Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat sich offen gezeigt für Impfungen mit dem russischen Impfstoff Sputnik V.
„Entscheidend ist nicht, wo ein Impfstoff herkommt, sondern ob er wirksam und sicher ist. Wenn Sputnik diese Kriterien erfüllt, dann sollten wir diesen Impfstoff einsetzen“ sagte Schwesig der „Rheinischen Post“. Mit Blick auf den „Impfgipfel“ forderte sie: „Ich erwarte von der Bundesregierung klare Aussagen, wie es jetzt beim Impfen weitergeht.“
Wie wirkt Sputnik V?
Bei dem vom russischen Gamaleja-Zentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie entwickelten Vakzin handelt es sich wie bei dem in der EU bereits eingesetzten Mittel von Astrazeneca um einen Vektorimpfstoff. Die Viren lösen beim Menschen normalerweise eine gewöhnliche Erkältung aus, wurden jedoch so verändert, dass sie sich nicht vermehren können.
Welches Prinzip steck hinter Sputnik V
Bei Sputnik V handelt es um einen Impfstoff, der am Gamaleja-Institut für Epidemiologie in Moskau gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Er ist ein sogenannter Vektorimpfstoff. Dabei wird ein harmloses Virus – hier Adenoviren – als Transporter genutzt, um genetische Informationen für ein Eiweiß des Sars-CoV-2-Virus in den Körper zu schleusen. Ziel ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, Antikörper gegen das Eiweiß zu bilden.
Wie viele Dosen braucht man
Vom Impfstoff werden zwei Dosen benötigt, die jeweils leicht abgeänderte Adenoviren enthalten. Für einen vollständigen Schutz soll etwa 21 Tage nach der ersten Dosis die zweite Dosis Sputnik V verabreicht werden.
Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hob in der vergangenen Woche in der „Rheinischen Post“ hervor, dass bei Sputnik V anders als beim Astrazeneca-Impfstoff „zwei unterschiedliche Vektorviren für die erste und zweite Dosis“ verwendet würden. „Das ist sehr klug, denn dadurch kann er potenziell auftretende Wirksamkeitsverluste durch Immunantworten gegen die Vektoren verhindern“, sagte der Stiko-Chef.
Wie wird der Impfstoff bewertet und beworben?
Nach einer Studie, die Anfang Februar in der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde, schützt das Vakzin zu mehr als 90 Prozent vor einer symptomatischen Covid-19-Erkrankung. Damit hätte Sputnik V eine ähnlich hohe Wirksamkeit wie die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna.
Das ist ein guter Impfstoff, der vermutlich auch irgendwann in der EU zugelassen wird.
Thomas Mertens, Stiko-Chef
Der russische Staatschef Wladimir Putin hält Sputnik V für „den besten Impfstoff der Welt“. Das Vakzin ist nach dem sowjetischen Satellitenprogramm benannt. 1957 hatte Moskau den ersten künstlichen Erdtrabanten Sputnik I gestartet und den Westen in einen „Sputnikschock“ versetzt.
Nach Angaben Russlands soll der Corona-Impfstoff Sputnik V auch in Deutschland produziert werden. Vereinbarungen gebe es zudem mit Unternehmen in anderen europäischen Ländern.
Welche Vorbehalte und Kritik gibt es gegen Sputnik V?
Russland hatte Sputnik V bereits im August zugelassen, noch vor dem Abschluss aller wissenschaftlichen Studien. Dies stieß international auf scharfe Kritik. Die Impfkampagne in Russland mit Sputnik V lief offiziell aber erst im Dezember an.
EU-Ratspräsident Charles Michel wirft Russland wie auch China vor, ihre Corona-Impfstoffe „für Propagandazwecke“ einzusetzen. Auch internationale Experten sehen diese Gefahr. Der New Yorker Think Tank „The Soufan Center“ verglich das Vorgehen Russlands und Chinas gar mit einem „neuen Rüstungswettlauf“.
Wie stehen die Chancen für Sputnik auf eine EU-weite Zulassung?
Nach russischen Angaben ist Sputnik V weltweit bereits in mehr als 50 Ländern zugelassen. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hat am 4. März mit der Prüfung für eine EU-weite Zulassung von Sputnik V begonnen. Erst wenn die EMA erste Ergebnisse wissenschaftlicher und klinischer Tests ausgewertet hat, kann das eigentliche Zulassungsverfahren beginnen. Dies dürfte einige Wochen bis Monate in Anspruch nehmen.
Sputnik V könnte der erste nicht-westliche Corona-Impfstoff werden, der in der EU eine Zulassung erhält. Als Reaktion auf den Start der EMA-Prüfung stellte Russland die Belieferung der EU mit 50 Millionen Impfdosen ab Juni in Aussicht.
Die Corona-Lage in einigen Staaten Osteuropas spitzt sich zu. Weil die EU Impfstoff zu langsam liefert, wenden sich einige jetzt an Moskau und Peking – mit Konsequenzen für die EU.
Das EU-Mitglied Ungarn hat Sputnik V im Februar eine nationale Zulassung erteilt und setzt das Mittel bereits ein. Auch die Slowakei und Tschechien haben Sputnik-V-Dosen bestellt und angekündigt, für deren Einsatz nicht auf die EMA-Zulassung warten zu wollen.
Dies geschieht gegen die ausdrückliche Empfehlung der EU-Kommission, die auf ein Abwarten der Zulassung drängt. Auch Frankreich kritisierte das Vorgehen der einzelnen Länder, weil es die europäische Impfsolidarität unterlaufe. Wegen der schleppenden Impfstoffbeschaffung in der EU zeigten in letzter Zeit auch Länder wie Deutschland Interesse am Einsatz von Sputnik V – allerdings erst nach einer EU-weiten Zulassung.
Söder über russischen Impfstoff – Sputnik V „effizient und zügig“ zulassen
Bayerns Ministerpräsident Söder und Berlines Regierender Bürgermeister Müller wollen eine schnelle Zulassung des russischen Sputnik V. Zum Teil sei er besser als andere Impfstoffe.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für eine schnelle Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V ausgesprochen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Donnerstag sagte er, nachdem in „Europa alles zugelassen wird, was woanders auch zugelassen wird, nur später“, könne es sein, dass das Verfahren „beschleunigungsfähig“ sei.
Wir brauchen jeden Impfstoff, den wir kriegen können.
Michael Müller, SPD
Wenn es die Chance gebe, auf Sputnik V zurückzugreifen, werde man sie auch ergreifen, ergänzte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Zum Teil sei es sogar ein besserer Impfstoff als die bereits zugelassenen, sagte Markus Söder.
Bei den Lieferungen dürfe Europa nicht warten, bis eine Zulassung erfolgt, warnte der CSU-Politiker weiter. „Wir haben ja mit den andere Impfstoffherstellern schon Verträge geschlossen, weit vor der Zulassung.“ Söder appellierte, „hier nicht wieder eine Chance zu verpassen“.
Ost-Länderchefs für Einsatz von Sputnik V
Nachdem das Vakzin von Astrazeneca in Deutschland derzeit nicht mehr verimpft wird, plädierten auch die ostdeutschen Ministerpräsidenten von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für den Einsatz von Sputnik V. [Verfolgen Sie hier, welche Empfehlung die EMA für Astrazeneca ausspricht.]
„Russland ist ein großes Land der Wissenschaft, und ich habe nicht die geringsten Zweifel, dass die dortige Wissenschaft imstande ist, einen leistungsfähigen Impfstoff herzustellen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sputnik V: Zulassung zunächst durch EMA
Deutschland habe bei den Impfstoffen Kapazitätsprobleme. Kretschmer fordert daher:
Der Impfstoff sollte zugelassen werden.
Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) verwies wie Kretschmer darauf, dass über Zulassung zunächst die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) zu entscheiden habe. „Grundsätzlich aber gilt: Im Kampf gegen Corona ist uns jeder Impfstoff willkommen, der sicher ist und wirkt und uns so hilft, die Pandemie zu überwinden“, sagte er den Funke-Zeitungen.
Haseloff: Herkunft sollte keine Rolle spielen
„Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, sollte die Herkunft keine Rolle spielen. Schon als Kind bin ich mit einem russischen Impfstoff gegen Kinderlähmung immunisiert worden. Ich habe da keine Probleme“, so Haseloff.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte den Funke- Blättern: „Ich wünsche mir seit langem viel mehr Druck von der Bundesregierung, dass wir mehr alternative Vakzine zugelassen bekommen.“ Die Abhängigkeit von Astrazeneca mache die Impfstrategie angreifbar.“
Ramelow: Zulassung mit Nachdruck bearbeiten
Es sei deshalb wichtig, dass endlich das Thema Sputnik V mit Nachdruck bearbeitet werde. Ramelow weiter: „Ich höre schon seit Wochen, dass Unterlagen fehlen. Wenn das wirklich so sein sollte, dann muss man das mit Russland rasch klären.“
Er selbst wolle seine Kanäle nach Russland nutzen, um dabei zu helfen:
Ich will keine politische Zulassung. Aber ich will auch keine politische Ablehnung.
Bodo Ramelow, Ministerpräsident Thüringen
In Deutschland waren die Impfungen mit Astrazeneca am Montag ausgesetzt worden. Laut Bundesgesundheitsministerium wurden bis Dienstagabend bundesweit acht Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet.