Einreisekontrollen in MV: „Ich weise Sie hiermit zurück“
2. April 2021Polizeikontrollen über Ostern: Dutzende Personen zurückgewiesen
Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern hat am Karfreitag etliche Menschen zurückgewiesen, die mit ihren Fahrzeugen verbotenerweise ins Bundesland fahren wollten. Die meisten kamen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen.
Allein in Neustrelitz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) und an der B109 in Rollwitz bei Pasewalk (Landkreis Vorpommern-Greifswald) wurden bis zum Nachmittag etwa 30 von rund 400 kontrollierten Personen zurückgeschickt. Die Polizei zeigte sich überrascht über die hohe Zahl an Fahrzeuge aus auswärtigen Bundesländern, die auf der B109 unterwegs waren. Die Bundesstraße gilt als beliebte Route, um die Inseln Rügen und Usedom zu erreichen.
Viele wollten enge Verwandte besuchen
Die meisten kontrollierten Autos kamen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen. Viele gaben an, enge Verwandte in Mecklenburg-Vorpommern besuchen zu wollen, was erlaubt ist und von den Beamten auch überprüft wurde. Einige, die mit Wohnmobilen unterwegs waren, konnten den Polizisten meist nicht glaubhaft vermitteln, dass sie ihre Kernfamilie besuchen wollten. Ein Autofahrer aus Brandenburg gab an, als Kleinunternehmer am Karfreitag Aufträge auf der Insel Usedom abarbeiten zu wollen, was er aber nicht nachweisen konnte. Auch er wurde aufgefordert, dass Bundesland umgehend zu verlassen.
Touristische Einreisen nach MV untersagt
Die Polizei kontrolliert verstärkt über Ostern, weil touristische Einreisen nach Mecklenburg-Vorpommern wegen der Corona-Pandemie grundsätzlich verboten sind, auch Tagestourismus ist nicht erlaubt. Es gibt jedoch Ausnahmen für die Einreise. Wer etwa einen Zweitwohnsitz in MV hat, der darf demnach einreisen. Ebenfalls sind Reisen ins Bundesland erlaubt, wenn die Kernfamilie besucht wird. Dazu zählen den Angaben zufolge etwa Kinder, Eltern, Geschwister oder Lebenspartner. Neben mobilen Kontrollen wurden feste Kontrollstellen an den Landesgrenzen sowie an der deutsch-polnischen Grenze eingerichtet. Auch die Inseln will die Polizei im Blick behalten. Am Donnerstag wurden bereits an der A20 Fahrzeuge überprüft.
Rügen: 26 Verfahren gegen Touristen eingeleitet
Seit Wochenbeginn hat allein das Polizeirevier in Sassnitz auf Rügen gegen 26 Personen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, weil sie im Zusammenhang mit touristischen Reisen gegen die Corona-Landesverordnung verstoßen haben sollen. Bereits in den vergangenen Tagen hatte sich abgezeichnet, dass vor allem Ferienhausbesitzer die Ostertage zu einem Besuch ihrer Immobilien nutzen. Dies ist laut Landesverordnung nur für diejenigen erlaubt, die einen Erst- oder Zweitwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben. Auch Dauercamper bringen ihre Wohnwagen jetzt wieder auf die Campingplätze. Hier muss ein Vertrag vorliegen, der vor dem 31. August 2020 abgeschlossen und über mindestens sechs Monate für das Jahr 2020 und 2021 gültig ist.
Kontrollen mit Augenmaß
Die Ordnungsämter beispielsweise auf der Insel Rügen wollen das in den kommenden Tagen genau beobachten. Größere Kontrollaktionen sind dort bislang allerdings nicht geplant. Formal sieht der Corona-Bußgeldkatalog dafür Strafen zwischen 150 und 2.000 Euro pro Person. Aber Polizei und Ordnungsämter haben angekündigt, mit Augenmaß vorgehen zu wollen.
Viele Reisende schon vor Ostern in MV unterwegs
Im Bereich Boltenhagen und Klütz haben die Bürgermeister die Ordnungsämter angewiesen, besonders die Stellplätze für Wohnmobile täglich mehrmals zu kontrollieren. Nach Angaben des Ordnungsamtes Klütz seien bereits am Mittwoch Wohnmobile mit auswärtigen Kennzeichen entdeckt worden. Die illegal eingereisten Urlauber bekamen eine Anzeige mit Ordnungsgeld, außerdem wurden sie aufgefordert, das Land wieder zu verlassen. Auch im Bereich Usedom-Süd wurden mehrere Wohnmobile kontrolliert, bei Peenemünde seien Fahrzeuge sogar auf Waldwegen entdeckt worden.
Rügen: Falscher Ordnungsamtsmitarbeiter will Bußgelder kassieren
Im Falle eines angeblichen Vergehens ist erhöhte Achtsamkeit geboten, wie jüngst ein Vorfall auf der Insel Rügen belegt. An der Seebrücke von Binz gab sich ein junger Mann als Mitarbeiter des Ordnungsamtes aus und verlangte von einer Frau 20 Euro in bar wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Die Frau wurde misstrauisch und informierte die Polizei. Einen Dienstausweis konnte der mutmaßliche Betrüger nicht vorzeigen. Die Polizei weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass Polizei und Ordnungsamt im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Corona-Landesverordnung in Mecklenburg-Vorpommern kein Bargeld fordern, sondern Ordnungswidrigkeitenanzeigen aufnehmen. Die Geldbußen werden über die Bußgeldstelle des Landkreises geahndet.
Mecklenburg-Vorpommern riegelt sich ab. Über Ostern gibt es verstärkte Verkehrskontrollen. Wer nicht in MV wohnt, soll über die Feiertage ohne triftigen Grund nicht einreisen. Die B109 ist eine beliebte Strecke Richtung Usedom und Rügen. In Rollwitz bei Pasewalk wird kontrolliert.
Seit Freitagmorgen kontrollieren zehn Bereitschaftspolizisten aus Rostock an der B109 in Rollwitz in Richtung Anklam (Landkreis Vorpommern-Greifswald). Sie nehmen jedes ankommende Fahrzeug ins Visier. Die Polizisten haben viel zu tun. Viele Fahrzeuge mit Nummerschildern aus anderen Bundesländern sind unterwegs.
Hat eines ein auswärtiges Kennzeichen, wird es herausgewunken. Wie das von Wolfgang B. aus Berlin-Lichtenberg. Er wird von Polizist Andre Scholz kontrolliert:
„Sie haben ja ein Berliner Kennzeichen. Was ist denn der Grund für Ihre Einreise nach MV?“
„Wir besuchen unsere Eltern.“
„Wo?“
„In Bansin.“
„Und Sie sind eine Familie?“
„Ja, ein Haushalt.“
„Dann schöne Weiterfahrt!“
Chemnitzerin sagt, sie will Freund von Usedom abholen
Kurz nachdem Wolfgang B. die Kontrollstelle verlassen hat, fällt den Polizisten ein Auto mit Kennzeichen aus Sachsen auf. Darin sitzen Nadine S. und ihre Tochter aus der Nähe von Chemnitz. Sie will ihren Freund von der Insel Usedom abholen, erzählt sie Kontrollstellenleiter Henrik Knippel:
„Der arbeitet in Ückeritz und ich möchte den jetzt nach Hause abholen, weil der ja keinen Führerschein hat.“
„Ist er aus Mecklenburg-Vorpommern? Wohnt er hier? Und haben Sie einen Zweitwohnsitz in MV?“
„Nee.“
„Hmmm… Und was macht ihr Freund dann hier?“
„Der hat oben ausgeholfen bei Freunden.“
„Also gearbeitet privat? Dann dürfte der auch nicht hier sein.“
„Ich weise Sie hiermit zurück in Ihren Heimatort“
Der Polizist schüttelt den Kopf. Nadine S. verwickelt sich nach seiner Ansicht zunehmend in Widersprüche. Für Kontrollstellenleiter Knippel ist der Fall klar. „Sie wissen nicht, wo er gemeldet ist. Sie wissen nicht einmal sein Geburtsdatum. Das tut mir leid, Frau S. Ich weise Sie hiermit zurück in Ihren Heimatort. Also direkt auf die Autobahn. Ab nach Hause“, sagt Knippel, ohne dabei barsch zu klingen. Sollten die beiden Frauen aus Sachsen noch einmal in Mecklenburg Vorpommern angetroffen werden, droht ihnen ein Bußgeld wegen Verstoßes gegen die Corona-Landesverordnung.
Bis zum Mittag 20 Personen des Landes verwiesen
Bis zum Freitagmittag sind am Kontrollposten in Rollwitz 13 Autos mit 20 Personen von der Polizei des Landes verwiesen worden. Dass die Polizisten so viel zu tun bekommen, hätte der Einsatzleiter nicht gedacht: „Ich habe damit gerechnet, dass jetzt mit dem Ferienbeginn die Hauptanreise schon stattgefunden hat. Aber tatsächlich wollen auch am Karfreitag viele einem anderen Bundesland die Familien besuchen, was ja auch gestattet ist.“
Die Einreisekontrollen werden über die gesamten Ostertage fortgesetzt – nicht nur auf der Straße, sondern auch in Zügen und auf dem Wasser.