Coronavirus-Variante Omikron: Was über BA.1 und BA.2 bekannt ist

Coronavirus-Variante Omikron: Was über BA.1 und BA.2 bekannt ist

11. März 2022 Aus Von ...Susanne Kimmpert
Stand: 10.03.2022 19:36 Uhr

Seit November 2021 ist eine Coronavirus-Variante bekannt, vor der auch Geimpfte und Genesene keinen optimalen Schutz haben: Omikron. Die Variante ist mittlerweile in Deutschland dominant und breitet sich auch in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern rasant aus. Was wir derzeit über die Haupt-Untervariante BA.1 und den Subtyp BA.2 wissen.

Welche Auswirkungen hat Omikron auf den Pandemie-Verlauf?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft das Risiko der Corona-Variante B.1.1.529 seit dem 29. November 2021 als „sehr hoch“ ein. Omikron wird als „besorgniserregend“ bezeichnet. Diese Klassifizierung ist laut WHO-Definition ein Signal, dass eine Variante ansteckender sein oder zu schwereren Krankheitsverläufen führen kann. Außerdem besteht bei „besorgniserregenden Varianten“ die Gefahr, dass herkömmliche Impfungen, Medikamente oder Corona-Maßnahmen weniger wirksam sind. Der Höhepunkt der Omikron-Welle gilt mittlerweile als überschritten.

Wie ist die Omikron-Variante mutiert?

Die Omikron genannte Variante weist mehr als 50 Erbgutveränderungen auf, die meisten davon am Spike-Protein, mit dem das Virus an der menschlichen Zelle andockt und auf das auch die Impfstoffe der ersten Generation abzielen. Verändert sich ein Virus so, dass Antikörper von Genesenen und Geimpften weniger gut ansprechen, nennen Fachleute dies Immunflucht (Immunescape).

Wie sehr ist die neue Virusvariante schon verbreitet?

Die Corona-Infektionszahlen steigen wegen der hochansteckenden Omikron-Variante massiv an. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einem „Tsunami“ von Corona-Fällen und einem Kollaps der Gesundheitssysteme. „Omikron breitet sich mit einer Geschwindigkeit aus, die wir bei keiner vorherigen Variante gesehen haben“, sagt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Laut EU-Gesundheitsbehörde ECDC ist Omikron bereits Mitte Januar 2022 die dominierende Variante in der Europäischen Union und dem europäischen Wirtschaftsraum geworden. Laut WHO mach die hochansteckende Omikronvariante inklusive aller bisher bekannten Subtypen mittlerweile mehr als 90 Prozent aller gesammelten Coronavirus-Proben aus.

Die bislang ältesten bekannten Nachweise der Variante stammen aus der ersten November-Hälfte. Wissenschaftler hatten sie zunächst im Süden Afrikas entdeckt.

Wie verbreitet ist Omikron in Deutschland?

In Deutschland wurde die Virusvariante Ende November 2021 zuerst in Bayern und in Hessen bei mehreren Reise-Rückkehrern aus Südafrika nachgewiesen. Im Norden meldete Niedersachsen am 3. Dezember 2021 den ersten Omikron-Nachweis. In der Folgezeit wurde die Virusvariante auch in den anderen norddeutschen Bundesländern bestätigt und ist seit der zweiten Kalenderwoche 2022 die klar dominierende Variante in Deutschland.

Übertragung: Ist Omikron ansteckender als bisherige Varianten?

Zu Übertragung, Ansteckung, Schweregrad von Erkrankungen und Auswirkungen auf die Immunabwehr gibt es wegen fehlender Daten noch Unsicherheiten. Eine dänische Studie von Dezember 2021 zeigt, dass es bei Omikron eine höhere Ansteckungsrate als bei der Delta-Variante gibt. Zurückzuführen ist das wahrscheinlich darauf, dass die neue Virusvariante in der Lage ist, dem Impfschutz auszuweichen, also auch Geimpfte und Genesene anzustecken.

Der Expertenrat der Bundesregierung warnte, damit droht eine Gefahr für die kritische Infrastruktur wie Strom- und Wasserversorgung, aber auch bei Feuerwehr, Polizei und in Kliniken, wenn dort mehrere Mitarbeitende krankheitsbedingt gleichzeitig ausfallen. „Momentan ist das Risiko, dass man sich infiziert, für uns alle höher als es jemals war“, sagte Virologin Sandra Ciesek am 18. Januar im NDR Info Podcast Coronavirus-Update.

Ist Omikron gefährlicher als bisherige Varianten?

Nein, nach allen bislang vorliegenden Daten verläuft eine Omikron-Infektion zumeist relativ mild, es müssen nicht mehr so viele Patienten auf Intensivstationen behandelt werden. Für Ungeimpfte sei die neue Variante aber nicht harmlos, warnt der Virologe Christian Drosten. Neben Hinweisen auf milde Verläufe gibt es auch Anhaltspunkte für Reinfektionen. Ein Preprint aus Südafrika legt nahe, dass die Reinfektionsquote mit dem Auftauchen von Omikron um das 2,5-Fache angestiegen ist. England schätzte Reinfektionsrate Ende Januar auf knapp zehn Prozent.

Laut der Virologin Sandra Ciesek fehlen noch Daten zu Long Covid und zu PIMS, einem Entzündungssyndrom, das erst Wochen nach einer Coronavirus-Infektion vor allem bei Kindern entstehen kann. Ciesek warnte davor, sich vorsätzlich mit Omikron anzustecken. Erste Daten deuten darauf hin, dass eine durchgemachte Omikron-Infektion Ungeimpfte nicht vor erneuten Ansteckungen mit dieser und anderen Varianten schützt.

Was wissen wir über den Omikron-Subtyp BA.2?

Der Subtyp BA.2 breitet sich ebenfalls schnell aus – doch noch sind viele Fragen offen. Er scheint sich in bestimmten Eigenschaften deutlich von der dominierenden Variante BA.1 zu unterscheiden. Darauf weisen im Preprint (ohne Überprüfung von Fachkollegen) veröffentlichte Studiendaten mehrheitlich japanischer Forscher hin. Zu den Unterschieden gehören demnach eine wohl deutlich höhere Übertragbarkeit von BA.2 sowie die Immunantwort. Die Untersuchungen, so die Autoren, legten den Schluss nahe, „dass das Risiko von BA.2 für die globale Gesundheit potenziell höher ist als das von BA.1“. Der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, twitterte am 16.2.: „Wir müssen BA.2 sehr gut im Auge behalten. Es scheint biologische Unterschiede zu BA.1 zu geben.“ Daten der britischen Gesundheitsbehörde zeigen, dass der Impfschutz gegen BA.2 genauso gut ist wie gegen BA.1.

Was sagt das RKI zur Omikron-Untervariante BA.2?

Die Omikron-Variante BA.2 breitet sich nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland weiter aus. Für die Woche bis zum 20. Februar weist das RKI in seinem Wochenbericht vom 10. März einen Anteil von 48 Prozent aus. In der Woche zuvor hatte der Wert noch bei 38 Prozent gelegen. Vorerst weiterhin dominant ist in Deutschland der Omikron-Subtyp BA.1 mit einem Anteil von 51,1 Prozent an den Gesamtneuinfektionen.

Sind Geimpfte vor einem schweren Verlauf bei Omikron geschützt?

Für Geimpfte mit Auffrischimpfung schätzt das Robert Koch-Institut (RKI) die Gefährdung als „moderat“ ein. Report 50 vom Imperial College London stützt diese Annahme. Bei Menschen mit Booster-Impfung reduziert sich danach die Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisierung sogar um 63 Prozent.

Omikron dürfte die erste Abwehrlinie des Immunsystems, die Antikörper, überwinden können. Das Immunsystem Geimpfter hat aber noch weitere Mittel, sich zur Wehr zu setzen wie zum Beispiel die T-Zell-Antwort.

Wie steht es um Kinder, wenn sie sich mit Omikron infizieren?

Tobias Tenenbaum, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), verwies am 21. Januar im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) auf internationale Studien sowie eigene Beobachtungen, wonach die Omikron-Mutante für Kinder in der Regel nicht gefährlich sei. „Von den Kindern, die wegen Corona-Symptomen aufgenommen werden, sehen wir zurzeit so gut wie keine schweren Verläufe. Es handelt sich um Einzelfälle und immer mit besonderen Risikofaktoren wie starkem Übergewicht“, erläuterte der Arzt. Aber auch Kinder und Jugendliche würden durch Impfungen vor schweren Verläufen geschützt. „Deswegen sollten alle Kinder geimpft werden, vordringlich natürlich diejenigen mit Risikofaktoren“, sagte Deutschlands oberster Mediziner für Infektionskrankheiten bei Kindern.

Was sind die häufigsten Omikron-Symptome?

Die Symptome nach einer Omikron-Infektion unterscheiden sich zum Teil von anderen Corona-Varianten. Omikron scheint sich den bisherigen Erkenntnissen zufolge weniger in der Lunge als in Nase und Rachen auszubreiten. Laut RKI wurde von den Omikron-Infizierten als Symptome vor allem Schnupfen, Husten und Halsschmerzen genannt. Außerdem berichteten Infizierte von nächtlichen Schweißausbrüchen, Appetitlosigkeit, Fieber, extremer Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Seltener als bei anderen Varianten ist offenbar der Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns.

Wie wirken die aktuellen Impfstoffe gegen eine Infektion?

Biontech/Pfizer wertet zwei Impfstoff-Dosen als nicht ausreichenden Schutz vor einer Infektion. Eine Studie aus Großbritannien ergab, dass die Wirksamkeit gegen eine symptomatische Infektion mit Omikron 15 Wochen nach der zweiten Dosis Biontech auf 34 Prozent sinkt. Menschen, die mit zwei Dosen des AstraZeneca-Präparats geimpft worden waren, hatten keinen Schutz mehr vor symptomatischer Infektion. Zwei Wochen nach einer Booster-Impfung stieg die Effektivität bei beiden Präparaten auf über 70 Prozent.

Auch eine Auffrischdosis mit Moderna erhöht die Immunabwehr des Körpers deutlich. Im Vergleich zu einer Zweifach-Impfung sei der neutralisierende Antikörperspiegel nach einem Booster um das rund 37-fache gestiegen, so das Unternehmen. Laut WHO-Europadirektor Hans Kluge bieten zugelassene Impfstoffe weiter guten Schutz vor ernsthaften Erkrankungen und Tod.

Reicht der Booster als Schutz vor Omikron?

Mit der dritten Impfung können Antikörperspiegel zwar wieder angehoben werden, trotzdem sind bereits viele Omikron-Fälle bei dreifach Geimpften bekannt. Die Virologin Sandra Ciesek warnt daher, dass eine Konzentration auf die Booster-Kampagne nicht reichen werde, auch weil der Schutz wieder nachlasse. Dennoch sei der Wert der Booster-Impfung hoch, sagt der Virologe Christian Drosten im NDR Corona-Podcast. „Die doppelte Impfung wird für die Verbreitungskontrolle wahrscheinlich weniger beitragen bei Omikron. Da sind wir ziemlich ungeschützt“, sagt Drosten. „Aber die Dreifach-Impfung macht den Unterschied.“ Als ideale und nachhaltige Immunisierung gegen das Coronavirus sieht Drosten drei Impfdosen plus eine oder mehrfach durchgemachte Infektionen an.

Welche Maßnahmen wirken gegen Omikron?

Laut WHO kommt es auf die Kombination von Maßnahmen an: zusätzlich zum Impfen etwa Masken, Abstand, Lüften, Handhygiene. Forschende des Max-Planck-Instituts gehen davon aus, dass FFP2-Masken Omikron vielleicht sogar besser zurückhalten als Delta. Analyseergebnisse deuten demnach darauf hin, dass bei der Omikron-Variante die meiste Viruslast in den größeren Partikeln steckt. Diese würden von den Masken sehr effizient zurückgehalten, so der Forschungsleiter.

Wann ist mit angepassten Impfstoffen zu rechnen, die besser gegen Omikron wirken?

Die Impfstoffhersteller Biontech und Moderna haben Ende Januar mit klinischen Studien zu an Omikron angepassten mRNA-Vakzinen begonnen. Die Impfstoff-Updates werden vermutlich frühestens im zweiten Quartal 2022 zur Verfügung stehen. Eine US-Studie mit Makaken gibt Hinweise darauf, dass es kaum einen Unterschied macht, ob man den Primaten als dritte Dosis den herkömmlichen Moderna-Impfstoff oder den für Omikron angepassten verabreichte. Die Booster-Wirkung gegen Omikron war gleich gut. Virologe Drosten empfiehlt daher, sich zunächst mit dem alten Impfstoff boostern zu lassen. Ein Update könnte später immer noch verabreicht werden.

Könnte die Virusvariante die Wirkung von Medikamenten gegen Sars-CoV-2 beeinträchtigen?

Bei monoklonalen Antikörpern, die als frühe Therapie bei einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf eingesetzt werden, könnte das der Fall sein. Die künstlich hergestellten Eiweiße sollen Coronaviren am Eintritt in die menschliche Zelle hindern. Doch genau diesen Antikörpern kann Omikron offenbar ausweichen. Die gute Nachricht: An den Angriffspunkten der kürzlich entwickelten antiviralen Medikamente Molnupiravir und Paxlovid wurde bislang nur eine Mutation identifiziert; sie würden wohl weiter wirken.

Schlagen Schnelltests auch bei Omikron an?

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) verweist darauf, dass Antigentests nicht zur sicheren Diagnose einer Corona-Infektion entwickelt worden seien, sondern um Menschen mit einer sehr hohen Viruslast schnell und einfach zu identifizieren. Eine Infektion, auch mit der Omikron-Variante, könnten die Tests nur entdecken, wenn zum Testzeitpunkt eine hohe Viruslast bestehe. Aber: Grundsätzlich kann der Großteil der in Deutschland angebotenen Corona-Schnelltests laut PEI die Omikron-Variante erkennen.