Corona-Mutationen: Wie bedrohlich sind sie wirklich?
29. Januar 2021Auch an Orten, an denen schon von einer Herdenimmunität ausgegangen wurde, infizieren sich Menschen erneut mit mutierten Versionen des Corona-Virus. Was macht die Mutanten so ansteckend?
Unter den vielen Fragen und Unsicherheiten, die SARS-CoV-2, Covid-19 und die aktuelle Pandemie mit sich bringen, sind die sich ausbreitenden Mutationen aus England, Südafrika und Brasilien wohl die derzeit drängendsten.
Neue Virusvariante aus Brasilien
Vor allem in Brasilien bringt eine neue Virusvariante, P1 genannt, die Krankenhäuser wieder ans Limit. Dabei war man dort in einigen Gebieten, vor allem in Manaus, bereits von einer Herdenimmunität ausgegangen und glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben, nachdem sich im vergangenen Jahr drei Viertel der Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Doch nun infizieren sich die Menschen erneut und werden schwer krank.
Wie Mutationen entstehen
Einzelne Mutanten beim SARS-CoV-2 wurden bereits im vergangenen Frühjahr entdeckt – doch nun sind viele kleine Mutationen zu beobachten. Ob Corona-, Grippe- oder andere Viren: Um Mutationen zu entwickeln, müssen die Erreger zunächst in eine Körperzelle gelangen, die sie so umprogrammieren, dass sie die Erbinformation der Viren vervielfältigt und neue Viren produziert.
Dabei kommt es immer wieder zu Fehlern, den Mutationen. Sie können das Virus als Ganzes verändern, viele wirken sich aber gar nicht merklich auf das Virus und sein Verhalten aus. Trägt eine Mutante aber dazu bei, dass sich das Virus besser vermehren, übertragen oder dem Immunsystem entwischen kann, ist das ein Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Viren. Somit setzt sich die mutierte Variante besser durch und erlangt möglicherweise sogar die Vorherrschaft in einer Region.
Ansteckender durch Mutationen im Spike-Protein
In den Bauplänen der neuen Varianten in Brasilien, England und Südafrika betreffen die Mutationen die sogenannten Spike-Proteine. Sie funktionieren wie Schlüssel: Trifft das Virus auf eine menschliche Zelle, muss es zuerst den Eingang finden, das Schlüsselloch sozusagen. Bei den früheren Versionen des SARS-CoV-2 dauert dieser Vorgang relativ lange und gelingt nicht immer. Durch die Mutationen enthalten die Zapfen der Spike-Proteine andere Aminosäuren, was die Eigenschaften des Virus verändert. Es besitzt damit ein zusätzliches Werkzeug, mit dem es schneller andocken und die Zelle infizieren kann – und ist dadurch infektiöser.
Zusätzlich scheint sich die Virusvariante P1 durch ein zusätzliches Spike-Protein an der Oberfläche auch besser den Attacken des Immunsystems entziehen zu können, indem es Antikörper abblockt. Virologen sprechen dabei von einer sogenannten Fluchtmutation. Sie kommt zum Tragen, wenn das Virus mit zunehmender Immunität in der Bevölkerung unter Druck gerät, der Immunantwort des menschlichen Körpers auszuweichen.
Sind die Impfstoffe auch bei Mutanten wirksam?
Solche Virusvarianten könnten nicht nur die Gefahr von erneuten Infektionen nach bereits überstandener Erkrankung steigern, sondern auch die Wirksamkeit der bisher verfügbaren Impfstoffe beeinträchtigen. Wie resistent die neuen Mutanten gegenüber den Impfstoffen tatsächlich sind und in wie weit diese in Zukunft angepasst werden müssen, muss noch erforscht werden.
Wie können Mutationen ausgebremst werden?
Wo die neuen Varianten überwiegen, wird die Kontrolle der Pandemie noch schwieriger. Im schlimmsten Fall wird das zu mehr Infizierten und mehr Todesfällen führen. Deshalb kommt es nun darauf an, die bekannten Vorsichtsmaßnahmen noch konsequenter einzuhalten und die Impfprogramme zu beschleunigen – so könnten weitere Mutationen ausgebremst werden.
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