Vor Bund-Länder-Treffen Öffnungsdebatte – die nächste
28. Februar 2021Stand: 28.02.2021 19:20 Uhr
Obwohl Mediziner vor einer dritten Corona-Welle warnen, debattieren Politiker vor dem Bund-Länder-Treffen vor allem über Öffnungen. Ihr Argument: Fortschritte beim Impfen und Testen würden dies möglich machen.
Am Mittwoch werden Bund und Länder wieder einmal darüber beraten, wie es mit den Corona-Maßnahmen in Deutschland weitergeht. Ähnlich wie bei allen vorangegangenen Treffen melden sich in den Tagen davor bereits viele derer zu Wort, die an dem virtuellen Treffen teilnehmen werden. Ein Wort nutzen sie diesmal besonders oft: Öffnungen.
„Ein echtes Signal an die Bevölkerung“
Zu denjenigen, die vehement darauf drängen, zählt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Am Mittwoch müsse „ein echtes Signal an die Bevölkerung aber auch an die Wirtschaft“ gegeben werden, sagte sie dem ARD-Hauptstadtstudio. Öffnungen müssten Schritt für Schritt erfolgen, mehr Testungen und mehr Impfungen könnten mehr Möglichkeiten geben. „Da müssen wir jetzt nochmal richtig Druck reingeben.“
In Zeitungsinterviews hatte die SPD-Politikerin zuvor schon angedeutet, wo sie sich Öffnungen besonders gut vorstellen kann: im Einzelhandel, bei der Kultur und in der Außengastronomie. Bereits zwei Mal habe man im Bund-Länder-Kreis einen gemeinsamen Perspektivplan versprochen und deswegen müsse dieser jetzt auch geliefert werden, so Dreyer.
Weil: Viele Menschen nach einem Jahr Corona „zermürbt“
Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil wird nicht ganz so konkret, argumentiert aber ähnlich wie seine Parteikollegin aus Rheinland-Pfalz. Nach einem Jahr mit Corona seien viele Menschen „zermürbt und sehnen ein Ende der vielen Einschränkungen herbei.“ Auf der Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch müsse es darum gehen, „gleichermaßen mehr Freiheit und mehr Sicherheit zu schaffen“. Man werde beim Impfen „weiter spürbar vorwärts gehen“, gleichzeitig böten die neuen Schnelltests auch neue Möglichkeiten, Klarheit zu schaffen und Infektionsketten früher zu erkennen, so Weil.
Signale für Lockerungen kommen auch vom Bund: Vizekanzler Olaf Scholz sagte im Deutschlandfunk, er erwarte von der Bund-Länder-Runde eine präzise Strategie, an der sich die Bürger, aber auch die Wirtschaft orientieren könnten. Die Hoffnung, dass es besser wird und „wir Stück für Stück Öffnung durchsetzen können“, sollte sich für alle verbreiten. Impfen könne helfen, „dass wir auch bald wieder ein normaleres Leben führen können“. Zudem müssten mehr Möglichkeiten für das Testen geschaffen werden, vor allem in Firmen sowie in Arztpraxen und Apotheken, so Scholz.
Thema Schnelltests steht wieder auf der Agenda
Sowohl beim Impfen als auch beim Testen läuft es allerdings noch nicht rund. Gut zwei Monate nach dem Start der Impfungen haben erst 4,7 Prozent der Menschen in Deutschland eine erste Dosis bekommen. Und auch in der ersten Prioritätsgruppe gibt es noch viele, die noch nicht einmal einen Termin für die Impfung genannt bekommen haben.
Beim Thema Schnelltests hatte Gesundheitsminister Jens Spahn Mitte Februar zwar kostenlose Teste für alle Bürger ab dem 1. März versprochen. Damit hatte er aber die Bundesländer überrumpelt, weshalb dieses Datum wieder kassiert wurde. Am Mittwoch soll auch darüber gesprochen werden.
Söder: Nicht den Eindruck eines Durcheinanders geben
Zu den mahnenden Stimmen im Vorfeld des Treffens gehört wieder einmal Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. „Wir dürfen nicht in einer Art Öffnungsrausch in die dritte Welle mit einer Art Blindflug hineinkommen“, sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. Es müsse das Prinzip gelten: „Öffnen ja, aber mit großer Vorsicht.“
Intensiv- und Notfallmediziner warnen vor raschen Öffnungen. Drei Wochen mehr Disziplin seien entscheidend, um durch Impfungen eine schwer bis nicht mehr kontrollierbare dritte Welle zu vermeiden, so Gernot Marx, Präsident der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin.
Söder plädierte dafür, bei möglichen Lockerungen auch die unterschiedlichen Inzidenzwerte innerhalb der Bundesländer zu berücksichtigen – etwas, was in seinem Bundesland besonders ins Gewicht fällt, wo die Spanne aktuell von 9,0 in der Stadt Kaufbeuren bis zu 293,2 im Landkreis Wunsiedel reicht. Gleichzeitig betonte Söder aber, beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch dürfe es nicht den Eindruck eines Durcheinanders geben.
Auch Bayern scherte aus
Dabei ist Söder selbst nicht ganz unschuldig daran, dass es nach dem letzten Bund-Länder-Treffen ein eben solches Durcheinander gab. Denn da war verabredet worden, dass am 1. März zunächst nur die Friseure öffnen sollen. Neben anderen hält sich aber ausgerechnet der Mahner von der CSU nicht an diesen Beschluss: Neben den Friseuren werden in Bayern am Montag auch Nagelstudios, Gartencenter und Baumärkte öffnen.
Aber auch das war im Prinzip bei allen Bund-Länder-Treffen zu Corona seit dem Herbst ähnlich: Kaum waren die Beschlüsse verkündet, meldeten sich die ersten Teilnehmer zu Wort um mitzuteilen, dass sie es in ihrem Bundesland dann doch anders machen wollen.