den Ergebnissen der Landtagswahl, aber auch der erkennbaren Überforderung der Kommunen geschuldet. „Wir brauchen eigentlich in Deutschland einen Deutschlandpakt Migration: ordnen, steuern, begrenzen, finanzieren. Umgekehrt Menschen mit Bleibeperspektiven schneller in Arbeit integrieren.“

Sendungsbild | ARD-aktuell

Kein Mangel an neuen Papieren

Dazu haben die Spitzen der Ampelregierung Mitte der Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt: Für raschere Abschiebungen und einen schnelleren Weg in Arbeit für die, die hierbleiben können. Jetzt fordern auch die Länderchefs in ihrem Papier, arbeitsfähigen Geflüchteten schnell Tätigkeiten zuzuweisen.

An neuen Papieren ist ohnehin kein Mangel – auch CDU-Chef Merz hatte gestern Abend eines dabei: Er habe dem Bundeskanzler „ein zweieinhalbseitiges Positionspapier von uns übergeben, mit 16 Maßnahmen allein für die deutsche Innenpolitik“.

Eine gute Atmosphäre und Einigkeit wenigstens beim Ziel, so die Bilanz von Merz nach dem Gespräch. Als parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion legt Thorsten Frei heute bei „Welt TV“ nach: „Es ist natürlich so, dass es per se schon einmal gut ist, wenn man in dieser besonderen Krisensituation miteinander spricht. Und dieses Gespräch gestern Abend hat in einer sehr konstruktiven Atmosphäre stattgefunden.“

Michael Kretschmer, Hendrik Wüst, Boris Rhein und Bodo Ramelow

hintergrund 11.10.2023

Neue Vorschläge und neue Forderungen

Und neue Vorschläge gab es auch. Etwa den, nicht länger über sichere Herkunftsländer zu streiten. Stattdessen könnte man grundsätzlich Asylverfahren vorziehen für Bewerber aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als fünf Prozent.

Die Länder bekräftigten zudem ihre Forderung nach mehr Geld. Und sie wollen eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte statt Geldzahlungen für Asylbewerber.

Zu klein gedacht, findet Landsberg, er denkt an einen umfassenden digitalen Flüchtlingsausweis mit Bezahlfunktion. Sagt aber auch: Aus Sicht der Flüchtlinge mache all das keinen Unterschied. „Wenn Sie verfolgt werden in Afghanistan und in Syrien, dann wollen sie weg. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob sie in Deutschland eine Bezahlkarte, Sachleistungen oder Bargeld kriegen.“

Player: video„Beim Ziel sei man sich einig, die Migration nach Deutschland in den Griff zu kriegen“, Claudia Kornmeier, ARD Berlin, zum Spitzengespräch zwischen Kanzler Scholz und den Ministerpräsidente.
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„Beim Ziel sei man sich einig, die Migration nach Deutschland in den Griff zu kriegen“, Claudia Kornmeier, ARD Berlin, zum Spitzengespräch zwischen Kanzler Scholz und den Ministerpräsidenten

tagesschau, 14.10.2023 13:45 Uhr

„Das ist ein frommer Wunsch“

Asyl- und Gerichtsverfahren in nur drei Monaten abschließen, auch das wollen die Länder. „Ja, das ist ein frommer Wunsch“, sagt Landsberg. Schließlich seien die Länder dafür selbst zuständig.

Die Debatten werden also weitergehen. Vom Abend im Kanzleramt bleibt aber die Symbolik, die Sache gemeinsam lösen zu wollen. Jetzt brauche es Tempo, sagt Hessens Boris Rhein: „Aus meiner Sicht wäre es sehr hilfreich, wenn wir wirklich das aus einem Guss machen.“

Gut vertragen habe man sich, sei in der Sache eng beieinander, findet Niedersachsens Stephan Weil. Dann verabschiedeten sich die beiden Länderchefs hörbar gelöst ins dunkle Berlin.