Intensivmediziner sehen „Wettlauf zwischen Mutation und Impfung“

20. Januar 2021 Aus Von mvp-web

Top-News zur Corona-Pandemie am 20. Januar 2021

  • Virologe Stöhr kritisiert deutsche Strategie: Kommen mit Inzidenz bis 180 klar (17.37 Uhr)
  • „Lebenspraktisch unvernünftig“: Heil erklärt, warum es keine Homeoffice-Pflicht geben wird (13.43 Uhr)
  • Verband der Verkehrsunternehmen spricht sich für „Schweigepflicht“ im ÖPNV aus (12.07 Uhr)
  • RKI: 15.974 Corona-Neuinfektionen und 1148 neue Todesfälle gemeldet (06.13 Uhr)

Wohl erster Fall in Deutschland: Mann in Baden-Württemberg nach zweiter Corona-Infektion gestorben

19.35 Uhr: Ein 73 Jahre alter Mann in Baden-Württemberg ist wohl als erster Deutscher nach einer zweiten Corona-Infektion gestorben. Das bestätigte das Landesgesundheitsamt Stuttgart auf Anfrage von WDR, NDR, SZ.

Laut Landesgesundheitsamt habe sich der mann im April vergangenen Jahres zum ersten Mal mit dem Coronavirus infiziert. Im Dezember sei er dann erneut positiv getestet worden und verstarb am 11. Januar diesen Jahres laut Regierungspräsidium „an einer Covid-19-Lungenentzündung und Sepsis mit Multiorganversagen“.

Zuvor war er wohl lange symptomfrei gewesen; zudem habe sich seine Frau beim zweiten Mal auch infiziert. Das seien starke Indizien für eine Reinfektion, sagte Christine Wagner-Wiening, stellvertretende Leiterin der Infektionsüberwachung beim Landesgesundheitsamt in Stuttgart.

Ob sich der Mann, der auch an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litt, beim zweiten Mal mit dem gleichen Virus oder einer mutierten Form infiziert habe, könne man laut Landesgesundheitsamt nicht sagen, da die Probe der Erstinfektion vom April nicht mehr vorliegend sei. Aus diesem Grund könne diese auch nicht analysiert werden.

EU-Staaten einigen sich auf gegenseitige Anerkennung von Corona-Schnelltests

19.28 Uhr: Vor dem EU-Gipfel haben sich die Mitgliedstaaten auf die gegenseitige Anerkennung von Corona-Schnelltests verständigt. Die EU-Rat der Mitgliedstaaten leitete am Mittwoch ein schriftliches Verfahren ein, um eine entsprechende Einigung auf Botschafterebene zu bestätigen, wie die Nachrichtenagentur AFP von Diplomaten erfuhr. Das Verfahren soll demnach vor Beginn des Video-Gipfels der Staats- und Regierungschefs zur Corona-Pandemie am Donnerstagabend abgeschlossen sein.

Antigentests erfordern keine Laboranalyse, Ergebnisse liegen bereits nach zehn bis 30 Minuten vor. Sie sind allerdings weniger zuverlässig als PCR-Tests, bei denen ein Abstrich im Labor untersucht wird, insbesondere wenn der oder die Getestete keine Symptome zeigt. Laut EU-Kommission können Schnelltests zum Beispiel helfen, Infektionsherde in Krankenhäusern schnell zu erkennen oder Risiko-Patienten zu überwachen.

Brüssel rät seit November zum Einsatz von Antigen-Schnelltests zusätzlich zu PCR-Tests auch etwa beim Testen von Reisenden aus Nicht-EU-Ländern. Bislang werden die Ergebnisse von Antigentests in anderen EU-Ländern aber häufig nicht anerkannt.

Starker Ausbruch in Bayreuth: Corona-Mutation aus England nachgewiesen

19.09 Uhr: Die wohl hoch ansteckende Mutation des Coronavirus aus England ist in Bayreuth nachgewiesen worden. „Bei einer Person, die von einer Reise zurückkehrte, war die Mutation B.1.1.7 in Bayreuth zuerst aufgetreten“, teilte das Klinikum Bayreuth am Mittwoch mit. „Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Virustyp inzwischen im Klinikum angekommen ist.“

In den vergangenen Tagen gab es nach Angaben des Klinikums mehrere Ausbrüche, „die in ihrer Dynamik die bisherigen Ausbruchsereignisse übertroffen hatten“. Am Wochenende lag die Zahl der Covid-19-Patienten am Klinikum demnach zum ersten Mal bei über 100.

So schnell wie möglich sollen nun alle Mitarbeitenden getestet werden – mehr als 3300 Menschen. Schon jetzt bitte das Klinikum um Unterstützung in der Pflege, hieß es weiter. Die stationären Patienten sollen möglichst bald entlassen werden. Weitere Maßnahmen sollen mit Experten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit abgestimmt werden. Der erstmals in England aufgetretene Virustyp sei im Krankheitsverlauf nicht gefährlicher, wohl aber deutlich ansteckender. Je nach Studie soll die Ansteckungsgefahr um 50 bis 70 Prozent höher liegen, teilte das Klinikum mit.

Erneut trauriger Höchstwert: Großbritannien meldet mehr als 1800 Corona-Tote

18.32 Uhr: Großbritannien hat am Mittwoch den zweiten Tag in Folge einen Höchstwert an Corona-Todesfällen registriert: Innerhalb von 24 Stunden wurden 1820 Todesfälle gemeldet. Wie die Regierung in London weiter mitteilte, lag die Zahl der Neuinfektionen mit 38 905 Fällen etwas höher als am Vortag. Auch die Einweisungen ins Krankenhaus (3887) blieben auf hohem Niveau. Die Krankenhäuser sind insbesondere in England unter enormem Druck. Inzwischen haben in Großbritannien aber auch bereits 4,6 Millionen Menschen eine erste Impfdosis erhalten. Insgesamt wurden bisher knapp 96.000 Sterbefälle registriert, bei denen Covid-19 auf dem Totenschein erwähnt wurde. Andere Berechnungen besagen, dass bereits mehr als 108.000 Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben sind.

Intensivmediziner warnt: Lockdown-Maßnahmen müssen bis Anfang März dauern

18.11 Uhr: Der Vorsitzende der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, befürwortet die neuen Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Alles, was die Kontakte zwischen vielen Menschen minimiere, könne nur begrüßt werden, sagt Marx dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND). „Unsere Intensivstationen sind voll, und auch wenn wir gerade einen ersten leichten Rückgang der Covid-19-Patienten in ganz Deutschland sehen, liegen immer noch 5000 auf den Stationen“, berichtet der Intensivmediziner.

„Wir werden mindestens bis Ende Februar oder Anfang März benötigen, wenn die Maßnahmen wie jetzt zu beobachten greifen, um die Patientenzahl auf den Hochpunkt der ersten Welle zu drücken – knapp unter 3000“, sagt Marx. Das zeigten die Prognosemodelle sehr deutlich. Es gebe derzeit nur zwei Möglichkeiten zur Bekämpfung: Inzidenzzahlen runter – und so schnell impfen wie möglich. „Mitte Februar wird aus unserer Sicht nicht ausreichen, um von den hohen Inzidenzzahlen herunter zu kommen“, betont der Mediziner. „Da sollten wir uns keine Illusion machen. Wir werden nicht Mitte Februar wieder die Innenstädte öffnen oder im Restaurant sitzen.“

Der Divi-Präsident appelliert an die Politik, vor allem einheitliche Beschlüsse mit klaren Regeln für alle in ganz Deutschland zu verabreden. „Wir alle müssen gemeinsam und zusammen die Zahlen drücken“, forderte Marx eindringlich auf. „Damit wir Intensivmediziner, falls die Mutante dann kommt, auch alle Patienten gut versorgen können.“

Virologe Stöhr kritisiert deutsche Strategie: Kommen mit Inzidenz bis 180 klar

17.37 Uhr: Unter Virologen gibt es Widerworte gegen die Corona-Strategie von Bund und Ländern. „Mit der gegenwärtigen Strategie wird es schwer, über diese kritische Zeit zu kommen, ohne die Unterstützung der Menschen zu verlieren“, warnte der Epidemiologe Klaus Stöhr im Interview mit dem Münchner Merkur (Donnerstag). Die Schließung von Kindergärten und Grundschulen sei „noch kritischer zu bewerten als Ausgangssperren“. Sie müsse „das letzte Mittel in absoluten Krisensituationen sein – und diese Krisensituation sehe ich derzeit nicht“. Stöhr, früherer Leiter des WHO-Grippe-Programms, sagte weiter: „So eine Seuche betrifft Risikogruppen, im Falle von Covid-19 vor allem alte Menschen. Wie man mit einer weiteren Schließung von Kindergarten- und Schulschließungen das Infektionsgeschehen in Altenheimen eindämmen kann, verstehe ich gar nicht.“

Stöhr riet auch, das Ziel einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 aufzugeben. „Im Winter ist dieser Zielwert illusorisch, reines Wunschdenken.“ In den letzten Wochen habe man gesehen, „dass wir in Deutschland mit einer Inzidenz von 130, 160, vielleicht 180 gut umgehen können. Die Krankenhäuser sind belastet, aber nicht überlastet“. Stöhr war trotz Bitten der SPD nicht als Experte vor den letzten Bund-Länder-Beratungen im Kanzleramt eingeladen.

Stöhr riet auch eindringlich von einer Null-Covid-Strategie ab. „Zero Covid ist zero realistisch. Dieses Ziel zu erreichen und dann langfristig in der Mitte von Europa im Winter zu halten, ist so weit weg von der Realität. Ich wundere mich dass man sich ernsthaft damit befasst.“

Intensivmediziner sehen „Wettlauf zwischen Mutation und Impfung“

16.25 Uhr: Deutschlands Intensivmediziner sehen in der Mutation des Coronavirus eine große Herausforderung für die kommenden Wochen. „Es ist quasi ein Wettlauf zwischen Mutation und Impfung“, sagte Gernot Marx, Vorsitzender der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), am Mittwoch in Aachen der Nachrichtenagentur AFP. Um Verhältnisse wie in Großbritannien oder Spanien zu vermeiden, müssten möglichst viele Menschen geimpft werden.

Eine Verbreitung der Virusmutanten würde zu mehr Neuinfektionen und letztendlich auch zu mehr Intensivpatienten führen, erläuterte Marx. Deshalb müsse auch die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen reduziert werden, damit diese wieder aufnahmebereit seien.

Bis die derzeit behandelten Corona-Patienten die Intensivstationen verlassen können, werde es allerdings noch „etliche Wochen“ bis hin zu drei Monaten dauern. „Die nächsten Wochen sind noch sehr kritisch“, sagte Marx. „Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir Kontakte vermeiden.“

Derzeit befinden sich nach Divi-Angaben rund 5000 Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen. Von einer „Entspannung“ würde Marx erst bei weniger als tausend Patienten sprechen.

„Lebenspraktisch unvernünftig“: Heil erklärt, warum es keine Homeoffice-Pflicht geben wird

13.43 Uhr: Zur weiteren Eindämmung der Corona-Infektionszahlen hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Pflicht genommen. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch eine Corona-Arbeitsschutzverordnung, die am kommenden Mittwoch in Kraft treten soll. „Wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprechen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten“, sagte Heil dazu in Berlin. Ein verbindliches Recht auf Homeoffice soll es aber nicht geben.

In einem früheren Entwurf des Gesetzes hatte es zudem noch eine Pflicht gegeben, ab einer Inzidenz von 200 Mitarbeiter im Büro wöchentlich zu testen. Davon ist nun keine Rede mehr. Auch ein Verbot von gemeinsamen Mittagessen gibt es, entgegen der ursprünglichen Planung, nicht mehr. Minister Heil begründete dies laut „Handelsblatt“ damit, dass in vielen Branchen eh kein gemeinsamer Kantinenbesuch mehr möglich sei. Die Testpflicht sei aufgrund der Kapazitäten weggefallen.

Eine Home-Office-Pflicht sei hingegen rechtlich nicht möglich gewesen. „Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage und das wäre auch lebenspraktisch nicht vernünftig“, so Heil.

Daher appelliere er an alle Beteiligten, abgesehen vom Homeoffice darauf hinzuwirken, die Kontakte am Arbeitsplatz „so weit wie möglich“ zu reduzieren, sagte der Bundesarbeitsminister. Dort wo ein Kontakt nicht vermeidbar sei, müsse der Arbeitgeber Masken bereitstellen. In der Arbeitsschutzverordnung, die zunächst bis Mitte März befristet ist, sind auch die Ziele fester betrieblicher Arbeitsgruppen sowie eines „möglichst zeitversetzten Arbeitens“ verankert.

Indes werde „nicht flächendeckend kontrolliert werden können“, ob sich die Arbeitgeber an die Umsetzung der Verordnung halten, „aber stichprobenartig“, sagte Heil. Dafür zuständig sind die Arbeitsschutzbehörden der Länder. An diese sollten sich Arbeitnehmer bei Problemen ebenso wenden wie an den Arbeitgeber und den Betriebs- oder Personalrat, riet der Minister.

Verband der Verkehrsunternehmen spricht sich für „Schweigepflicht“ im ÖPNV aus

12.07 Uhr: Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wäre zur weiteren Bekämpfung der Pandemie in Deutschland offen für eine „Schweigepflicht“ im öffentlichen Nahverkehr. „Das würden wir sehr stark unterstützen“, sagte Verbandspräsident Ingo Wortmann am Mittwoch im Deutschlandfunk. Er sei durchaus für ein Telefonierverbot, ergänzte er. Denn es gebe Fahrgäste, die in Fahrzeugen und U-Bahnhöfen zum Telefonieren den Mund-Nasen-Schutz herunterzögen. Ein Telefonierverbot im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gibt es bereits in Spanien, auf den Balearen hat die Regionalregierung empfohlen, im ÖPNV nicht zu sprechen.

Einschränkend räumte Wortmann ein, dass die Maßnahme gegen die Verbreitung von Aerosolen zwar hilfreich, aber „schwer zu kontrollieren“ wäre. Er würde auf die Vernunft der Menschen setzen, zum Schutz anderer auf das Telefonieren zu verzichten.

Bundesregierung erhöht Corona-Hilfen für Soloselbstständige

11.09 Uhr: Die Bundesregierung erhöht die Corona-Hilfen für Soloselbstständige wie etwa Künstler. „Wir satteln bei den Hilfen für Soloselbstständige noch mal deutlich drauf, das liegt mir sehr am Herzen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Neustarthilfe werde von 25 Prozent auf nun 50 Prozent des Vergleichsumsatzes erhöht, zugleich werde die maximale Förderhöhe deutlich angehoben. „Wichtig ist mir auch, dass wir die Neustarthilfe für weitere Empfänger öffnen.“

Die maximale Höhe der Betriebskostenpauschale beträgt künftig 7500 Euro, bisher waren 5000 Euro vorgesehen. Neu ist, dass auch sogenannte unständig Beschäftigte die Neustarthilfe beantragen können – damit soll Schauspielern geholfen werden.

Die Bundesregierung hatte nach schwerer Kritik aus der Wirtschaft insgesamt bei den Corona-Hilfen für Unternehmen nachgebessert. Es soll einen erweiterten Zugang zu den Hilfen geben, außerdem wird der Förderhöchstbetrag aufgestockt. Auch die Abschlagszahlungen sollen erhöht werden, das sind Vorschüsse auf spätere Zahlungen. Bund und Länder hatten am Dienstag eine Verlängerung des Lockdowns bis Mitte Februar beschlossen.

Divi-Präsident: Lockdown bis „Mitte Februar wird aus unserer Sicht nicht ausreichen“

10.45 Uhr: Der Vorsitzende der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, befürwortet die neuen Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Alles, was die Kontakte zwischen vielen Menschen minimiere, könne nur begrüßt werden, sagt Marx dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Unsere Intensivstationen sind voll, und auch wenn wir gerade einen ersten leichten Rückgang der Covid-19-Patienten in ganz Deutschland sehen, liegen immer noch 5000 auf den Stationen“, berichtet der Intensivmediziner.

„Wir werden mindestens bis Ende Februar oder Anfang März benötigen, wenn die Maßnahmen wie jetzt zu beobachten greifen, um die Patientenzahl auf den Hochpunkt der ersten Welle zu drücken – knapp unter 3000“, sagt Marx. Das zeigten die Prognosemodelle sehr deutlich. Es gebe derzeit nur zwei Möglichkeiten zur Bekämpfung: Inzidenzzahlen runter – und so schnell impfen wie möglich. „Mitte Februar wird aus unserer Sicht nicht ausreichen, um von den hohen Inzidenzzahlen herunter zu kommen“, betont der Mediziner. „Da sollten wir uns keine Illusion machen. Wir werden nicht Mitte Februar wieder die Innenstädte öffnen oder im Restaurant sitzen.“

Der Divi-Präsident appelliert an die Politik, vor allem einheitliche Beschlüsse mit klaren Regeln für alle in ganz Deutschland zu verabreden. Es sei etwa für die intensivmedizinischen Patienten aus Sachsen um die Weihnachtszeit herum ein großes Glück gewesen, dass die Fallzahlen im Norden deutlich niedriger waren – so hätten viele Patienten aus dem Osten für die Behandlung in den Norden verlegt werden können. „Wir alle müssen gemeinsam und zusammen die Zahlen drücken“, forderte Marx eindringlich auf. „Damit wir Intensivmediziner, falls die Mutante dann kommt, auch alle Patienten gut versorgen können. “

Marx zufolge sei davon auszugehen, dass die Menschen in Alten- und Pflegeheimen bis Ende Februar weitestgehend geimpft sind. Allerdings sei für eine höhere Impfgeschwindigkeit mehr Pragmatismus nötig. „Wenn ich höre, dass am Abend in einem Impfzentrum das so kostbare Impfserum weggeworfen wird, statt es der ansässigen Polizei oder Feuerwehr zu impfen, weil das eine willkürliche Auswahl von Impflingen wäre, dann werde ich richtig wütend“, berichtet der Intensivmediziner.

Montgomery: Keine Lockerungen ab Mitte Februar – brauchen langfristigen Corona-Plan bis nach Ostern

9.06 Uhr: Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hat nach dem Bund-Länder-Gipfel einen Corona-Plan bis über Ostern hinaus gefordert. „Nach dem Lockdown wird nicht sofort wieder die völlige Freigabe kommen“, sagte Montgomery am Mittwoch dem Radiosender SWR Aktuell. „Wir brauchen einen Plan, wie wir das Land wieder auftauen, nachdem wir es jetzt einfrieren.“

Hier sei ein langfristiges Vorgehen nötig, sagte er. Die Spitzenrunde von Bund und Ländern hatte am Vorabend beschlossen, den Lockdown zunächst bis 14. Februar zu verlängern. Bis zur nächsten Bund-Länder-Runde, für die in dem Papier kein Datum genannt wird, sollen zudem Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) und die Staatskanzleichefinnen und -chefs „ein Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie“ erarbeiten, wie es in dem Beschluss heißt.

Montgomery glaubt nach eigenen Worten nicht, dass zum 14. Februar nennenswerte Lockerungen zu erwarten sind. „Ich glaube, das wird verlängert werden – und das wird auch verlängert werden müssen.“ Die Menschen müssten sich jetzt daran gewöhnen, „dass das jetzt eine Lebensform für den Rest dieses Winters wird, in der wir leben müssen“. Andernfalls schlage dieses Virus „mit großer Macht zurück“.

Arbeitsminister Heil ruft zur Homeoffice-Nutzung auf – und kündigt Kontrollen an

8.55 Uhr: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Beschäftigte und Unternehmen nach dem Bund-Länder-Gipfel aufgerufen, die neuen Homeoffice-Möglichkeiten massiv zu nutzen. Wo es betrieblich möglich ist und wo die Tätigkeiten es hergeben, müsse jetzt verpflichtend Homeoffice angeboten werden, sagte Heil in der Internetsendung „Bild live“. „Von den Beschäftigten erwarten wir, dass sie das in Anspruch nehmen“, fügte der Minister hinzu. „Es geht darum, soziale Kontakte zu reduzieren, am Arbeitsplatz und auch im öffentlichen Personennahverkehr.“

Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf geeinigt, dass Arbeitgeber per Verordnung des Bundesarbeitsministeriums zunächst bis zum 15. März verpflichtet werden, Arbeit im Homeoffice zu ermöglichen, wo immer dies möglich ist.

Mit den Beschlüssen sei „ein starkes Signal“ gesetzt worden, sagte  Heil „Bild live“. Arbeitgeber warnte er davor, die Möglichkeit zum Homeoffice willkürlich abzusagen und kündigte Kontrollen an: „Sie müssen klar sagen, wo es geht – und auch, wo es nicht geht“, sagte der Minister. „Wo es möglich ist, sollen sie es ermöglichen und das wird im Zweifelsfall auch von Arbeitsschutzbehörden überprüft.“

Virologin: Unsere Nachlässigkeit ist gefährlicher als die Virus-Mutation

06.34 Uhr: Die Münchner Virologin Ulrike Protzer sieht in der Nachlässigkeit der Menschen während der Corona-Pandemie eine größere Gefahr als in der neuen Virus-Variante. Dies erkläre auch die trotz Lockdowns nur langsam sinkenden Infektionszahlen, erläuterte die Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz Zentrum München und an der Technischen Universität München der Deutschen Presse-Agentur.

„Die neue Variante birgt ein erhöhtes Risiko, sich im Eins-zu-eins-Kontakt anzustecken. Aber: Der Eins-zu-eins-Kontakt muss überhaupt erst mal passieren. Und er muss so passieren, dass der Abstand nicht ausreichend gewahrt wird oder dass Masken nicht getragen werden. Nur dann kann es da auch wirklich zu einer Übertragung kommen.“ Dann allerdings scheine das Ansteckungsrisiko mit der neuen Variante größer zu sein.

Wichtig sei es etwa, die Maske in entsprechenden Situationen aufzubehalten und nicht zwischendurch abzusetzen. Dass ein wirksamer Schutz möglich sei, zeigten Erfahrungen im Klinikum. Dort hätten sich Mitarbeiter am seltensten in dem Bereich angesteckt, in dem Corona-Patienten behandelt wurden.

Angesichts weiterhin hoher Infektionszahlen sehe sie derzeit keine Chance auf ein Ende des Lockdowns, sagte Protzer. „Solange die Zahlen so hoch sind, sollte man jeden Risikokontakt vermeiden.“ Es sei sinnvoll, Gastronomie und nicht zwingend erforderliche Läden vorerst noch geschlossen zu halten.

RKI: 15.974 Corona-Neuinfektionen und 1148 neue Todesfälle gemeldet

Mittwoch, 20. Januar, 06.13 Uhr: Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 15.974 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 1148 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI am Mittwochmorgen bekanntgab. Vor genau einer Woche hatte das RKI 19.600 Neuinfektionen und 1060 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

„Nach einem starken Anstieg der Fallzahlen Anfang Dezember, einem Rückgang während der Feiertage und einem erneuten Anstieg in der ersten Januarwoche sinken die Fallzahlen in den meisten Bundesländern (jedoch nicht allen) nun leicht“, schrieb das RKI in seinem Lagebericht vom Dienstagabend. Der Höchststand von 1244 neuen Todesfällen war am Donnerstag erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden – darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten.

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Mittwochmorgen bei 123,5. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Zahl schwankte danach und sinkt seit einigen Tagen wieder. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch aktuell enorm: Die höchsten Inzidenzen haben Thüringen mit 237,7 und Brandenburg mit 208,8. Den niedrigsten Wert hat Bremen mit 78,5.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Dienstagabend bei 0,87 (Vortag: 0,89). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 87 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.

Anmerkung der Redaktion: Die Zahlen, die das RKI am Morgen meldet, unterscheiden sich von denen, die FOCUS Online abends vermeldet. Das liegt an den unterschiedlichen Meldezeitpunkten.