„Ischgl 2 ist vorprogrammiert“: Fassungslosigkeit nach Ansturm auf Skipisten in Österreich

28. Dezember 2020 Aus Von mvp-web
Österreich befindet sich im dritten Lockdown, doch auf den Ski-Pisten ist von Corona-Regeln und Abstand wenig zu sehen. Dicht an dicht drängelten sich am Wochenende Menschenmassen an den Liften – einige Gebiete reagierten bereits mit Schließungen. Die Kritik an der Entscheidung von Kanzler Kurz ist groß.

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Trotz drittem Lockdown und rasant steigenden Infektionszahlen, öffnete Österreich seine Skigebiete. Doch wegen des riesigen Andrangs auf den Pisten musste nach wenigen Tagen vielerorts bereits die Notbremse gezogen werden. Am Wochenende gab es bei strahlendem Sonnenschein teils so große Verkehrsstaus, dass einige Skigebiete den Zutritt sperrten. In den sozialen Netzwerken kursieren Bilder vom zweiten Weihnachtsfeiertag: Menschenmassen drängeln sich an Skiliften, von Abstand und Hygienemaßnahmen ist nichts zu sehen.

„Menschenmassen nicht mehr kontrollierbar“: Erste Skigebiete schließen nach Riesenandrang

Besonders betroffen von dem Ski-Wahnsinn: die Gebiete Bodental in Kärnten und die Rodelwiesen in Semmering. Beide blieben am Sonntag geschlossen, der Andrang am Samstag war zu groß. Die Skigebiete Hinterstoder, Wurzeralm und Kasberg waren am Sonntag erneut zu Mittag voll. In Hinterstoder seien die Parkplätze bereits um 9.30 Uhr ausgelastet gewesen, berichtete Helmut Holzinger, Vorstandsdirektor der Hinterstoder-Wurzeralm-Bergbahnen.

Mitten im Höhepunkt der Corona-Pandemie und Österreichs drittem Lockdown, empört das Ski-Chaos in Österreich. „Semmering sperrt die Rodelwiesen, da die Menschenmassen nicht mehr kontrollierbar sind. Gratuliere Herr Sportminister, Ischgl 2 ist vorprogrammiert“, schreibt ein Twitter-Nutzer und kritisiert damit die österreichische Politik unter Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Werner Kogler. Letzterer leitet das Ministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst, Sport und Justiz.

Die Öffnung der österreichischen Skigebiete ist für viele unverständlich. Die Politik müsse nun für die Konsequenzen geradestehen, fordert ein Nutzer. „Die ganze Welt staunt über das, was die ÖVP auf Druck ihrer wichtigsten Lobby hier verbrochen hat. Ja, verbrochen. Schickts die Rechnungen für die Folgekosten bitte direkt an die ÖVP-Parteizentrale,“ schreibt er.

Ein anderer Nutzer betont die Widersprüchlichkeit des Massanandrangs an den Skigebieten zu den geltenden Lockdown-Regelungen: „Aber man darf seit gestern und bis 18. Januar die Großeltern nicht besuchen (außer, man muss sie versorgen) und zum Besuch bei den Eltern seinen Ehepartner nicht mitnehmen.“

Kurz in der Kritik: Schon im November positionierte er sich gegen Merkel und Co.

Schon Ende November stand Kurz mit seiner Meinung weitestgehend allein in ganz Europa. Das Skifahren muss weitergehen, sagte Österreich. Nein, muss es nicht, sagten damals bereits Deutschland, Italien und Frankreich. Um ein „neues Ischgl“ in diesem Winter zu verhindern, forderten mehrere Alpenländer eine europäische Einigung zur schrittweisen Öffnung der Skigebiete. Über Weihnachten und Silvester sollen die Pisten geschlossen bleiben, so Stimmen aus Italien, Deutschland und Frankreich.

Österreichs Kanzler Kurz sprach sich jedoch gegen eine europaweite Ski-Strategie aus und betonte, dass der Skitourismus abhängig sei von „den Infektionszahlen bei uns in Österreich“. Die wollte das Land mit einem harten Lockdown und Massentests in den nächsten Wochen senken. Nun befindet sich Österreich im dritten Lockdown, die Infektionszahlen explodieren und was macht Kurz? Lässt den Start der Skisaison zu.

Für Urlauber aus Deutschland kommt Skifahren in Österreich nicht in FrageSkifahren ist trotz allgemeiner Ausgangssperre in Österreich nicht verboten. Der Nationalsport profitiert von einer Ausnahmeregelung, die auch für andere Individualsportarten gilt. Skifahrer dürfen Lifte und Bergbahnen nutzen. Dabei sollen sie einen Mindestabstand von einem Meter einhalten. Gondelbahnen dürfen nur zu 50 Prozent ausgelastet sein, Passagiere müssen FFP2-Masken tragen. Für Urlauber aus Deutschland und anderen Ländern kommt Skifahren in Österreich aber nicht in Frage. Hotels sind bis zum 17. Januar geschlossen. Wer einreist, muss mindestens für fünf Tage in Quarantäne.

Viele kritische Stimmen verglichen die Bilder vom Wochenende mit Ischgl, dem Corona-Hotspot aus dem Frühjahr. „Endlich wieder Ischgl“, kommentierte ein Twitter-Nutzer sarkastisch. Damals hatten sich mehr als 11.000 Bürger allein aus der EU laut ORF-Recherchen in Österreich mit dem Virus angesteckt, großteils in Ischgl und umliegenden Tiroler Skigebieten. In diesem Winter will Ischgl sein Skigebiet erst im Januar öffnen.